freie Aussicht auf den Himmel die Ausstrahlung vermindert wird und daher auch die Abkühlung nicht so erheblich ist. Die Wolken zeigen eben diese Wirkung eines die ausstrahlende Wärme ersetzen- den Daches. Sind die Wolken niedrig genug, so befinden sie sich in Luft, die fast ebenso warm als die untere Luft sein kann, weil die Abnahme der Wärme in der Höhe dann nicht groß ist, und in diesem Falle geben die Wolken ebensoviel Wärme her, als die Kör- per auf der Erde ausstrahlen, so daß diese völligen Ersatz erhalten. Befinden sich aber die Wolken auch in kälterer Luft oder sind sie selbst kälter als die untere Luft, so geben sie doch immer einigen Ersatz für die ausstrahlende Wärme, statt daß der heitre Himmel der durch Strahlung hinaufwärts gehenden Wärme gar kein Hin- derniß und gar nichts, wovon Ersatz herkommen könnte, darbietet.
Wells hat noch mehr einzelne Umstände erklärt, zum Bei- spiel die Sicherung der Pflanzen gegen das Erfrieren in kalten Frühlingsnächten. Diese kann oft durch die leichteste Bedeckung, wenn sie auch nur in der Ferne aufgestellt den freien Anblick des heitern Himmels hindert, statt finden, indem Gras beinahe ganz unabgekühlt die Wärme der Luft behielt, wenn ein dünnes Tuch in 6 Zoll Entfernung ein Dach darüber bildete, während das un- bedeckte Gras 3 Grad kälter als die Luft ward. Diese Sicherung reicht aber freilich dann nicht mehr aus, wenn die Luft selbst bis zu größern Entfernungen von der Erde die Frostkälte annimmt. Auch die Erfahrung, daß die Frühlings-Nachtfröste auf Hügeln weniger nachtheilig als in der Ebne zu wirken pflegen, läßt sich vollkommen erklären, wenn man die ganz unbezweifelte Erfahrung, daß nur die nahe an der Erd-Oberfläche liegenden Lufttheilchen in der Nacht bedeutend abgekühlt werden, während die obern sich viel wärmer erhalten, beachtet. Allerdings nämlich verlieren auch die an Hügeln stehenden Pflanzen durch Ausstrahlung ihre Wärme und nehmen daher dem benachbarten Lufttheilchen seine Wärme, aber dieses Lufttheilchen wird dann sogleich schwerer als das ihm benachbarte und sinkt hinabwärts, so daß eben der Punct der festen Oberfläche nach und nach einer Menge von herabsinkenden Theil- chen die Wärme entzieht, also nicht so kalt wird, als ein in der Ebne liegender Punct, der nur einmal durch die sich auf ihm nie- derlegenden Lufttheilchen Zufluß neuer Wärme erhält.
freie Ausſicht auf den Himmel die Ausſtrahlung vermindert wird und daher auch die Abkuͤhlung nicht ſo erheblich iſt. Die Wolken zeigen eben dieſe Wirkung eines die ausſtrahlende Waͤrme erſetzen- den Daches. Sind die Wolken niedrig genug, ſo befinden ſie ſich in Luft, die faſt ebenſo warm als die untere Luft ſein kann, weil die Abnahme der Waͤrme in der Hoͤhe dann nicht groß iſt, und in dieſem Falle geben die Wolken ebenſoviel Waͤrme her, als die Koͤr- per auf der Erde ausſtrahlen, ſo daß dieſe voͤlligen Erſatz erhalten. Befinden ſich aber die Wolken auch in kaͤlterer Luft oder ſind ſie ſelbſt kaͤlter als die untere Luft, ſo geben ſie doch immer einigen Erſatz fuͤr die ausſtrahlende Waͤrme, ſtatt daß der heitre Himmel der durch Strahlung hinaufwaͤrts gehenden Waͤrme gar kein Hin- derniß und gar nichts, wovon Erſatz herkommen koͤnnte, darbietet.
