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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831.

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andern Luftschichte die andre Lage vorherrschend sein, wagen dürfen,
um diese Verbindung beider Phänomene zu erklären. Möglich ist
dies wenigstens, da ein Luftzug in der einen Schichte die hori-
zontale Lage bewirken kann, während in der andern Schichte völlige
Windstille die verticale Lage begünstigt.

Ringe um die Sonne.

Diese hellen Kreise kommen am meisten im Winter vor, und
dieses scheint der Erklärung aus Eisnadeln zu einer Bestätigung
zu gereichen; aber eine zweite Erscheinung, die großen Ringe um
Sonne und Mond, in deren Mittelpuncte diese Gestirne stehen,
zeigen sich auch im Sommer oft, und es könnte daher zweifelhaft
scheinen, ob man auch diese aus der Brechung in Eisnadeln er-
klären könne. Indeß da, wie Sie bald sehen werden, sich eine
genau der Theorie des Regenbogens ähnliche Erklärung für diese
Ringe darbietet, wenn man prismatische, in der Luft schwebende
Eisnadeln annimmt, so kann man wohl auch für sie einer daran
geknüpften Theorie seinen Beifall nicht versagen, um so weniger, da
sich die Ringe so oft mit dem hellen Horizontalkreise und mit allen
den Kreisen verbinden, die bei dem vollständigen Phänomen der
Nebensonnen gesehen und aus Eisnadeln erklärt werden. Der
Umstand, daß auch im Sommer diese Ringe gar nicht selten sind,
ist auch wohl dieser Theorie nicht entgegen, da in sehr großen Höhen
doch selbst im Sommer die Gefrierkälte herrscht, und also dort auch
Eisnadeln schweben oder herabsinken können; fallen sie bis in die
untern, wärmern Schichten herab, so werden sie nicht allein auf-
thauen, sondern ihrer Kleinheit wegen sogar auch völlig in Dünste
aufgelöst werden, und uns daher nur den Himmel als etwas weiß-
lich, wie mit dünnem Dunste bedeckt, zeigen.

Diese Ringe um Sonne und Mond haben fast immer den
Halbmesser von 21 bis 22 Graden, an ihrem innern Rande sind
sie genauer begrenzt, als am äußern, und der Raum innerhalb
scheint weniger weißlich, weniger Licht zurückwerfend, als der übrige
Himmel. Obgleich die Farben dieser Ringe weit weniger lebhaft sind,
als beim Regenbogen, so läßt sich doch etwas Roth am innern
Rande wahrnehmen, und die Nebensonnen, die sich oft als leb-
haftere Theile dieses Ringes zeigen, haben deutlich das Roth der

andern Luftſchichte die andre Lage vorherrſchend ſein, wagen duͤrfen,
um dieſe Verbindung beider Phaͤnomene zu erklaͤren. Moͤglich iſt
dies wenigſtens, da ein Luftzug in der einen Schichte die hori-
zontale Lage bewirken kann, waͤhrend in der andern Schichte voͤllige
Windſtille die verticale Lage beguͤnſtigt.

Ringe um die Sonne.

Dieſe hellen Kreiſe kommen am meiſten im Winter vor, und
dieſes ſcheint der Erklaͤrung aus Eisnadeln zu einer Beſtaͤtigung
zu gereichen; aber eine zweite Erſcheinung, die großen Ringe um
Sonne und Mond, in deren Mittelpuncte dieſe Geſtirne ſtehen,
zeigen ſich auch im Sommer oft, und es koͤnnte daher zweifelhaft
ſcheinen, ob man auch dieſe aus der Brechung in Eisnadeln er-
klaͤren koͤnne. Indeß da, wie Sie bald ſehen werden, ſich eine
genau der Theorie des Regenbogens aͤhnliche Erklaͤrung fuͤr dieſe
Ringe darbietet, wenn man prismatiſche, in der Luft ſchwebende
Eisnadeln annimmt, ſo kann man wohl auch fuͤr ſie einer daran
geknuͤpften Theorie ſeinen Beifall nicht verſagen, um ſo weniger, da
ſich die Ringe ſo oft mit dem hellen Horizontalkreiſe und mit allen
den Kreiſen verbinden, die bei dem vollſtaͤndigen Phaͤnomen der
Nebenſonnen geſehen und aus Eisnadeln erklaͤrt werden. Der
Umſtand, daß auch im Sommer dieſe Ringe gar nicht ſelten ſind,
iſt auch wohl dieſer Theorie nicht entgegen, da in ſehr großen Hoͤhen
doch ſelbſt im Sommer die Gefrierkaͤlte herrſcht, und alſo dort auch
Eisnadeln ſchweben oder herabſinken koͤnnen; fallen ſie bis in die
untern, waͤrmern Schichten herab, ſo werden ſie nicht allein auf-
thauen, ſondern ihrer Kleinheit wegen ſogar auch voͤllig in Duͤnſte
aufgeloͤſt werden, und uns daher nur den Himmel als etwas weiß-
lich, wie mit duͤnnem Dunſte bedeckt, zeigen.

