brandschatzten sie uns auch in anderer Hinsicht. Jch habe oft mich schlafend gestellt, um sie in ihren Treiben zu beobachten, und dabei mich weidlich gefreut ihrer Pfiffigkeit und Geschwindigkeit. Sätze von zwölf bis funfzehn Fuß von einem Haus zum andern, mit einem, ja zwei Jungen unter ihrem Bauche und noch dazu beladen mit Brod, Zucker und anderen Gegenständen, schienen für sie nur Spaß zu sein."
"Als ich einmal auf einem Ausflug in Jeckarry war, wurden unsere Zelte in einem großen Mangogarten aufgeschlagen und unsere Pferde in geringer Entfernung davon angepflöckt. Als wir bei Tische waren, kam unser Reitknecht und erzählte, daß eins von den Pferden sich losgebrochen hatte, weil es die Affen auf den Bäumen erschreckt hatten durch ihr Gezänk und das Herabwerfen von dürren Zweigen, und daß wahrscheinlich die übrigen Pferde dem Beispiel des einen folgen würden, wenn wir nicht Hilfe schafften. Sobald als das Essen vorüber war, ging ich mit meinem Gewehr, um sie wegzutreiben. Jch schoß auf einen mit einem schwachen Schuß, und er eutfloh eilig zwischen die dichtesten Zweige des Baumes, blieb aber dann entkräftet sitzen und versuchte, das aus der Wunde rinnende Blut durch Auflegen seiner Hände zum Stocken zu bringen. Dies erschütterte mich so, daß ich an keine Jagd mehr dachte und zurückkehrte. Noch ehe ich den Vorfall meinen Freunden beschreiben konnte, kam ein Reitknecht zu uns und erzählte, daß der Affe zwar todt gewesen sei, aber von den anderen augenblicklich aufgenommen und fortgetragen worden wäre, Niemand wisse, wohin."
"Ein glaubwürdiger Mann erzählt mir, daß die Ehrfurcht der Eingebornen gegen diesen Affen fast ebenso groß sei, wie die gegen den Hulman. Die Eingebornen von Baka lassen den Ernte- zehnten auf dem Acker für diese Affen zurück, welche alsbald von ihren Bergen herabsteigen, um sich die Steuern zu holen."
Bereitwillig zahlt jeder Hindu diese Abgabe und zeigt hierin eine Mildthätigkeit und Barm- herzigkeit, welche, trotzdem daß sie fast lächerlich erscheint, ihm doch so zur Ehre gereicht, daß wir sie uns in vieler Hinsicht zum Vorbild nehmen könnten. Auch in dem Schutz, welchen sie den von ihnen gepflegten Thieren Fremden gegenüber gewähren, kann ich meines Theils nichts Lächerliches oder Unpassendes finden; mir will es vielmehr höchst achtbar vorkommen, daß dort die Menschen noch die Thiere gegen jeden Frevel in Schutz nehmen. Freilich gehen die Jndier etwas zu weit; denn sie rauben dem Menschen, welcher einen Affen tödtete, das Leben. Zwei junge britische Offiziere begingen auf einem Jagdzug die Unvorsichtigkeit, einen Bhunder zu schießen. Die Eingebornen erhoben sich in Masse gegen sie und versuchten, sie zu steinigen. Der Elefant, auf welchem die Offiziere ritten, suchte dem zu entgehen, indem er nach dem Fluß rannte und mit seiner Last in ihm abwärts schwamm. Er erreichte auch eine Meile unter der Stadt, welche die Briten in Aufruhr gesetzt hatten, das Land, allein seine Reiter waren beide ertrunken.
