Lassen Sie diesen Dampf ein Glasgefäß füllen, worin kein tropf- bares Wasser mehr ist; so wird, so lange der Dampf mehr erwärmt ist, seine Durchsichtigkeit ungetrübt und das Gefäß unbethauet bleiben; aber wenn der Dampf unter jene ursprüngliche Wärme von 10° abgekühlt wird, so belegt sich das Gefäß mit einem feinen Thau, der bei stärkerer Abkühlung bedeutender wird, weil in dem Dampfe mehr Wasser enthalten ist, als bei einer Wärme von 9° oder einer noch geringeren sich in Dampfgestalt erhalten kann. Und eben dies gilt auch von Dämpfen, die mit Luft gemischt sind, diese mögen nun in einem Gefäße enthalten oder frei in der Atmosphäre vorhanden sein; kennen wir den Wärmegrad, bei welchem sie sich in sehr geringem Grade niederzuschlagen anfangen, so kennen wir ihre Dichtigkeit, weil sie diejenige ist, die wir als die größeste eben der Wärme entsprechende aus Versuchen kennen. Es wird am besten sein, dies durch ein wirkliches Beispiel zu erläutern. Am 6. Sept. 1819, als die Wärme der Luft 18,°9 Cent. war, beob- achtete Daniell den Bethauungspunct bei 7,°8 Centes., das ist, bis zu dieser Temperatur abgekühlt zeigte eine glatte Oberfläche den ersten feinen Niederschlag. Da nun nach Muncke's Tafel *) die größte Dichtigkeit des Dampfes bei 7,°8 Cent. (= 6,°2 R.) nur 7 Milliontel der Dichtigkeit des Wassers beträgt, und 1 Cu- bicfuß Rheinl. Wasser 498000 Gran wiegt, so wog ein Cubicfuß jenes Dampfes 31/2 Gran, -- in einem Cubicfuß Luft waren 31/2 Gran Wasser. Die Luft war also schon recht trocken, weil der Condensationspunct 11 Grad unter der Temperatur der Luft lag, und Luft von 18,°9 Wärme noch beinahe 4 Gran Wasser in jedem Cubicfuß aufnehmen konnte, ehe sie den höchsten Grad der Feuchtig- keit erreicht hätte. Dagegen war bei einer andern Beobachtung die Luft ebenso warm, der Bethauungspunct aber fand sich bei 17°,8 Cent. = 14,°2 R., welcher Wärme ein Dampf = 14 Milliontel der Dichtigkeit des Wassers entspricht, so daß 7 Gran Wasser in 1 Cubicfuß Luft enthalten waren, und die Luft kaum noch 1/2 Gran aufzunehmen fähig, also beinahe auf dem höchsten Puncte der Feuchtheit war.
*)Gehlers Wörterbuch II.385.
Laſſen Sie dieſen Dampf ein Glasgefaͤß fuͤllen, worin kein tropf- bares Waſſer mehr iſt; ſo wird, ſo lange der Dampf mehr erwaͤrmt iſt, ſeine Durchſichtigkeit ungetruͤbt und das Gefaͤß unbethauet bleiben; aber wenn der Dampf unter jene urſpruͤngliche Waͤrme von 10° abgekuͤhlt wird, ſo belegt ſich das Gefaͤß mit einem feinen Thau, der bei ſtaͤrkerer Abkuͤhlung bedeutender wird, weil in dem Dampfe mehr Waſſer enthalten iſt, als bei einer Waͤrme von 9° oder einer noch geringeren ſich in Dampfgeſtalt erhalten kann. Und eben dies gilt auch von Daͤmpfen, die mit Luft gemiſcht ſind, dieſe moͤgen nun in einem Gefaͤße enthalten oder frei in der Atmoſphaͤre vorhanden ſein; kennen wir den Waͤrmegrad, bei welchem ſie ſich in ſehr geringem Grade niederzuſchlagen anfangen, ſo kennen wir ihre Dichtigkeit, weil ſie diejenige iſt, die wir als die groͤßeſte eben der Waͤrme entſprechende aus Verſuchen kennen. Es wird am beſten ſein, dies durch ein wirkliches Beiſpiel zu erlaͤutern. Am 6. Sept. 1819, als die Waͤrme der Luft 18,°9 Cent. war, beob- achtete Daniell den Bethauungspunct bei 7,°8 Centeſ., das iſt, bis zu dieſer Temperatur abgekuͤhlt zeigte eine glatte Oberflaͤche den erſten feinen Niederſchlag. Da nun nach Muncke's Tafel *) die groͤßte Dichtigkeit des Dampfes bei 7,°8 Cent. (= 6,°2 R.) nur 7 Milliontel der Dichtigkeit des Waſſers betraͤgt, und 1 Cu- bicfuß Rheinl. Waſſer 498000 Gran wiegt, ſo wog ein Cubicfuß jenes Dampfes 3½ Gran, — in einem Cubicfuß Luft waren 3½ Gran Waſſer. Die Luft war alſo ſchon recht trocken, weil der Condenſationspunct 11 Grad unter der Temperatur der Luft lag, und Luft von 18,°9 Waͤrme noch beinahe 4 Gran Waſſer in jedem Cubicfuß aufnehmen konnte, ehe ſie den hoͤchſten Grad der Feuchtig- keit erreicht haͤtte. Dagegen war bei einer andern Beobachtung die Luft ebenſo warm, der Bethauungspunct aber fand ſich bei 17°,8 Cent. = 14,°2 R., welcher Waͤrme ein Dampf = 14 Milliontel der Dichtigkeit des Waſſers entſpricht, ſo daß 7 Gran Waſſer in 1 Cubicfuß Luft enthalten waren, und die Luft kaum noch ½ Gran aufzunehmen faͤhig, alſo beinahe auf dem hoͤchſten Puncte der Feuchtheit war.
