deckt man eine der beiden Kugeln des Differenzthermometers (Fig. 3.) mit dünnem Mouselin und befeuchtet diesen, so wird der so bedeckten Kugel durch die Verdampfung Wärme entzogen, und die in der Röhre enthaltene Flüssigkeit zeigt diesen Wärme-Unter- schied an. Je trockener die Luft ist, desto schneller geht die Ver- dampfung fort, und die entstandene Kälte ist desto größer. Es kann vielleicht scheinen, als ob wegen des stets neuen Aufwandes von Wärme das Differenzthermometer immer mehr und mehr Kälte anzeigen sollte; aber dies findet darum nicht statt, weil die umgebende Luft der abgekühlten Kugel Wärme zuführt, und dies immer mehr, je größer der Unterschied der Wärme geworden ist, endlich also so viel, daß dadurch der Verlust an Wärme ersetzt und ein weiteres Sinken der Temperatur gehindert wird. Je schneller das Verdampfen erfolgt, das heißt, je trockener die umgebende Luft ist, desto größer ist die Temperatur-Differenz, weil die bei schneller Verdampfung so schnell eintretende und schnell erneuerte Kälte nicht so bald durch die Wärme der umgebenden Luft ersetzt wird. Au- gusts Psychrometer beruht auf eben dieser Wärmedifferenz.
Andre Erfolge dieser Verdunstungskälte will ich nachher an- geben, und jetzt sogleich zu dem vollkommensten Hygrometer über- gehen, das auf der Bestimmung des Condensationspunctes der Dämpfe beruht. Schon vor längerer Zeit machte Dalton dar- auf aufmerksam, daß man, bei gleich warmer, aber ungleich feuchter Luft, das Bethauen eines kalten Gefäßes bei ungleicher Kälte des Gefäßes wahrnehme; er schlug daher vor, durch allmählige Ab- kühlung des in einem Glase enthaltenen Wassers allenfalls durch beigemischtes Eis, die Temperatur zu bestimmen, wo der erste leichte Thau sich aus der Luft an das Glas anlegt, und so den Bethauungspunct, den Condensationspunct der Dämpfe, das ist, den Wärmegrad, welchem dieser entspricht, zu bestimmen. Dieses Verfahren ist etwas schwierig, aber der Gedanke ist nicht allein richtig, sondern enthält auch das wahre Princip der Hygrometrie.
Sie wissen, daß ein im leeren Raume enthaltener Dampf, wenn Wasser genug vorhanden ist, bei bestimmter Wärme z. B. 10° Cent. eine gewisse Dichtigkeit und Elasticität annimmt, die wir als die zu dieser Wärme gehörige größeste bezeichnet haben.
deckt man eine der beiden Kugeln des Differenzthermometers (Fig. 3.) mit duͤnnem Mouſelin und befeuchtet dieſen, ſo wird der ſo bedeckten Kugel durch die Verdampfung Waͤrme entzogen, und die in der Roͤhre enthaltene Fluͤſſigkeit zeigt dieſen Waͤrme-Unter- ſchied an. Je trockener die Luft iſt, deſto ſchneller geht die Ver- dampfung fort, und die entſtandene Kaͤlte iſt deſto groͤßer. Es kann vielleicht ſcheinen, als ob wegen des ſtets neuen Aufwandes von Waͤrme das Differenzthermometer immer mehr und mehr Kaͤlte anzeigen ſollte; aber dies findet darum nicht ſtatt, weil die umgebende Luft der abgekuͤhlten Kugel Waͤrme zufuͤhrt, und dies immer mehr, je groͤßer der Unterſchied der Waͤrme geworden iſt, endlich alſo ſo viel, daß dadurch der Verluſt an Waͤrme erſetzt und ein weiteres Sinken der Temperatur gehindert wird. Je ſchneller das Verdampfen erfolgt, das heißt, je trockener die umgebende Luft iſt, deſto groͤßer iſt die Temperatur-Differenz, weil die bei ſchneller Verdampfung ſo ſchnell eintretende und ſchnell erneuerte Kaͤlte nicht ſo bald durch die Waͤrme der umgebenden Luft erſetzt wird. Au- guſts Pſychrometer beruht auf eben dieſer Waͤrmedifferenz.