Für die Fremden ist es freilich schwer, mit diesen Affen zusammenzuleben, ohne mit ihnen in Feindschaft zu gerathen. Es ist fast unmöglich, sich einen Garten oder eine Pflanzung anzulegen: die geduldeten Halbgötter vernichten oder brandschatzen ihn wenigstens in der allernachdrücklichsten Weise. Wenn man Wachen ausstellt, um sie zu verscheuchen, kommt man nicht zum Ziele; denn wenn man die zudringlichen Gäste auf der einen Seite weggejagt hat, erscheinen sie auf der andern wieder. Brennende Feuer, Schreckensbilder und dergleichen stören sie nicht im geringsten, und die ihnen wirklich angethane Gewalt gefährdet das eigne Leben.
Ein dort wohnender Engländer wurde, wie man erzählt, durch die Thiere zwei Jahre lang in dieser Weise bestohlen und geärgert. Er wußte sich gar nicht mehr vor ihnen zu retten, bis er endlich auf ein wirklich sinnreiches Mittel verfiel. Er hatte immer gesehen, daß seine herrliche Zucker- rohrpflanzung von Elefanten, Schweinen, vor allem aber von den Affen verwüstet wurde. Erstere wußte er in kurzer Zeit durch einen tiefen Graben mit einem Spitzfahlzaun abzuwehren. Die Affen aber fragten wenig oder gar nichts nach Wall oder Graben, sondern kletterten in aller Gemüthsruhe auch über den Zaun hinweg und raubten nach wie vor. Der Pflanzer sah seine Ernte verschwinden. Da kam er auf einen glücklichen Gedanken. Er jagte eine Baude Affen auf einen
Die Affen. Makaken. — Munga und Bhunder.
brandſchatzten ſie uns auch in anderer Hinſicht. Jch habe oft mich ſchlafend geſtellt, um ſie in ihren Treiben zu beobachten, und dabei mich weidlich gefreut ihrer Pfiffigkeit und Geſchwindigkeit. Sätze von zwölf bis funfzehn Fuß von einem Haus zum andern, mit einem, ja zwei Jungen unter ihrem Bauche und noch dazu beladen mit Brod, Zucker und anderen Gegenſtänden, ſchienen für ſie nur Spaß zu ſein.‟
„Als ich einmal auf einem Ausflug in Jeckarry war, wurden unſere Zelte in einem großen Mangogarten aufgeſchlagen und unſere Pferde in geringer Entfernung davon angepflöckt. Als wir bei Tiſche waren, kam unſer Reitknecht und erzählte, daß eins von den Pferden ſich losgebrochen hatte, weil es die Affen auf den Bäumen erſchreckt hatten durch ihr Gezänk und das Herabwerfen von dürren Zweigen, und daß wahrſcheinlich die übrigen Pferde dem Beiſpiel des einen folgen würden, wenn wir nicht Hilfe ſchafften. Sobald als das Eſſen vorüber war, ging ich mit meinem Gewehr, um ſie wegzutreiben. Jch ſchoß auf einen mit einem ſchwachen Schuß, und er eutfloh eilig zwiſchen die dichteſten Zweige des Baumes, blieb aber dann entkräftet ſitzen und verſuchte, das aus der Wunde rinnende Blut durch Auflegen ſeiner Hände zum Stocken zu bringen. Dies erſchütterte mich ſo, daß ich an keine Jagd mehr dachte und zurückkehrte. Noch ehe ich den Vorfall meinen Freunden beſchreiben konnte, kam ein Reitknecht zu uns und erzählte, daß der Affe zwar todt geweſen ſei, aber von den anderen augenblicklich aufgenommen und fortgetragen worden wäre, Niemand wiſſe, wohin.‟