Wells hat noch mehr einzelne Umſtaͤnde erklaͤrt, zum Bei- ſpiel die Sicherung der Pflanzen gegen das Erfrieren in kalten Fruͤhlingsnaͤchten. Dieſe kann oft durch die leichteſte Bedeckung, wenn ſie auch nur in der Ferne aufgeſtellt den freien Anblick des heitern Himmels hindert, ſtatt finden, indem Gras beinahe ganz unabgekuͤhlt die Waͤrme der Luft behielt, wenn ein duͤnnes Tuch in 6 Zoll Entfernung ein Dach daruͤber bildete, waͤhrend das un- bedeckte Gras 3 Grad kaͤlter als die Luft ward. Dieſe Sicherung reicht aber freilich dann nicht mehr aus, wenn die Luft ſelbſt bis zu groͤßern Entfernungen von der Erde die Froſtkaͤlte annimmt. Auch die Erfahrung, daß die Fruͤhlings-Nachtfroͤſte auf Huͤgeln weniger nachtheilig als in der Ebne zu wirken pflegen, laͤßt ſich vollkommen erklaͤren, wenn man die ganz unbezweifelte Erfahrung, daß nur die nahe an der Erd-Oberflaͤche liegenden Lufttheilchen in der Nacht bedeutend abgekuͤhlt werden, waͤhrend die obern ſich viel waͤrmer erhalten, beachtet. Allerdings naͤmlich verlieren auch die an Huͤgeln ſtehenden Pflanzen durch Ausſtrahlung ihre Waͤrme und nehmen daher dem benachbarten Lufttheilchen ſeine Waͤrme, aber dieſes Lufttheilchen wird dann ſogleich ſchwerer als das ihm benachbarte und ſinkt hinabwaͤrts, ſo daß eben der Punct der feſten Oberflaͤche nach und nach einer Menge von herabſinkenden Theil- chen die Waͤrme entzieht, alſo nicht ſo kalt wird, als ein in der Ebne liegender Punct, der nur einmal durch die ſich auf ihm nie- derlegenden Lufttheilchen Zufluß neuer Waͤrme erhaͤlt.
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freie Ausſicht auf den Himmel die Ausſtrahlung vermindert wird
und daher auch die Abkuͤhlung nicht ſo erheblich iſt. Die Wolken
zeigen eben dieſe Wirkung eines die ausſtrahlende Waͤrme erſetzen-
den Daches. Sind die Wolken niedrig genug, ſo befinden ſie ſich
in Luft, die faſt ebenſo warm als die untere Luft ſein kann, weil
die Abnahme der Waͤrme in der Hoͤhe dann nicht groß iſt, und in
dieſem Falle geben die Wolken ebenſoviel Waͤrme her, als die Koͤr-
per auf der Erde ausſtrahlen, ſo daß dieſe voͤlligen Erſatz erhalten.
Befinden ſich aber die Wolken auch in kaͤlterer Luft oder ſind ſie
ſelbſt kaͤlter als die untere Luft, ſo geben ſie doch immer einigen
Erſatz fuͤr die ausſtrahlende Waͤrme, ſtatt daß der heitre Himmel
der durch Strahlung hinaufwaͤrts gehenden Waͤrme gar kein Hin-
derniß und gar nichts, wovon Erſatz herkommen koͤnnte, darbietet.
Wells hat noch mehr einzelne Umſtaͤnde erklaͤrt, zum Bei-
ſpiel die Sicherung der Pflanzen gegen das Erfrieren in kalten
Fruͤhlingsnaͤchten. Dieſe kann oft durch die leichteſte Bedeckung,
wenn ſie auch nur in der Ferne aufgeſtellt den freien Anblick des
heitern Himmels hindert, ſtatt finden, indem Gras beinahe ganz
unabgekuͤhlt die Waͤrme der Luft behielt, wenn ein duͤnnes Tuch
in 6 Zoll Entfernung ein Dach daruͤber bildete, waͤhrend das un-
bedeckte Gras 3 Grad kaͤlter als die Luft ward. Dieſe Sicherung
reicht aber freilich dann nicht mehr aus, wenn die Luft ſelbſt bis
zu groͤßern Entfernungen von der Erde die Froſtkaͤlte annimmt.
Auch die Erfahrung, daß die Fruͤhlings-Nachtfroͤſte auf Huͤgeln
weniger nachtheilig als in der Ebne zu wirken pflegen, laͤßt ſich
vollkommen erklaͤren, wenn man die ganz unbezweifelte Erfahrung,
daß nur die nahe an der Erd-Oberflaͤche liegenden Lufttheilchen in
der Nacht bedeutend abgekuͤhlt werden, waͤhrend die obern ſich
viel waͤrmer erhalten, beachtet. Allerdings naͤmlich verlieren auch
die an Huͤgeln ſtehenden Pflanzen durch Ausſtrahlung ihre Waͤrme
und nehmen daher dem benachbarten Lufttheilchen ſeine Waͤrme,
aber dieſes Lufttheilchen wird dann ſogleich ſchwerer als das ihm
benachbarte und ſinkt hinabwaͤrts, ſo daß eben der Punct der feſten
Oberflaͤche nach und nach einer Menge von herabſinkenden Theil-
chen die Waͤrme entzieht, alſo nicht ſo kalt wird, als ein in der
Ebne liegender Punct, der nur einmal durch die ſich auf ihm nie-
derlegenden Lufttheilchen Zufluß neuer Waͤrme erhaͤlt.
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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/179>, abgerufen am 24.11.2024.
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