Andre Erfolge dieſer Verdunſtungskaͤlte will ich nachher an- geben, und jetzt ſogleich zu dem vollkommenſten Hygrometer uͤber- gehen, das auf der Beſtimmung des Condenſationspunctes der Daͤmpfe beruht. Schon vor laͤngerer Zeit machte Dalton dar- auf aufmerkſam, daß man, bei gleich warmer, aber ungleich feuchter Luft, das Bethauen eines kalten Gefaͤßes bei ungleicher Kaͤlte des Gefaͤßes wahrnehme; er ſchlug daher vor, durch allmaͤhlige Ab- kuͤhlung des in einem Glaſe enthaltenen Waſſers allenfalls durch beigemiſchtes Eis, die Temperatur zu beſtimmen, wo der erſte leichte Thau ſich aus der Luft an das Glas anlegt, und ſo den Bethauungspunct, den Condenſationspunct der Daͤmpfe, das iſt, den Waͤrmegrad, welchem dieſer entſpricht, zu beſtimmen. Dieſes Verfahren iſt etwas ſchwierig, aber der Gedanke iſt nicht allein richtig, ſondern enthaͤlt auch das wahre Princip der Hygrometrie.
Sie wiſſen, daß ein im leeren Raume enthaltener Dampf, wenn Waſſer genug vorhanden iſt, bei beſtimmter Waͤrme z. B. 10° Cent. eine gewiſſe Dichtigkeit und Elaſticitaͤt annimmt, die wir als die zu dieſer Waͤrme gehoͤrige groͤßeſte bezeichnet haben.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0163"n="149"/>
deckt man eine der beiden Kugeln des Differenzthermometers<lb/>
(<hirendition="#aq"><hirendition="#b">Fig. 3.</hi></hi>) mit duͤnnem Mouſelin und befeuchtet dieſen, ſo wird der<lb/>ſo bedeckten Kugel durch die Verdampfung Waͤrme entzogen, und<lb/>
die in der Roͤhre enthaltene Fluͤſſigkeit zeigt dieſen Waͤrme-Unter-<lb/>ſchied an. Je trockener die Luft iſt, deſto ſchneller geht die Ver-<lb/>
dampfung fort, und die entſtandene Kaͤlte iſt deſto groͤßer. Es<lb/>
kann vielleicht ſcheinen, als ob wegen des ſtets neuen Aufwandes<lb/>
von Waͤrme das Differenzthermometer immer mehr und mehr<lb/>
Kaͤlte anzeigen ſollte; aber dies findet darum nicht ſtatt, weil die<lb/>
umgebende Luft der abgekuͤhlten Kugel Waͤrme zufuͤhrt, und dies<lb/>
immer mehr, je groͤßer der Unterſchied der Waͤrme geworden iſt,<lb/>
endlich alſo ſo viel, daß dadurch der Verluſt an Waͤrme erſetzt und<lb/>
ein weiteres Sinken der Temperatur gehindert wird. Je ſchneller<lb/>
das Verdampfen erfolgt, das heißt, je trockener die umgebende Luft<lb/>
iſt, deſto groͤßer iſt die Temperatur-Differenz, weil die bei ſchneller<lb/>
Verdampfung ſo ſchnell eintretende und ſchnell erneuerte Kaͤlte nicht<lb/>ſo bald durch die Waͤrme der umgebenden Luft erſetzt wird. <hirendition="#g">Au-<lb/>
guſts</hi> Pſychrometer beruht auf eben dieſer Waͤrmedifferenz.</p><lb/><p>Andre Erfolge dieſer Verdunſtungskaͤlte will ich nachher an-<lb/>
geben, und jetzt ſogleich zu dem vollkommenſten Hygrometer uͤber-<lb/>
gehen, das auf der Beſtimmung des Condenſationspunctes der<lb/>
Daͤmpfe beruht. Schon vor laͤngerer Zeit machte <hirendition="#g">Dalton</hi> dar-<lb/>
auf aufmerkſam, daß man, bei gleich warmer, aber ungleich feuchter<lb/>
Luft, das Bethauen eines kalten Gefaͤßes bei ungleicher Kaͤlte des<lb/>
Gefaͤßes wahrnehme; er ſchlug daher vor, durch allmaͤhlige Ab-<lb/>
kuͤhlung des in einem Glaſe enthaltenen Waſſers allenfalls durch<lb/>
beigemiſchtes Eis, die Temperatur zu beſtimmen, wo der erſte<lb/>