„Ein glaubwürdiger Mann erzählt mir, daß die Ehrfurcht der Eingebornen gegen dieſen Affen faſt ebenſo groß ſei, wie die gegen den Hulman. Die Eingebornen von Baka laſſen den Ernte- zehnten auf dem Acker für dieſe Affen zurück, welche alsbald von ihren Bergen herabſteigen, um ſich die Steuern zu holen.‟
Bereitwillig zahlt jeder Hindu dieſe Abgabe und zeigt hierin eine Mildthätigkeit und Barm- herzigkeit, welche, trotzdem daß ſie faſt lächerlich erſcheint, ihm doch ſo zur Ehre gereicht, daß wir ſie uns in vieler Hinſicht zum Vorbild nehmen könnten. Auch in dem Schutz, welchen ſie den von ihnen gepflegten Thieren Fremden gegenüber gewähren, kann ich meines Theils nichts Lächerliches oder Unpaſſendes finden; mir will es vielmehr höchſt achtbar vorkommen, daß dort die Menſchen noch die Thiere gegen jeden Frevel in Schutz nehmen. Freilich gehen die Jndier etwas zu weit; denn ſie rauben dem Menſchen, welcher einen Affen tödtete, das Leben. Zwei junge britiſche Offiziere begingen auf einem Jagdzug die Unvorſichtigkeit, einen Bhunder zu ſchießen. Die Eingebornen erhoben ſich in Maſſe gegen ſie und verſuchten, ſie zu ſteinigen. Der Elefant, auf welchem die Offiziere ritten, ſuchte dem zu entgehen, indem er nach dem Fluß rannte und mit ſeiner Laſt in ihm abwärts ſchwamm. Er erreichte auch eine Meile unter der Stadt, welche die Briten in Aufruhr geſetzt hatten, das Land, allein ſeine Reiter waren beide ertrunken.
Für die Fremden iſt es freilich ſchwer, mit dieſen Affen zuſammenzuleben, ohne mit ihnen in Feindſchaft zu gerathen. Es iſt faſt unmöglich, ſich einen Garten oder eine Pflanzung anzulegen: die geduldeten Halbgötter vernichten oder brandſchatzen ihn wenigſtens in der allernachdrücklichſten Weiſe. Wenn man Wachen ausſtellt, um ſie zu verſcheuchen, kommt man nicht zum Ziele; denn wenn man die zudringlichen Gäſte auf der einen Seite weggejagt hat, erſcheinen ſie auf der andern wieder. Brennende Feuer, Schreckensbilder und dergleichen ſtören ſie nicht im geringſten, und die ihnen wirklich angethane Gewalt gefährdet das eigne Leben.
Ein dort wohnender Engländer wurde, wie man erzählt, durch die Thiere zwei Jahre lang in dieſer Weiſe beſtohlen und geärgert. Er wußte ſich gar nicht mehr vor ihnen zu retten, bis er endlich auf ein wirklich ſinnreiches Mittel verfiel. Er hatte immer geſehen, daß ſeine herrliche Zucker- rohrpflanzung von Elefanten, Schweinen, vor allem aber von den Affen verwüſtet wurde. Erſtere wußte er in kurzer Zeit durch einen tiefen Graben mit einem Spitzfahlzaun abzuwehren. Die Affen aber fragten wenig oder gar nichts nach Wall oder Graben, ſondern kletterten in aller Gemüthsruhe auch über den Zaun hinweg und raubten nach wie vor. Der Pflanzer ſah ſeine Ernte verſchwinden. Da kam er auf einen glücklichen Gedanken. Er jagte eine Baude Affen auf einen
<TEI><text><body><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0118"n="64"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Die Affen.</hi> Makaken. —<hirendition="#g">Munga</hi> und <hirendition="#g">Bhunder.</hi></fw><lb/>
brandſchatzten ſie uns auch in anderer Hinſicht. Jch habe oft mich ſchlafend geſtellt, um ſie in ihren<lb/>
