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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832.

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Damit aber diese Instrumente den Namen Hygrometer, als
wirklich die Feuchtigkeit abmessend, verdienen, war es vor allem
nöthig, so wie beim Thermometer, zwei feste Puncte zu bestimmen,
und hier kann man der Forderung, die Puncte der größten Feuch-
tigkeit und der größten Trockenheit als Endpuncte der Scale anzu-
geben, beinahe strenge Genüge leisten. Der ungelöschte Kalk und
der salzsaure Kalk haben ein so großes Bestreben die Dämpfe aus
der Luft an sich zu ziehen, daß sie, erhitzt in ein geschlossenes Gefäß
gebracht, die Luft vollkommen austrocknen, wenigstens in dem
Grade vollkommen, daß selbst bei starker Abkühlung, wo sonst doch
die noch übrige Feuchtigkeit am meisten auf die hygrometrischen
Körper wirkt, das Haar des in diesem Raume mit eingeschlossenen
Hygrometers keine Aenderung mehr zeigt. Den Punct, den als-
dann der Zeiger angiebt, bezeichnet man mit Null. Um dagegen
die größte Feuchtigkeit zu bestimmen, brachte Saussure feuchte
Gegenstände unter die Glocke, wo sich das Hygrometer befand, so
daß die Luft sich ganz mit Feuchtigkeit beladen konnte, und setzte an
den alsdann angezeigten Punct des Hygrometers 100 Gr. Den
zwischen diesen beiden Puncten enthaltenen Bogen theilt man in
100 Grade, und hat so ein nach bestimmten Gesetzen verfertigtes, also
mit andern ebenso verfertigten Instrumenten gut vergleichbares, Hy-
grometer. Aber dieses Hygrometer giebt nicht Grade der Feuchtigkeit
in dem Sinne an, daß man die Menge des in der Luft enthaltenen
Wassers sogleich aus der Anzahl der Grade kennen lernte, sondern
die jedem Grade entsprechende wahre Feuchtigkeit muß durch eine
Reihe Versuche erst bestimmt werden.

Die Forderung, die Menge Wasser in der Luft bei jedem
Hygrometergrade zu kennen, läßt sich offenbar nicht anders als
mit beständiger Rücksicht auf die Wärme erfüllen. Wenn in einem
fest verschlossenen Gefäße, worin sich kein befeuchteter Körper befin-
det, worin also kein neuer Dampf zu dem schon vorhandenen hin-
zukömmt, ein Hygrometer und ein Thermometer aufgestellt sind,
so geht das Hygrometer auf Feuchtigkeit zu, wenn das Thermo-
meter sinkt, und man kann also für die hier statt findende Wasser-
menge ein Täfelchen der jedem Wärmegrade entsprechenden Angaben
der Feuchtigkeit verfertigen. Stellt man diesen Versuch so an, daß
man in ein Gefäß von bestimmter Größe zuerst völlig ausgetrock-

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Damit aber dieſe Inſtrumente den Namen Hygrometer, als
wirklich die Feuchtigkeit abmeſſend, verdienen, war es vor allem
noͤthig, ſo wie beim Thermometer, zwei feſte Puncte zu beſtimmen,
und hier kann man der Forderung, die Puncte der groͤßten Feuch-
tigkeit und der groͤßten Trockenheit als Endpuncte der Scale anzu-
geben, beinahe ſtrenge Genuͤge leiſten. Der ungeloͤſchte Kalk und
der ſalzſaure Kalk haben ein ſo großes Beſtreben die Daͤmpfe aus
der Luft an ſich zu ziehen, daß ſie, erhitzt in ein geſchloſſenes Gefaͤß
gebracht, die Luft vollkommen austrocknen, wenigſtens in dem
Grade vollkommen, daß ſelbſt bei ſtarker Abkuͤhlung, wo ſonſt doch
die noch uͤbrige Feuchtigkeit am meiſten auf die hygrometriſchen
Koͤrper wirkt, das Haar des in dieſem Raume mit eingeſchloſſenen
Hygrometers keine Aenderung mehr zeigt. Den Punct, den als-
dann der Zeiger angiebt, bezeichnet man mit Null. Um dagegen
die groͤßte Feuchtigkeit zu beſtimmen, brachte Sauſſure feuchte
Gegenſtaͤnde unter die Glocke, wo ſich das Hygrometer befand, ſo
daß die Luft ſich ganz mit Feuchtigkeit beladen konnte, und ſetzte an
den alsdann angezeigten Punct des Hygrometers 100 Gr. Den
zwiſchen dieſen beiden Puncten enthaltenen Bogen theilt man in
100 Grade, und hat ſo ein nach beſtimmten Geſetzen verfertigtes, alſo
mit andern ebenſo verfertigten Inſtrumenten gut vergleichbares, Hy-
grometer. Aber dieſes Hygrometer giebt nicht Grade der Feuchtigkeit
in dem Sinne an, daß man die Menge des in der Luft enthaltenen
Waſſers ſogleich aus der Anzahl der Grade kennen lernte, ſondern
die jedem Grade entſprechende wahre Feuchtigkeit muß durch eine
Reihe Verſuche erſt beſtimmt werden.