leichte Thau ſich aus der Luft an das Glas anlegt, und ſo den<lb/><hirendition="#g">Bethauungspunct</hi>, den <hirendition="#g">Condenſationspunct</hi> der<lb/>
Daͤmpfe, das iſt, den Waͤrmegrad, welchem dieſer entſpricht, zu<lb/>
beſtimmen. Dieſes Verfahren iſt etwas ſchwierig, aber der Gedanke<lb/>
iſt nicht allein richtig, ſondern enthaͤlt auch das wahre Princip der<lb/>
Hygrometrie.</p><lb/><p>Sie wiſſen, daß ein im leeren Raume enthaltener Dampf,<lb/>
wenn Waſſer genug vorhanden iſt, bei beſtimmter Waͤrme z. B.<lb/>
10° Cent. eine gewiſſe Dichtigkeit und Elaſticitaͤt annimmt, die<lb/>
wir als die zu dieſer Waͤrme gehoͤrige groͤßeſte bezeichnet haben.<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[149/0163]
deckt man eine der beiden Kugeln des Differenzthermometers
(Fig. 3.) mit duͤnnem Mouſelin und befeuchtet dieſen, ſo wird der
ſo bedeckten Kugel durch die Verdampfung Waͤrme entzogen, und
die in der Roͤhre enthaltene Fluͤſſigkeit zeigt dieſen Waͤrme-Unter-
ſchied an. Je trockener die Luft iſt, deſto ſchneller geht die Ver-
dampfung fort, und die entſtandene Kaͤlte iſt deſto groͤßer. Es
kann vielleicht ſcheinen, als ob wegen des ſtets neuen Aufwandes
von Waͤrme das Differenzthermometer immer mehr und mehr
Kaͤlte anzeigen ſollte; aber dies findet darum nicht ſtatt, weil die
umgebende Luft der abgekuͤhlten Kugel Waͤrme zufuͤhrt, und dies
immer mehr, je groͤßer der Unterſchied der Waͤrme geworden iſt,
endlich alſo ſo viel, daß dadurch der Verluſt an Waͤrme erſetzt und
ein weiteres Sinken der Temperatur gehindert wird. Je ſchneller
das Verdampfen erfolgt, das heißt, je trockener die umgebende Luft
iſt, deſto groͤßer iſt die Temperatur-Differenz, weil die bei ſchneller
Verdampfung ſo ſchnell eintretende und ſchnell erneuerte Kaͤlte nicht
ſo bald durch die Waͤrme der umgebenden Luft erſetzt wird. Au-
guſts Pſychrometer beruht auf eben dieſer Waͤrmedifferenz.
Andre Erfolge dieſer Verdunſtungskaͤlte will ich nachher an-
geben, und jetzt ſogleich zu dem vollkommenſten Hygrometer uͤber-
gehen, das auf der Beſtimmung des Condenſationspunctes der
Daͤmpfe beruht. Schon vor laͤngerer Zeit machte Dalton dar-
auf aufmerkſam, daß man, bei gleich warmer, aber ungleich feuchter
Luft, das Bethauen eines kalten Gefaͤßes bei ungleicher Kaͤlte des
Gefaͤßes wahrnehme; er ſchlug daher vor, durch allmaͤhlige Ab-
kuͤhlung des in einem Glaſe enthaltenen Waſſers allenfalls durch
beigemiſchtes Eis, die Temperatur zu beſtimmen, wo der erſte
leichte Thau ſich aus der Luft an das Glas anlegt, und ſo den
Bethauungspunct, den Condenſationspunct der
Daͤmpfe, das iſt, den Waͤrmegrad, welchem dieſer entſpricht, zu
beſtimmen. Dieſes Verfahren iſt etwas ſchwierig, aber der Gedanke
iſt nicht allein richtig, ſondern enthaͤlt auch das wahre Princip der
Hygrometrie.
Sie wiſſen, daß ein im leeren Raume enthaltener Dampf,
wenn Waſſer genug vorhanden iſt, bei beſtimmter Waͤrme z. B.
10° Cent. eine gewiſſe Dichtigkeit und Elaſticitaͤt annimmt, die
wir als die zu dieſer Waͤrme gehoͤrige groͤßeſte bezeichnet haben.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/163>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.