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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

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Die Affen. Makaken. -- Wanderu. Paviane.
Unteroffiziersblick sich irre machen zu lassen -- ziemlich lange Zeit blieben sie etwa einige dreißig oder
vierzig Ellen von der Brustwehr halten, an welcher er lehnte, und zogen sich schließlich in aller Muße
zurück. Daß man sie so selten sieht und fast nur während ihres "Umzugs" zur entgegengesetzten
Seite des Felsens, scheint auf ein sehr scheues, ungeselliges Wesen zu deuten; denn Niemand verfolgt
sie, vielmehr bewahrt man sie ängstlich vor jeder Belästigung. Seit wielange ihnen ein solcher
Schutz schon gewährt wird, konnte ich nicht erfahren; gewiß aber geschieht es bereits solange, als
Gibraltar im Besitze der Engländer ist. Seit 1855 hat der Quartiermeister sie nicht nur unter seine
besondere Obhut genommen, sondern auch sorgfältig über ihr jedesmaliges Erscheinen und ihre An-
zahl Buch geführt. Jch entnehme dieser Buchung, daß sie durchschnittlich alle zehn Tage einmal ge-
sehen worden, manchmal etwas häufiger; daß sie im Sommer ebensowohl wie im Winter "umziehen",
stets mit der Absicht, dem Winde zu entgehen; endlich, daß sie im Jahre 1856 sich auf zehn beliefen,
nach und nach aber bis auf vier heruntergekommen sind. Jhr gänzliches Aussterben steht leider zu
[Abbildung] Der Wandern (Macacus Silenus).
erwarten, denn diese vier sollen sämmtlich eines Geschlechtes sein. Sollte unter den vielen englischen
Offizieren zu Gibraltar keiner aufopfernd genug sein, einige Affen von der entgegengesetzten Küste
der Barbarei einzuführen, da dorthin mindestens wöchentliche Verbindung statthat? Wäre Keiner zu
finden, der auch nur ein halbes Dutzend kaufte und sie unter ihre Vettern auf dem Felsen losließe?
Dann könnten wir hoffen, daß dieser Affenstamm noch einmal aufblühte und so diese anziehende
Ordnung der Säugethiere auch fernerhin in Europa vertreten bliebe."

Jch brauche wohl kaum auszusprechen, daß ich, und wohl wir Alle, die zuletzt ausgesprochenen
Wünsche des Engländers theilen. Es würde unbedingt als ein Verlust für Europa zu betrachten sein,
wenn es seine Affen verlieren sollte.

Der letzte Makake, welchen ich noch mit einigen Worten erwähnen will, ist der schwarze Bart-
affe, Wanderu
oder Nil-Bandar (Macacus Silenus). Er ähnelt in seiner ganzen Erscheinung

Die Affen. Makaken. — Wanderu. Paviane.
Unteroffiziersblick ſich irre machen zu laſſen — ziemlich lange Zeit blieben ſie etwa einige dreißig oder
vierzig Ellen von der Bruſtwehr halten, an welcher er lehnte, und zogen ſich ſchließlich in aller Muße
zurück. Daß man ſie ſo ſelten ſieht und faſt nur während ihres „Umzugs‟ zur entgegengeſetzten
Seite des Felſens, ſcheint auf ein ſehr ſcheues, ungeſelliges Weſen zu deuten; denn Niemand verfolgt
ſie, vielmehr bewahrt man ſie ängſtlich vor jeder Beläſtigung. Seit wielange ihnen ein ſolcher
Schutz ſchon gewährt wird, konnte ich nicht erfahren; gewiß aber geſchieht es bereits ſolange, als
Gibraltar im Beſitze der Engländer iſt. Seit 1855 hat der Quartiermeiſter ſie nicht nur unter ſeine
beſondere Obhut genommen, ſondern auch ſorgfältig über ihr jedesmaliges Erſcheinen und ihre An-
zahl Buch geführt. Jch entnehme dieſer Buchung, daß ſie durchſchnittlich alle zehn Tage einmal ge-
ſehen worden, manchmal etwas häufiger; daß ſie im Sommer ebenſowohl wie im Winter „umziehen‟,
ſtets mit der Abſicht, dem Winde zu entgehen; endlich, daß ſie im Jahre 1856 ſich auf zehn beliefen,
nach und nach aber bis auf vier heruntergekommen ſind. Jhr gänzliches Ausſterben ſteht leider zu
[Abbildung] Der Wandern (Macacus Silenus).
erwarten, denn dieſe vier ſollen ſämmtlich eines Geſchlechtes ſein. Sollte unter den vielen engliſchen
Offizieren zu Gibraltar keiner aufopfernd genug ſein, einige Affen von der entgegengeſetzten Küſte
der Barbarei einzuführen, da dorthin mindeſtens wöchentliche Verbindung ſtatthat? Wäre Keiner zu
finden, der auch nur ein halbes Dutzend kaufte und ſie unter ihre Vettern auf dem Felſen losließe?
Dann könnten wir hoffen, daß dieſer Affenſtamm noch einmal aufblühte und ſo dieſe anziehende
Ordnung der Säugethiere auch fernerhin in Europa vertreten bliebe.‟

