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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831.

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bei diesen durch 1 zu 0,674 oder 1,484 zu 1 ausgedrückt, und der
Winkel NKE ist also allemal größer als NKO; (z. B. für IKM
= 10°, ist EKN = 6° 43 1/3 ', und OKN
= 6° 11/2').

Wenn man diese Erscheinungen nach Newton's Ansichten
benutzen wollte, um die Geschwindigkeit der Lichttheilchen im In-
nern des Crystalls zu bestimmen, so würde man diese Geschwin-
digkeit ungleich finden für die im gewöhnlich gebrochenen Strahle
und für die im ungewöhnlich gebrochenen Strahle vereinigten
Lichttheilchen, indem jene beinahe 1 2/3 mal so schnell als in der
Luft, die ungewöhnlich von ihrem Wege abgelenkten Theilchen
aber nur 11/2 mal so schnell als in der Luft fortgehend angenom-
men werden müßten. Dieser Newton'schen Ansicht gemäß sahen
wir die in den dichtern und stärker brechenden Körpern größere
Geschwindigkeit so an, als ob sie durch die anziehende Kraft des
Körpers beschleunigt wäre, und diese Beschleunigung finden wir
also hier geringer bei den der ungewöhnlichen Brechung folgenden
Theilchen; dieses Resultat läßt sich, wie Biot richtig bemerkt,
mit der Vorstellung, daß die Axe eine abstoßende Kraft auf die
Lichttheilchen, -- auf diejenigen nämlich, welche der ungewöhnli-
chen Brechung folgen, -- ausübt, vereinigen, indem diese Kraft,
weil die Lichttheilchen in diesem Falle immer senkrecht auf die Axen
treffen, nur zu Verminderung der Geschwindigkeit beiträgt, und
daher die dieser zurückhaltenden Kraft unterworfenen Theilchen sich
nicht so sehr beschleunigen, als die im gewöhnlichen Strahle ent-
haltenen, das ist, die dieser Kraft nicht unterworfenen Theilchen.

Aber bei den doppelt brechenden Körpern darf man nicht
annehmen, daß die Geschwindigkeit der Fortpflanzung des unge-
wöhnlich gebrochenen Strahls gleich sei für alle Richtungen des
eindringenden Strahls, sondern, wenn dieser im Innern fortge-
hende Strahl mit der Axe zusammenfällt, vereinigt er sich nicht
allein der Richtung nach mit dem gewöhnlich gebrochenen, sondern
hat auch eben die Geschwindigkeit, statt daß bei einer gegen die
Axe senkrechten Richtung diese Geschwindigkeit des ungewöhnlich
gebrochenen Strahles in dem eben vorhin angegebenen Grade ge-
ringer ist. In Fällen, wo der im Innern fortgehende Strahl
irgend eine Neigung gegen jene optische Axe hat, erhält man eine,
nach Maaßgabe der Neigung verschiedene Geschwindigkeit.


II. U

bei dieſen durch 1 zu 0,674 oder 1,484 zu 1 ausgedruͤckt, und der
Winkel NKE iſt alſo allemal groͤßer als NKO; (z. B. fuͤr IKM
= 10°, iſt EKN = 6° 43⅓', und OKN
= 6° 1½').

Wenn man dieſe Erſcheinungen nach Newton's Anſichten
benutzen wollte, um die Geſchwindigkeit der Lichttheilchen im In-
nern des Cryſtalls zu beſtimmen, ſo wuͤrde man dieſe Geſchwin-
digkeit ungleich finden fuͤr die im gewoͤhnlich gebrochenen Strahle
und fuͤr die im ungewoͤhnlich gebrochenen Strahle vereinigten
Lichttheilchen, indem jene beinahe 1⅔ mal ſo ſchnell als in der
Luft, die ungewoͤhnlich von ihrem Wege abgelenkten Theilchen
aber nur 1½ mal ſo ſchnell als in der Luft fortgehend angenom-
men werden muͤßten. Dieſer Newton'ſchen Anſicht gemaͤß ſahen
wir die in den dichtern und ſtaͤrker brechenden Koͤrpern groͤßere
Geſchwindigkeit ſo an, als ob ſie durch die anziehende Kraft des
Koͤrpers beſchleunigt waͤre, und dieſe Beſchleunigung finden wir
alſo hier geringer bei den der ungewoͤhnlichen Brechung folgenden
Theilchen; dieſes Reſultat laͤßt ſich, wie Biot richtig bemerkt,
mit der Vorſtellung, daß die Axe eine abſtoßende Kraft auf die
Lichttheilchen, — auf diejenigen naͤmlich, welche der ungewoͤhnli-
chen Brechung folgen, — ausuͤbt, vereinigen, indem dieſe Kraft,
weil die Lichttheilchen in dieſem Falle immer ſenkrecht auf die Axen
treffen, nur zu Verminderung der Geſchwindigkeit beitraͤgt, und
daher die dieſer zuruͤckhaltenden Kraft unterworfenen Theilchen ſich
nicht ſo ſehr beſchleunigen, als die im gewoͤhnlichen Strahle ent-
haltenen, das iſt, die dieſer Kraft nicht unterworfenen Theilchen.

