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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831.

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Der zweite merkwürdige Fall, welcher sich darbietet, wenn
die Oberfläche, durch welche der Strahl eintritt, die Axe selbst in
sich enthält, ist der, wo der Strahl in der durch die Axe und das
Einfallsloth gehenden Ebne sich befindet. Auch in diesem Falle
geht der ungewöhnlich gebrochene Strahl so wenig, als der ge-
wöhnlich gebrochene, aus der durch das Einfallsloth und den ein-
fallenden Strahl gelegten Ebne heraus, weil die abstoßende Kraft,
die wir der Axe beilegen, hier in eben derselben Ebne wirkt; aber der
ungewöhnlich gebrochene Strahl entfernt sich mehr als der gewöhn-
lich gebrochene Strahl von dieser Axe, so daß wenn (Fig. 130.)
AB die Oberfläche und zugleich die Richtung der in ihr liegenden
Axe darstellt, KL der einfallende Strahl, LP das Einfallsloth ist,
LE den ungewöhnlich gebrochenen, LO den gewöhnlich gebroche-
nen Strahl darstellen würde. Für den gewöhnlich gebrochenen
Strahl findet auch hier eben das Verhältniß der Sinus, wie
vorhin, statt; aber für den ungewöhnlich gebrochenen Strahl gilt
ein andres Gesetz, das sich in einer Zeichnung darstellen läßt.

Wenn der einfallende Strahl in einer durch das Einfallsloth
auf die Axe senkrechten Ebne lag, so fand für den ungewöhnli-
chen Strahl das Gesetz für die Sinus der Winkel eben so wie
bei dem gewöhnlichen Strahle statt, nur daß das Brechungsver-
hältniß ein andres ist. Eine Zeichnung, der früher angewandten
ähnlich, giebt hier die Richtung beider Strahlen, indem man beide
Senkrechten auf das Einfallsloth nach den oben angegebenen Zah-
len, also NO = 0,60. LM (Fig. 131.) und no = 0,67. LM
eintragen, und AO als gewöhnlich, AoE als ungewöhnlich ge-
brochenen Strahl zeichnen müßte; aber es läßt sich dies noch be-
quemer thun. Man zeichne zwei Kreise, deren Halbmesser sich
(Fig. 131.) wie 604 zu 674 verhalten, um den Einfallspunct
A; man bestimme in dem ersten auf die gewöhnliche Weise den
Punct O, um die Lage des gewöhnlich gebrochenen Strahles zu
erhalten und ziehe die Berührungslinie an O, welche die Bre-
chungsfläche in K schneidet; zieht man nun von K eine Berüh-
rungslinie KE an den zweiten Kreis, so giebt AE, nach dem
Berührungspuncte E gezogen, in diesem Falle den ungewöhnlich
gebrochenen Strahl. Es ist nämlich leicht zu zeigen, daß die Senk-
rechten NO, no, die in einerlei Kreise gezogen sind, alsdann das

Der zweite merkwuͤrdige Fall, welcher ſich darbietet, wenn
die Oberflaͤche, durch welche der Strahl eintritt, die Axe ſelbſt in
ſich enthaͤlt, iſt der, wo der Strahl in der durch die Axe und das
Einfallsloth gehenden Ebne ſich befindet. Auch in dieſem Falle
geht der ungewoͤhnlich gebrochene Strahl ſo wenig, als der ge-
woͤhnlich gebrochene, aus der durch das Einfallsloth und den ein-
fallenden Strahl gelegten Ebne heraus, weil die abſtoßende Kraft,
die wir der Axe beilegen, hier in eben derſelben Ebne wirkt; aber der
ungewoͤhnlich gebrochene Strahl entfernt ſich mehr als der gewoͤhn-
lich gebrochene Strahl von dieſer Axe, ſo daß wenn (Fig. 130.)
AB die Oberflaͤche und zugleich die Richtung der in ihr liegenden
Axe darſtellt, KL der einfallende Strahl, LP das Einfallsloth iſt,
LE den ungewoͤhnlich gebrochenen, LO den gewoͤhnlich gebroche-
nen Strahl darſtellen wuͤrde. Fuͤr den gewoͤhnlich gebrochenen
Strahl findet auch hier eben das Verhaͤltniß der Sinus, wie
vorhin, ſtatt; aber fuͤr den ungewoͤhnlich gebrochenen Strahl gilt
ein andres Geſetz, das ſich in einer Zeichnung darſtellen laͤßt.