Treiben zu beobachten, und dabei mich weidlich gefreut ihrer Pfiffigkeit und Geſchwindigkeit. Sätze<lb/>
von zwölf bis funfzehn Fuß von einem Haus zum andern, mit einem, ja zwei Jungen unter ihrem<lb/>
Bauche und noch dazu beladen mit Brod, Zucker und anderen Gegenſtänden, ſchienen für ſie<lb/>
nur Spaß zu ſein.‟</p><lb/><p>„Als ich einmal auf einem Ausflug in <hirendition="#g">Jeckarry</hi> war, wurden unſere Zelte in einem großen<lb/>
Mangogarten aufgeſchlagen und unſere Pferde in geringer Entfernung davon angepflöckt. Als wir<lb/>
bei Tiſche waren, kam unſer Reitknecht und erzählte, daß eins von den Pferden ſich losgebrochen hatte,<lb/>
weil es die Affen auf den Bäumen erſchreckt hatten durch ihr Gezänk und das Herabwerfen von dürren<lb/>
Zweigen, und daß wahrſcheinlich die übrigen Pferde dem Beiſpiel des einen folgen würden, wenn wir<lb/>
nicht Hilfe ſchafften. Sobald als das Eſſen vorüber war, ging ich mit meinem Gewehr, um ſie<lb/>
wegzutreiben. Jch ſchoß auf einen mit einem ſchwachen Schuß, und er eutfloh eilig zwiſchen die<lb/>
dichteſten Zweige des Baumes, blieb aber dann entkräftet ſitzen und verſuchte, das aus der Wunde<lb/>
rinnende Blut durch Auflegen ſeiner Hände zum Stocken zu bringen. Dies erſchütterte mich ſo, daß<lb/>
ich an keine Jagd mehr dachte und zurückkehrte. Noch ehe ich den Vorfall meinen Freunden beſchreiben<lb/>
konnte, kam ein Reitknecht zu uns und erzählte, daß der Affe zwar todt geweſen ſei, aber von den<lb/>
anderen augenblicklich aufgenommen und fortgetragen worden wäre, Niemand wiſſe, wohin.‟</p><lb/><p>„Ein glaubwürdiger Mann erzählt mir, daß die Ehrfurcht der Eingebornen gegen dieſen Affen<lb/>
faſt ebenſo groß ſei, wie die gegen den <hirendition="#g">Hulman.</hi> Die Eingebornen von <hirendition="#g">Baka</hi> laſſen den Ernte-<lb/>
zehnten auf dem Acker für dieſe Affen zurück, welche alsbald von ihren Bergen herabſteigen, um ſich<lb/>
die Steuern zu holen.‟</p><lb/><p>Bereitwillig zahlt jeder Hindu dieſe Abgabe und zeigt hierin eine Mildthätigkeit und Barm-<lb/>
herzigkeit, welche, trotzdem daß ſie faſt lächerlich erſcheint, ihm doch ſo zur Ehre gereicht, daß wir ſie<lb/>
uns in vieler Hinſicht zum Vorbild nehmen könnten. Auch in dem Schutz, welchen ſie den von<lb/>
ihnen gepflegten Thieren Fremden gegenüber gewähren, kann ich meines Theils nichts Lächerliches<lb/>
oder Unpaſſendes finden; mir will es vielmehr höchſt achtbar vorkommen, daß dort die Menſchen noch<lb/>
die Thiere gegen jeden Frevel in Schutz nehmen. Freilich gehen die Jndier etwas zu weit; denn ſie<lb/>
rauben dem Menſchen, welcher einen Affen tödtete, das Leben. Zwei junge britiſche Offiziere<lb/>
begingen auf einem Jagdzug die Unvorſichtigkeit, einen <hirendition="#g">Bhunder</hi> zu ſchießen. Die Eingebornen<lb/>
erhoben ſich in Maſſe gegen ſie und verſuchten, ſie zu ſteinigen. Der Elefant, auf welchem die<lb/>
Offiziere ritten, ſuchte dem zu entgehen, indem er nach dem Fluß rannte und mit ſeiner Laſt in ihm<lb/>
abwärts ſchwamm. Er erreichte auch eine Meile unter der Stadt, welche die Briten in Aufruhr<lb/>
