bei der Kühle des Abends wärmer als die Luft, oder nur im selten- sten Falle haben sie eine niedrigere Temperatur als die Luft; bringt man sie mit leicht erkaltenden, die Wärme gut ausstrahlenden Körpern so in Verbindung, daß sie durch Leitung zugleich mit ab- kühlen, so bethauen selbst die Metalle. Erde giebt mehr strahlende Wärme her, Gras ist noch besser dazu geeignet, Flöckchen Seide oder Baumwolle oder die feinen Schwanenfedern verlieren am meisten Wärme, und so kann man genau die Reihenfolge der Kör- per nachweisen, die mehr oder minder leicht strahlende Wärme von sich geben, und es findet sich, daß eben diese Reihenfolge das leichte Erkalten bei der Abendkühle und das leichte Bethauen bestimmt.
Diese Ungleichheit des Bethauens findet bei unähnlichen Ge- genständen statt, die der Luft auf ganz gleiche Weise ausgesetzt sind; aber ähnliche Gegenstände bethauen zu eben der Zeit ungleich, wenn sie sich in verschiedenen Lagen befinden. Wenn ein Platz eng ein- geschlossen, mit hohen Wänden umgeben ist, so läßt sich leicht ein- sehen, daß die hier aufgestellten, nicht erheblich von der Erde ent- fernten Gegenstände nur wenig Wärme, als durch Strahlung aus- gesandt, verlieren können; denn Wände und Boden und alle Ge- genstände senden sich gegenseitig strahlende Wärme zu, und ersetzen zum Theil ihren Verlust, so daß nur die wenigen, nach dem freien Himmel gesandten Wärmestrahlen ohne Ersatz bleiben. Diese geringe Abkühlung ist der Grund, warum das Bethauen an solchen Stellen, die, wie Wells es ausdrückt, den freien Anblick des Himmels nicht genießen, so geringe ist, weil nämlich die Abkühlung dort geringe ist. Wells hat Wollflöckchen oberhalb eines Brettes und nahe unterhalb eines Brettes aufgehängt, jene nahmen drei bis viermal so viel Thau auf als diese, so daß 10 Gran Wolle oberhalb in einer Nacht 14 Gran, unterhalb nur 4 Gran, in einer andern Nacht die obere Wolle 20 Gran, die untere nur 4 Gran aufge- nommen hatte. Auch wenn die Wollflöckchen auf dem Grase lagen, aber das eine von einem Cylinder von Thon, einen Fuß im Durch- messer und 21/2 Fuß hoch, umgeben, das andre frei; so erhielt das freie Flöckchen viel mehr Thau; bei einem Versuche mit 10 Gran Wolle, das freie Flöckchen 16 Gran, das beschattete nur 2 Gran. Wells hat mehrere solche Versuche angestellt, die alle den Satz beweisen, daß der Thau da weniger fällt, wo durch eine gehinderte
bei der Kuͤhle des Abends waͤrmer als die Luft, oder nur im ſelten- ſten Falle haben ſie eine niedrigere Temperatur als die Luft; bringt man ſie mit leicht erkaltenden, die Waͤrme gut ausſtrahlenden Koͤrpern ſo in Verbindung, daß ſie durch Leitung zugleich mit ab- kuͤhlen, ſo bethauen ſelbſt die Metalle. Erde giebt mehr ſtrahlende Waͤrme her, Gras iſt noch beſſer dazu geeignet, Floͤckchen Seide oder Baumwolle oder die feinen Schwanenfedern verlieren am meiſten Waͤrme, und ſo kann man genau die Reihenfolge der Koͤr- per nachweiſen, die mehr oder minder leicht ſtrahlende Waͤrme von ſich geben, und es findet ſich, daß eben dieſe Reihenfolge das leichte Erkalten bei der Abendkuͤhle und das leichte Bethauen beſtimmt.