Die Forderung, die Menge Waſſer in der Luft bei jedem
Hygrometergrade zu kennen, laͤßt ſich offenbar nicht anders als
mit beſtaͤndiger Ruͤckſicht auf die Waͤrme erfuͤllen. Wenn in einem
feſt verſchloſſenen Gefaͤße, worin ſich kein befeuchteter Koͤrper befin-
det, worin alſo kein neuer Dampf zu dem ſchon vorhandenen hin-
zukoͤmmt, ein Hygrometer und ein Thermometer aufgeſtellt ſind,
ſo geht das Hygrometer auf Feuchtigkeit zu, wenn das Thermo-
meter ſinkt, und man kann alſo fuͤr die hier ſtatt findende Waſſer-
menge ein Taͤfelchen der jedem Waͤrmegrade entſprechenden Angaben
der Feuchtigkeit verfertigen. Stellt man dieſen Verſuch ſo an, daß
man in ein Gefaͤß von beſtimmter Groͤße zuerſt voͤllig ausgetrock-

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[147/0161] Damit aber dieſe Inſtrumente den Namen Hygrometer, als wirklich die Feuchtigkeit abmeſſend, verdienen, war es vor allem noͤthig, ſo wie beim Thermometer, zwei feſte Puncte zu beſtimmen, und hier kann man der Forderung, die Puncte der groͤßten Feuch- tigkeit und der groͤßten Trockenheit als Endpuncte der Scale anzu- geben, beinahe ſtrenge Genuͤge leiſten. Der ungeloͤſchte Kalk und der ſalzſaure Kalk haben ein ſo großes Beſtreben die Daͤmpfe aus der Luft an ſich zu ziehen, daß ſie, erhitzt in ein geſchloſſenes Gefaͤß gebracht, die Luft vollkommen austrocknen, wenigſtens in dem Grade vollkommen, daß ſelbſt bei ſtarker Abkuͤhlung, wo ſonſt doch die noch uͤbrige Feuchtigkeit am meiſten auf die hygrometriſchen Koͤrper wirkt, das Haar des in dieſem Raume mit eingeſchloſſenen Hygrometers keine Aenderung mehr zeigt. Den Punct, den als- dann der Zeiger angiebt, bezeichnet man mit Null. Um dagegen die groͤßte Feuchtigkeit zu beſtimmen, brachte Sauſſure feuchte Gegenſtaͤnde unter die Glocke, wo ſich das Hygrometer befand, ſo daß die Luft ſich ganz mit Feuchtigkeit beladen konnte, und ſetzte an den alsdann angezeigten Punct des Hygrometers 100 Gr. Den zwiſchen dieſen beiden Puncten enthaltenen Bogen theilt man in 100 Grade, und hat ſo ein nach beſtimmten Geſetzen verfertigtes, alſo mit andern ebenſo verfertigten Inſtrumenten gut vergleichbares, Hy- grometer. Aber dieſes Hygrometer giebt nicht Grade der Feuchtigkeit in dem Sinne an, daß man die Menge des in der Luft enthaltenen Waſſers ſogleich aus der Anzahl der Grade kennen lernte, ſondern die jedem Grade entſprechende wahre Feuchtigkeit muß durch eine Reihe Verſuche erſt beſtimmt werden. Die Forderung, die Menge Waſſer in der Luft bei jedem Hygrometergrade zu kennen, laͤßt ſich offenbar nicht anders als mit beſtaͤndiger Ruͤckſicht auf die Waͤrme erfuͤllen. Wenn in einem feſt verſchloſſenen Gefaͤße, worin ſich kein befeuchteter Koͤrper befin- det, worin alſo kein neuer Dampf zu dem ſchon vorhandenen hin- zukoͤmmt, ein Hygrometer und ein Thermometer aufgeſtellt ſind, ſo geht das Hygrometer auf Feuchtigkeit zu, wenn das Thermo- meter ſinkt, und man kann alſo fuͤr die hier ſtatt findende Waſſer- menge ein Taͤfelchen der jedem Waͤrmegrade entſprechenden Angaben der Feuchtigkeit verfertigen. Stellt man dieſen Verſuch ſo an, daß man in ein Gefaͤß von beſtimmter Groͤße zuerſt voͤllig ausgetrock- K 2

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/161>, abgerufen am 04.05.2024.