geſetzt hatten, das Land, allein ſeine Reiter waren beide ertrunken.</p><lb/><p>Für die Fremden iſt es freilich ſchwer, mit dieſen Affen zuſammenzuleben, ohne mit ihnen in<lb/>
Feindſchaft zu gerathen. Es iſt faſt unmöglich, ſich einen Garten oder eine Pflanzung anzulegen:<lb/>
die geduldeten Halbgötter vernichten oder brandſchatzen ihn wenigſtens in der allernachdrücklichſten<lb/>
Weiſe. Wenn man Wachen ausſtellt, um ſie zu verſcheuchen, kommt man nicht zum Ziele; denn wenn<lb/>
man die zudringlichen Gäſte auf der einen Seite weggejagt hat, erſcheinen ſie auf der andern wieder.<lb/>
Brennende Feuer, Schreckensbilder und dergleichen ſtören ſie nicht im geringſten, und die ihnen<lb/>
wirklich angethane Gewalt gefährdet das eigne Leben.</p><lb/><p>Ein dort wohnender Engländer wurde, wie man erzählt, durch die Thiere zwei Jahre lang<lb/>
in dieſer Weiſe beſtohlen und geärgert. Er wußte ſich gar nicht mehr vor ihnen zu retten, bis er<lb/>
endlich auf ein wirklich ſinnreiches Mittel verfiel. Er hatte immer geſehen, daß ſeine herrliche Zucker-<lb/>
rohrpflanzung von <hirendition="#g">Elefanten, Schweinen,</hi> vor allem aber von den <hirendition="#g">Affen</hi> verwüſtet wurde.<lb/>
Erſtere wußte er in kurzer Zeit durch einen tiefen Graben mit einem Spitzfahlzaun abzuwehren.<lb/>
Die Affen aber fragten wenig oder gar nichts nach Wall oder Graben, ſondern kletterten in aller<lb/>
Gemüthsruhe auch über den Zaun hinweg und raubten nach wie vor. Der Pflanzer ſah ſeine Ernte<lb/>
verſchwinden. Da kam er auf einen glücklichen Gedanken. Er jagte eine Baude Affen auf einen<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[64/0118]
Die Affen. Makaken. — Munga und Bhunder.
brandſchatzten ſie uns auch in anderer Hinſicht. Jch habe oft mich ſchlafend geſtellt, um ſie in ihren
Treiben zu beobachten, und dabei mich weidlich gefreut ihrer Pfiffigkeit und Geſchwindigkeit. Sätze
von zwölf bis funfzehn Fuß von einem Haus zum andern, mit einem, ja zwei Jungen unter ihrem
Bauche und noch dazu beladen mit Brod, Zucker und anderen Gegenſtänden, ſchienen für ſie
nur Spaß zu ſein.‟
„Als ich einmal auf einem Ausflug in Jeckarry war, wurden unſere Zelte in einem großen
Mangogarten aufgeſchlagen und unſere Pferde in geringer Entfernung davon angepflöckt. Als wir
bei Tiſche waren, kam unſer Reitknecht und erzählte, daß eins von den Pferden ſich losgebrochen hatte,
weil es die Affen auf den Bäumen erſchreckt hatten durch ihr Gezänk und das Herabwerfen von dürren
Zweigen, und daß wahrſcheinlich die übrigen Pferde dem Beiſpiel des einen folgen würden, wenn wir
nicht Hilfe ſchafften. Sobald als das Eſſen vorüber war, ging ich mit meinem Gewehr, um ſie
wegzutreiben. Jch ſchoß auf einen mit einem ſchwachen Schuß, und er eutfloh eilig zwiſchen die
dichteſten Zweige des Baumes, blieb aber dann entkräftet ſitzen und verſuchte, das aus der Wunde
rinnende Blut durch Auflegen ſeiner Hände zum Stocken zu bringen. Dies erſchütterte mich ſo, daß
ich an keine Jagd mehr dachte und zurückkehrte. Noch ehe ich den Vorfall meinen Freunden beſchreiben