Dieſe Ungleichheit des Bethauens findet bei unaͤhnlichen Ge- genſtaͤnden ſtatt, die der Luft auf ganz gleiche Weiſe ausgeſetzt ſind; aber aͤhnliche Gegenſtaͤnde bethauen zu eben der Zeit ungleich, wenn ſie ſich in verſchiedenen Lagen befinden. Wenn ein Platz eng ein- geſchloſſen, mit hohen Waͤnden umgeben iſt, ſo laͤßt ſich leicht ein- ſehen, daß die hier aufgeſtellten, nicht erheblich von der Erde ent- fernten Gegenſtaͤnde nur wenig Waͤrme, als durch Strahlung aus- geſandt, verlieren koͤnnen; denn Waͤnde und Boden und alle Ge- genſtaͤnde ſenden ſich gegenſeitig ſtrahlende Waͤrme zu, und erſetzen zum Theil ihren Verluſt, ſo daß nur die wenigen, nach dem freien Himmel geſandten Waͤrmeſtrahlen ohne Erſatz bleiben. Dieſe geringe Abkuͤhlung iſt der Grund, warum das Bethauen an ſolchen Stellen, die, wie Wells es ausdruͤckt, den freien Anblick des Himmels nicht genießen, ſo geringe iſt, weil naͤmlich die Abkuͤhlung dort geringe iſt. Wells hat Wollfloͤckchen oberhalb eines Brettes und nahe unterhalb eines Brettes aufgehaͤngt, jene nahmen drei bis viermal ſo viel Thau auf als dieſe, ſo daß 10 Gran Wolle oberhalb in einer Nacht 14 Gran, unterhalb nur 4 Gran, in einer andern Nacht die obere Wolle 20 Gran, die untere nur 4 Gran aufge- nommen hatte. Auch wenn die Wollfloͤckchen auf dem Graſe lagen, aber das eine von einem Cylinder von Thon, einen Fuß im Durch- meſſer und 2½ Fuß hoch, umgeben, das andre frei; ſo erhielt das freie Floͤckchen viel mehr Thau; bei einem Verſuche mit 10 Gran Wolle, das freie Floͤckchen 16 Gran, das beſchattete nur 2 Gran. Wells hat mehrere ſolche Verſuche angeſtellt, die alle den Satz beweiſen, daß der Thau da weniger faͤllt, wo durch eine gehinderte
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bei der Kuͤhle des Abends waͤrmer als die Luft, oder nur im ſelten-
ſten Falle haben ſie eine niedrigere Temperatur als die Luft; bringt
man ſie mit leicht erkaltenden, die Waͤrme gut ausſtrahlenden
Koͤrpern ſo in Verbindung, daß ſie durch Leitung zugleich mit ab-
kuͤhlen, ſo bethauen ſelbſt die Metalle. Erde giebt mehr ſtrahlende
Waͤrme her, Gras iſt noch beſſer dazu geeignet, Floͤckchen Seide
oder Baumwolle oder die feinen Schwanenfedern verlieren am
meiſten Waͤrme, und ſo kann man genau die Reihenfolge der Koͤr-
per nachweiſen, die mehr oder minder leicht ſtrahlende Waͤrme von
ſich geben, und es findet ſich, daß eben dieſe Reihenfolge das leichte
Erkalten bei der Abendkuͤhle und das leichte Bethauen beſtimmt.
Dieſe Ungleichheit des Bethauens findet bei unaͤhnlichen Ge-
genſtaͤnden ſtatt, die der Luft auf ganz gleiche Weiſe ausgeſetzt ſind;
aber aͤhnliche Gegenſtaͤnde bethauen zu eben der Zeit ungleich, wenn
ſie ſich in verſchiedenen Lagen befinden. Wenn ein Platz eng ein-
geſchloſſen, mit hohen Waͤnden umgeben iſt, ſo laͤßt ſich leicht ein-
ſehen, daß die hier aufgeſtellten, nicht erheblich von der Erde ent-
fernten Gegenſtaͤnde nur wenig Waͤrme, als durch Strahlung aus-
geſandt, verlieren koͤnnen; denn Waͤnde und Boden und alle Ge-
genſtaͤnde ſenden ſich gegenſeitig ſtrahlende Waͤrme zu, und erſetzen
zum Theil ihren Verluſt, ſo daß nur die wenigen, nach dem freien
Himmel geſandten Waͤrmeſtrahlen ohne Erſatz bleiben. Dieſe
geringe Abkuͤhlung iſt der Grund, warum das Bethauen an ſolchen
Stellen, die, wie Wells es ausdruͤckt, den freien Anblick des
Himmels nicht genießen, ſo geringe iſt, weil naͤmlich die Abkuͤhlung
dort geringe iſt. Wells hat Wollfloͤckchen oberhalb eines Brettes
und nahe unterhalb eines Brettes aufgehaͤngt, jene nahmen drei
bis viermal ſo viel Thau auf als dieſe, ſo daß 10 Gran Wolle oberhalb
in einer Nacht 14 Gran, unterhalb nur 4 Gran, in einer andern
Nacht die obere Wolle 20 Gran, die untere nur 4 Gran aufge-
nommen hatte. Auch wenn die Wollfloͤckchen auf dem Graſe lagen,
aber das eine von einem Cylinder von Thon, einen Fuß im Durch-
meſſer und 2½ Fuß hoch, umgeben, das andre frei; ſo erhielt das
freie Floͤckchen viel mehr Thau; bei einem Verſuche mit 10 Gran
Wolle, das freie Floͤckchen 16 Gran, das beſchattete nur 2 Gran.
Wells hat mehrere ſolche Verſuche angeſtellt, die alle den Satz
beweiſen, daß der Thau da weniger faͤllt, wo durch eine gehinderte
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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/178>, abgerufen am 24.11.2024.
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