Aber bei den doppelt brechenden Koͤrpern darf man nicht
annehmen, daß die Geſchwindigkeit der Fortpflanzung des unge-
woͤhnlich gebrochenen Strahls gleich ſei fuͤr alle Richtungen des
eindringenden Strahls, ſondern, wenn dieſer im Innern fortge-
hende Strahl mit der Axe zuſammenfaͤllt, vereinigt er ſich nicht
allein der Richtung nach mit dem gewoͤhnlich gebrochenen, ſondern
hat auch eben die Geſchwindigkeit, ſtatt daß bei einer gegen die
Axe ſenkrechten Richtung dieſe Geſchwindigkeit des ungewoͤhnlich
gebrochenen Strahles in dem eben vorhin angegebenen Grade ge-
ringer iſt. In Faͤllen, wo der im Innern fortgehende Strahl
irgend eine Neigung gegen jene optiſche Axe hat, erhaͤlt man eine,
nach Maaßgabe der Neigung verſchiedene Geſchwindigkeit.


II. U
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[305/0319] bei dieſen durch 1 zu 0,674 oder 1,484 zu 1 ausgedruͤckt, und der Winkel NKE iſt alſo allemal groͤßer als NKO; (z. B. fuͤr IKM = 10°, iſt EKN = 6° 43⅓', und OKN = 6° 1½'). Wenn man dieſe Erſcheinungen nach Newton's Anſichten benutzen wollte, um die Geſchwindigkeit der Lichttheilchen im In- nern des Cryſtalls zu beſtimmen, ſo wuͤrde man dieſe Geſchwin- digkeit ungleich finden fuͤr die im gewoͤhnlich gebrochenen Strahle und fuͤr die im ungewoͤhnlich gebrochenen Strahle vereinigten Lichttheilchen, indem jene beinahe 1⅔ mal ſo ſchnell als in der Luft, die ungewoͤhnlich von ihrem Wege abgelenkten Theilchen aber nur 1½ mal ſo ſchnell als in der Luft fortgehend angenom- men werden muͤßten. Dieſer Newton'ſchen Anſicht gemaͤß ſahen wir die in den dichtern und ſtaͤrker brechenden Koͤrpern groͤßere Geſchwindigkeit ſo an, als ob ſie durch die anziehende Kraft des Koͤrpers beſchleunigt waͤre, und dieſe Beſchleunigung finden wir alſo hier geringer bei den der ungewoͤhnlichen Brechung folgenden Theilchen; dieſes Reſultat laͤßt ſich, wie Biot richtig bemerkt, mit der Vorſtellung, daß die Axe eine abſtoßende Kraft auf die Lichttheilchen, — auf diejenigen naͤmlich, welche der ungewoͤhnli- chen Brechung folgen, — ausuͤbt, vereinigen, indem dieſe Kraft, weil die Lichttheilchen in dieſem Falle immer ſenkrecht auf die Axen treffen, nur zu Verminderung der Geſchwindigkeit beitraͤgt, und daher die dieſer zuruͤckhaltenden Kraft unterworfenen Theilchen ſich nicht ſo ſehr beſchleunigen, als die im gewoͤhnlichen Strahle ent- haltenen, das iſt, die dieſer Kraft nicht unterworfenen Theilchen. Aber bei den doppelt brechenden Koͤrpern darf man nicht annehmen, daß die Geſchwindigkeit der Fortpflanzung des unge- woͤhnlich gebrochenen Strahls gleich ſei fuͤr alle Richtungen des eindringenden Strahls, ſondern, wenn dieſer im Innern fortge- hende Strahl mit der Axe zuſammenfaͤllt, vereinigt er ſich nicht allein der Richtung nach mit dem gewoͤhnlich gebrochenen, ſondern hat auch eben die Geſchwindigkeit, ſtatt daß bei einer gegen die Axe ſenkrechten Richtung dieſe Geſchwindigkeit des ungewoͤhnlich gebrochenen Strahles in dem eben vorhin angegebenen Grade ge- ringer iſt. In Faͤllen, wo der im Innern fortgehende Strahl irgend eine Neigung gegen jene optiſche Axe hat, erhaͤlt man eine, nach Maaßgabe der Neigung verſchiedene Geſchwindigkeit. II. U

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831, S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/319>, abgerufen am 22.11.2024.