konnte, kam ein Reitknecht zu uns und erzählte, daß der Affe zwar todt geweſen ſei, aber von den
anderen augenblicklich aufgenommen und fortgetragen worden wäre, Niemand wiſſe, wohin.‟
„Ein glaubwürdiger Mann erzählt mir, daß die Ehrfurcht der Eingebornen gegen dieſen Affen
faſt ebenſo groß ſei, wie die gegen den Hulman. Die Eingebornen von Baka laſſen den Ernte-
zehnten auf dem Acker für dieſe Affen zurück, welche alsbald von ihren Bergen herabſteigen, um ſich
die Steuern zu holen.‟
Bereitwillig zahlt jeder Hindu dieſe Abgabe und zeigt hierin eine Mildthätigkeit und Barm-
herzigkeit, welche, trotzdem daß ſie faſt lächerlich erſcheint, ihm doch ſo zur Ehre gereicht, daß wir ſie
uns in vieler Hinſicht zum Vorbild nehmen könnten. Auch in dem Schutz, welchen ſie den von
ihnen gepflegten Thieren Fremden gegenüber gewähren, kann ich meines Theils nichts Lächerliches
oder Unpaſſendes finden; mir will es vielmehr höchſt achtbar vorkommen, daß dort die Menſchen noch
die Thiere gegen jeden Frevel in Schutz nehmen. Freilich gehen die Jndier etwas zu weit; denn ſie
rauben dem Menſchen, welcher einen Affen tödtete, das Leben. Zwei junge britiſche Offiziere
begingen auf einem Jagdzug die Unvorſichtigkeit, einen Bhunder zu ſchießen. Die Eingebornen
erhoben ſich in Maſſe gegen ſie und verſuchten, ſie zu ſteinigen. Der Elefant, auf welchem die
Offiziere ritten, ſuchte dem zu entgehen, indem er nach dem Fluß rannte und mit ſeiner Laſt in ihm
abwärts ſchwamm. Er erreichte auch eine Meile unter der Stadt, welche die Briten in Aufruhr
geſetzt hatten, das Land, allein ſeine Reiter waren beide ertrunken.
Für die Fremden iſt es freilich ſchwer, mit dieſen Affen zuſammenzuleben, ohne mit ihnen in
Feindſchaft zu gerathen. Es iſt faſt unmöglich, ſich einen Garten oder eine Pflanzung anzulegen:
die geduldeten Halbgötter vernichten oder brandſchatzen ihn wenigſtens in der allernachdrücklichſten
Weiſe. Wenn man Wachen ausſtellt, um ſie zu verſcheuchen, kommt man nicht zum Ziele; denn wenn
man die zudringlichen Gäſte auf der einen Seite weggejagt hat, erſcheinen ſie auf der andern wieder.
Brennende Feuer, Schreckensbilder und dergleichen ſtören ſie nicht im geringſten, und die ihnen
wirklich angethane Gewalt gefährdet das eigne Leben.
Ein dort wohnender Engländer wurde, wie man erzählt, durch die Thiere zwei Jahre lang
in dieſer Weiſe beſtohlen und geärgert. Er wußte ſich gar nicht mehr vor ihnen zu retten, bis er
endlich auf ein wirklich ſinnreiches Mittel verfiel. Er hatte immer geſehen, daß ſeine herrliche Zucker-
rohrpflanzung von Elefanten, Schweinen, vor allem aber von den Affen verwüſtet wurde.
Erſtere wußte er in kurzer Zeit durch einen tiefen Graben mit einem Spitzfahlzaun abzuwehren.
Die Affen aber fragten wenig oder gar nichts nach Wall oder Graben, ſondern kletterten in aller
Gemüthsruhe auch über den Zaun hinweg und raubten nach wie vor. Der Pflanzer ſah ſeine Ernte
verſchwinden. Da kam er auf einen glücklichen Gedanken. Er jagte eine Baude Affen auf einen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/118>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.