Jch brauche wohl kaum auszuſprechen, daß ich, und wohl wir Alle, die zuletzt ausgeſprochenen
Wünſche des Engländers theilen. Es würde unbedingt als ein Verluſt für Europa zu betrachten ſein,
wenn es ſeine Affen verlieren ſollte.

Der letzte Makake, welchen ich noch mit einigen Worten erwähnen will, iſt der ſchwarze Bart-
affe, Wanderu
oder Nil-Bandar (Macacus Silenus). Er ähnelt in ſeiner ganzen Erſcheinung

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[70/0124] Die Affen. Makaken. — Wanderu. Paviane. Unteroffiziersblick ſich irre machen zu laſſen — ziemlich lange Zeit blieben ſie etwa einige dreißig oder vierzig Ellen von der Bruſtwehr halten, an welcher er lehnte, und zogen ſich ſchließlich in aller Muße zurück. Daß man ſie ſo ſelten ſieht und faſt nur während ihres „Umzugs‟ zur entgegengeſetzten Seite des Felſens, ſcheint auf ein ſehr ſcheues, ungeſelliges Weſen zu deuten; denn Niemand verfolgt ſie, vielmehr bewahrt man ſie ängſtlich vor jeder Beläſtigung. Seit wielange ihnen ein ſolcher Schutz ſchon gewährt wird, konnte ich nicht erfahren; gewiß aber geſchieht es bereits ſolange, als Gibraltar im Beſitze der Engländer iſt. Seit 1855 hat der Quartiermeiſter ſie nicht nur unter ſeine beſondere Obhut genommen, ſondern auch ſorgfältig über ihr jedesmaliges Erſcheinen und ihre An- zahl Buch geführt. Jch entnehme dieſer Buchung, daß ſie durchſchnittlich alle zehn Tage einmal ge- ſehen worden, manchmal etwas häufiger; daß ſie im Sommer ebenſowohl wie im Winter „umziehen‟, ſtets mit der Abſicht, dem Winde zu entgehen; endlich, daß ſie im Jahre 1856 ſich auf zehn beliefen, nach und nach aber bis auf vier heruntergekommen ſind. Jhr gänzliches Ausſterben ſteht leider zu [Abbildung Der Wandern (Macacus Silenus).] erwarten, denn dieſe vier ſollen ſämmtlich eines Geſchlechtes ſein. Sollte unter den vielen engliſchen Offizieren zu Gibraltar keiner aufopfernd genug ſein, einige Affen von der entgegengeſetzten Küſte der Barbarei einzuführen, da dorthin mindeſtens wöchentliche Verbindung ſtatthat? Wäre Keiner zu finden, der auch nur ein halbes Dutzend kaufte und ſie unter ihre Vettern auf dem Felſen losließe? Dann könnten wir hoffen, daß dieſer Affenſtamm noch einmal aufblühte und ſo dieſe anziehende Ordnung der Säugethiere auch fernerhin in Europa vertreten bliebe.‟ Jch brauche wohl kaum auszuſprechen, daß ich, und wohl wir Alle, die zuletzt ausgeſprochenen Wünſche des Engländers theilen. Es würde unbedingt als ein Verluſt für Europa zu betrachten ſein, wenn es ſeine Affen verlieren ſollte. Der letzte Makake, welchen ich noch mit einigen Worten erwähnen will, iſt der ſchwarze Bart- affe, Wanderu oder Nil-Bandar (Macacus Silenus). Er ähnelt in ſeiner ganzen Erſcheinung

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/124>, abgerufen am 30.04.2024.