Dieſe Ringe um Sonne und Mond haben faſt immer den
Halbmeſſer von 21 bis 22 Graden, an ihrem innern Rande ſind
ſie genauer begrenzt, als am aͤußern, und der Raum innerhalb
ſcheint weniger weißlich, weniger Licht zuruͤckwerfend, als der uͤbrige
Himmel. Obgleich die Farben dieſer Ringe weit weniger lebhaft ſind,
als beim Regenbogen, ſo laͤßt ſich doch etwas Roth am innern
Rande wahrnehmen, und die Nebenſonnen, die ſich oft als leb-
haftere Theile dieſes Ringes zeigen, haben deutlich das Roth der

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[207/0221] andern Luftſchichte die andre Lage vorherrſchend ſein, wagen duͤrfen, um dieſe Verbindung beider Phaͤnomene zu erklaͤren. Moͤglich iſt dies wenigſtens, da ein Luftzug in der einen Schichte die hori- zontale Lage bewirken kann, waͤhrend in der andern Schichte voͤllige Windſtille die verticale Lage beguͤnſtigt. Ringe um die Sonne. Dieſe hellen Kreiſe kommen am meiſten im Winter vor, und dieſes ſcheint der Erklaͤrung aus Eisnadeln zu einer Beſtaͤtigung zu gereichen; aber eine zweite Erſcheinung, die großen Ringe um Sonne und Mond, in deren Mittelpuncte dieſe Geſtirne ſtehen, zeigen ſich auch im Sommer oft, und es koͤnnte daher zweifelhaft ſcheinen, ob man auch dieſe aus der Brechung in Eisnadeln er- klaͤren koͤnne. Indeß da, wie Sie bald ſehen werden, ſich eine genau der Theorie des Regenbogens aͤhnliche Erklaͤrung fuͤr dieſe Ringe darbietet, wenn man prismatiſche, in der Luft ſchwebende Eisnadeln annimmt, ſo kann man wohl auch fuͤr ſie einer daran geknuͤpften Theorie ſeinen Beifall nicht verſagen, um ſo weniger, da ſich die Ringe ſo oft mit dem hellen Horizontalkreiſe und mit allen den Kreiſen verbinden, die bei dem vollſtaͤndigen Phaͤnomen der Nebenſonnen geſehen und aus Eisnadeln erklaͤrt werden. Der Umſtand, daß auch im Sommer dieſe Ringe gar nicht ſelten ſind, iſt auch wohl dieſer Theorie nicht entgegen, da in ſehr großen Hoͤhen doch ſelbſt im Sommer die Gefrierkaͤlte herrſcht, und alſo dort auch Eisnadeln ſchweben oder herabſinken koͤnnen; fallen ſie bis in die untern, waͤrmern Schichten herab, ſo werden ſie nicht allein auf- thauen, ſondern ihrer Kleinheit wegen ſogar auch voͤllig in Duͤnſte aufgeloͤſt werden, und uns daher nur den Himmel als etwas weiß- lich, wie mit duͤnnem Dunſte bedeckt, zeigen. Dieſe Ringe um Sonne und Mond haben faſt immer den Halbmeſſer von 21 bis 22 Graden, an ihrem innern Rande ſind ſie genauer begrenzt, als am aͤußern, und der Raum innerhalb ſcheint weniger weißlich, weniger Licht zuruͤckwerfend, als der uͤbrige Himmel. Obgleich die Farben dieſer Ringe weit weniger lebhaft ſind, als beim Regenbogen, ſo laͤßt ſich doch etwas Roth am innern Rande wahrnehmen, und die Nebenſonnen, die ſich oft als leb- haftere Theile dieſes Ringes zeigen, haben deutlich das Roth der

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/221>, abgerufen am 22.11.2024.