*)Gehlers Woͤrterbuch II.385.
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Laſſen Sie dieſen Dampf ein Glasgefaͤß fuͤllen, worin kein tropf-
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iſt, ſeine Durchſichtigkeit ungetruͤbt und das Gefaͤß unbethauet
bleiben; aber wenn der Dampf unter jene urſpruͤngliche Waͤrme
von 10° abgekuͤhlt wird, ſo belegt ſich das Gefaͤß mit einem feinen
Thau, der bei ſtaͤrkerer Abkuͤhlung bedeutender wird, weil in dem
Dampfe mehr Waſſer enthalten iſt, als bei einer Waͤrme von 9°
oder einer noch geringeren ſich in Dampfgeſtalt erhalten kann. Und
eben dies gilt auch von Daͤmpfen, die mit Luft gemiſcht ſind, dieſe
moͤgen nun in einem Gefaͤße enthalten oder frei in der Atmoſphaͤre
vorhanden ſein; kennen wir den Waͤrmegrad, bei welchem ſie ſich
in ſehr geringem Grade niederzuſchlagen anfangen, ſo kennen wir
ihre Dichtigkeit, weil ſie diejenige iſt, die wir als die groͤßeſte eben
der Waͤrme entſprechende aus Verſuchen kennen. Es wird am
beſten ſein, dies durch ein wirkliches Beiſpiel zu erlaͤutern. Am
6. Sept. 1819, als die Waͤrme der Luft 18,°9 Cent. war, beob-
achtete Daniell den Bethauungspunct bei 7,°8 Centeſ., das iſt,
bis zu dieſer Temperatur abgekuͤhlt zeigte eine glatte Oberflaͤche den
erſten feinen Niederſchlag. Da nun nach Muncke's Tafel *)
die groͤßte Dichtigkeit des Dampfes bei 7,°8 Cent. (= 6,°2 R.)
nur 7 Milliontel der Dichtigkeit des Waſſers betraͤgt, und 1 Cu-
bicfuß Rheinl. Waſſer 498000 Gran wiegt, ſo wog ein Cubicfuß
jenes Dampfes 3½ Gran, — in einem Cubicfuß Luft waren
3½ Gran Waſſer. Die Luft war alſo ſchon recht trocken, weil der
Condenſationspunct 11 Grad unter der Temperatur der Luft lag,
und Luft von 18,°9 Waͤrme noch beinahe 4 Gran Waſſer in jedem
Cubicfuß aufnehmen konnte, ehe ſie den hoͤchſten Grad der Feuchtig-
keit erreicht haͤtte. Dagegen war bei einer andern Beobachtung die
Luft ebenſo warm, der Bethauungspunct aber fand ſich bei 17°,8
Cent. = 14,°2 R., welcher Waͤrme ein Dampf = 14 Milliontel
der Dichtigkeit des Waſſers entſpricht, ſo daß 7 Gran Waſſer in
1 Cubicfuß Luft enthalten waren, und die Luft kaum noch ½ Gran
aufzunehmen faͤhig, alſo beinahe auf dem hoͤchſten Puncte der
Feuchtheit war.
*) Gehlers Woͤrterbuch II.385.
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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/164>, abgerufen am 23.11.2024.
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