Wenn der einfallende Strahl in einer durch das Einfallsloth
auf die Axe ſenkrechten Ebne lag, ſo fand fuͤr den ungewoͤhnli-
chen Strahl das Geſetz fuͤr die Sinus der Winkel eben ſo wie
bei dem gewoͤhnlichen Strahle ſtatt, nur daß das Brechungsver-
haͤltniß ein andres iſt. Eine Zeichnung, der fruͤher angewandten
aͤhnlich, giebt hier die Richtung beider Strahlen, indem man beide
Senkrechten auf das Einfallsloth nach den oben angegebenen Zah-
len, alſo NO = 0,60. LM (Fig. 131.) und no = 0,67. LM
eintragen, und AO als gewoͤhnlich, AoE als ungewoͤhnlich ge-
brochenen Strahl zeichnen muͤßte; aber es laͤßt ſich dies noch be-
quemer thun. Man zeichne zwei Kreiſe, deren Halbmeſſer ſich
(Fig. 131.) wie 604 zu 674 verhalten, um den Einfallspunct
A; man beſtimme in dem erſten auf die gewoͤhnliche Weiſe den
Punct O, um die Lage des gewoͤhnlich gebrochenen Strahles zu
erhalten und ziehe die Beruͤhrungslinie an O, welche die Bre-
chungsflaͤche in K ſchneidet; zieht man nun von K eine Beruͤh-
rungslinie KE an den zweiten Kreis, ſo giebt AE, nach dem
Beruͤhrungspuncte E gezogen, in dieſem Falle den ungewoͤhnlich
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[306/0320] Der zweite merkwuͤrdige Fall, welcher ſich darbietet, wenn die Oberflaͤche, durch welche der Strahl eintritt, die Axe ſelbſt in ſich enthaͤlt, iſt der, wo der Strahl in der durch die Axe und das Einfallsloth gehenden Ebne ſich befindet. Auch in dieſem Falle geht der ungewoͤhnlich gebrochene Strahl ſo wenig, als der ge- woͤhnlich gebrochene, aus der durch das Einfallsloth und den ein- fallenden Strahl gelegten Ebne heraus, weil die abſtoßende Kraft, die wir der Axe beilegen, hier in eben derſelben Ebne wirkt; aber der ungewoͤhnlich gebrochene Strahl entfernt ſich mehr als der gewoͤhn- lich gebrochene Strahl von dieſer Axe, ſo daß wenn (Fig. 130.) AB die Oberflaͤche und zugleich die Richtung der in ihr liegenden Axe darſtellt, KL der einfallende Strahl, LP das Einfallsloth iſt, LE den ungewoͤhnlich gebrochenen, LO den gewoͤhnlich gebroche- nen Strahl darſtellen wuͤrde. Fuͤr den gewoͤhnlich gebrochenen Strahl findet auch hier eben das Verhaͤltniß der Sinus, wie vorhin, ſtatt; aber fuͤr den ungewoͤhnlich gebrochenen Strahl gilt ein andres Geſetz, das ſich in einer Zeichnung darſtellen laͤßt. Wenn der einfallende Strahl in einer durch das Einfallsloth auf die Axe ſenkrechten Ebne lag, ſo fand fuͤr den ungewoͤhnli- chen Strahl das Geſetz fuͤr die Sinus der Winkel eben ſo wie bei dem gewoͤhnlichen Strahle ſtatt, nur daß das Brechungsver- haͤltniß ein andres iſt. Eine Zeichnung, der fruͤher angewandten aͤhnlich, giebt hier die Richtung beider Strahlen, indem man beide Senkrechten auf das Einfallsloth nach den oben angegebenen Zah- len, alſo NO = 0,60. LM (Fig. 131.) und no = 0,67. LM eintragen, und AO als gewoͤhnlich, AoE als ungewoͤhnlich ge- brochenen Strahl zeichnen muͤßte; aber es laͤßt ſich dies noch be- quemer thun. Man zeichne zwei Kreiſe, deren Halbmeſſer ſich (Fig. 131.) wie 604 zu 674 verhalten, um den Einfallspunct A; man beſtimme in dem erſten auf die gewoͤhnliche Weiſe den Punct O, um die Lage des gewoͤhnlich gebrochenen Strahles zu erhalten und ziehe die Beruͤhrungslinie an O, welche die Bre- chungsflaͤche in K ſchneidet; zieht man nun von K eine Beruͤh- rungslinie KE an den zweiten Kreis, ſo giebt AE, nach dem Beruͤhrungspuncte E gezogen, in dieſem Falle den ungewoͤhnlich gebrochenen Strahl. Es iſt naͤmlich leicht zu zeigen, daß die Senk- rechten NO, no, die in einerlei Kreiſe gezogen ſind, alsdann das

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/320>, abgerufen am 25.11.2024.