Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bräuner, Johann Jacob: Pest-Büchlein. Frankfurt (Main), 1714.

Bild:
<< vorherige Seite

Das XIV. Capitel.
auch das Gifft manchmal so geschwind ver-
fähret/ daß es nicht allererst die Humores an-
greifft/ sondern alsbald nach dem Hertzen ey-
let/ und ohne Verursachung einiger Fäulung
oder Fiebers stracks zu ruiniren pfleget. So
dienen auch fordersamste Medicamenta, weil
das Gifft im ersten Anlauff noch nicht so sehr
zugenommen/ also daß ihm Anfangs mehr
Widerstand/ als wenn man gewartet hätte/
geschehen und angethan werden kan. So
sind endlich am Anfang die Kräffte auch noch
dauerhafft/ und können das Schwitzen samt
andern Mitteln besser vertragen. Also heist
es bey dieser Seuche: Principiis obsta; und
schreibt Pansa Consil. antipest. c. 14. Und
magst du dein halbes Kopffstück/ den Urin
schauen zulassen/ wol sparen. Aber da höret
man offt die Patienten sagen: Ich will heut
noch zusehen; Wilt du aber nicht treuem
Rath folgen/ und verstehest die Sach besser/
so helff dir nachmals selbst. Soll derohal-
ben schon in der 4. Stunde/ oder so bald
der Mensch etwas fühlet/ Rath und Hülf-
fe suchen.

Ob man
ohne Me-
dicum
die
Pest curi-
ren kan.

So gibt es auch viel Leut/ welche Gewohn-
heit haben/ wenn ihnen oder den ihrigen et-
was anstösset/ daß sie augenblicklich/ auch wol
zu Pestzeiten/ über des Coleri Haußbuch oder
den Gabelkofer lauffen/ oder ein Kräuter-
duch auffschlagen/ und was sie dünckt/ daraus
brauchen/ und bilden ihnen ein/ es sey gar ge-

nug/

Das XIV. Capitel.
auch das Gifft manchmal ſo geſchwind ver-
faͤhret/ daß es nicht allererſt die Humores an-
greifft/ ſondern alsbald nach dem Hertzen ey-
let/ und ohne Verurſachung einiger Faͤulung
oder Fiebers ſtracks zu ruiniren pfleget. So
dienen auch forderſamſte Medicamenta, weil
das Gifft im erſten Anlauff noch nicht ſo ſehr
zugenommen/ alſo daß ihm Anfangs mehr
Widerſtand/ als wenn man gewartet haͤtte/
geſchehen und angethan werden kan. So
ſind endlich am Anfang die Kraͤffte auch noch
dauerhafft/ und koͤnnen das Schwitzen ſamt
andern Mitteln beſſer vertragen. Alſo heiſt
es bey dieſer Seuche: Principiis obſta; und
ſchreibt Panſa Conſil. antipeſt. c. 14. Und
magſt du dein halbes Kopffſtuͤck/ den Urin
ſchauen zulaſſen/ wol ſparen. Aber da hoͤret
man offt die Patienten ſagen: Ich will heut
noch zuſehen; Wilt du aber nicht treuem
Rath folgen/ und verſteheſt die Sach beſſer/
ſo helff dir nachmals ſelbſt. Soll derohal-
ben ſchon in der 4. Stunde/ oder ſo bald
der Menſch etwas fuͤhlet/ Rath und Huͤlf-
fe ſuchen.

Ob man
ohne Me-
dicum
die
Peſt curi-
ren kan.

So gibt es auch viel Leut/ welche Gewohn-
heit haben/ wenn ihnen oder den ihrigen et-
was anſtoͤſſet/ daß ſie augenblicklich/ auch wol
zu Peſtzeiten/ uͤber des Coleri Haußbuch oder
den Gabelkofer lauffen/ oder ein Kraͤuter-
duch auffſchlagen/ und was ſie duͤnckt/ daraus
brauchen/ und bilden ihnen ein/ es ſey gar ge-

nug/
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0194" n="172"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr">Das</hi><hi rendition="#aq">XIV.</hi><hi rendition="#fr">Capitel.</hi></fw><lb/>
auch das Gifft manchmal &#x017F;o ge&#x017F;chwind ver-<lb/>
fa&#x0364;hret/ daß es nicht allerer&#x017F;t die <hi rendition="#aq">Humores</hi> an-<lb/>
greifft/ &#x017F;ondern alsbald nach dem Hertzen ey-<lb/>
let/ und ohne Verur&#x017F;achung einiger Fa&#x0364;ulung<lb/>
oder Fiebers &#x017F;tracks zu ruiniren pfleget. So<lb/>
dienen auch forder&#x017F;am&#x017F;te <hi rendition="#aq">Medicamenta,</hi> weil<lb/>
das Gifft im er&#x017F;ten Anlauff noch nicht &#x017F;o &#x017F;ehr<lb/>
zugenommen/ al&#x017F;o daß ihm Anfangs mehr<lb/>
Wider&#x017F;tand/ als wenn man gewartet ha&#x0364;tte/<lb/>
ge&#x017F;chehen und angethan werden kan. So<lb/>
&#x017F;ind endlich am Anfang die Kra&#x0364;ffte auch noch<lb/>
dauerhafft/ und ko&#x0364;nnen das Schwitzen &#x017F;amt<lb/>
andern Mitteln be&#x017F;&#x017F;er vertragen. Al&#x017F;o hei&#x017F;t<lb/>
es bey die&#x017F;er Seuche: <hi rendition="#aq">Principiis ob&#x017F;ta;</hi> und<lb/>
&#x017F;chreibt <hi rendition="#aq">Pan&#x017F;a Con&#x017F;il. antipe&#x017F;t. c.</hi> 14. Und<lb/>
mag&#x017F;t du dein halbes Kopff&#x017F;tu&#x0364;ck/ den Urin<lb/>
&#x017F;chauen zula&#x017F;&#x017F;en/ wol &#x017F;paren. Aber da ho&#x0364;ret<lb/>
man offt die Patienten &#x017F;agen: Ich will heut<lb/>
noch zu&#x017F;ehen; Wilt du aber nicht treuem<lb/>
Rath folgen/ und ver&#x017F;tehe&#x017F;t die Sach be&#x017F;&#x017F;er/<lb/>
&#x017F;o helff dir nachmals &#x017F;elb&#x017F;t. Soll derohal-<lb/>
ben &#x017F;chon in der 4. Stunde/ oder &#x017F;o bald<lb/>
der Men&#x017F;ch etwas fu&#x0364;hlet/ Rath und Hu&#x0364;lf-<lb/>
fe &#x017F;uchen.</p><lb/>
        <note place="left">Ob man<lb/>
ohne <hi rendition="#aq">Me-<lb/>
dicum</hi> die<lb/>
Pe&#x017F;t curi-<lb/>
ren kan.</note>
        <p>So gibt es auch viel Leut/ welche Gewohn-<lb/>
heit haben/ wenn ihnen oder den ihrigen et-<lb/>
was an&#x017F;to&#x0364;&#x017F;&#x017F;et/ daß &#x017F;ie augenblicklich/ auch wol<lb/>
zu Pe&#x017F;tzeiten/ u&#x0364;ber des <hi rendition="#aq">Coleri</hi> Haußbuch oder<lb/>
den Gabelkofer lauffen/ oder ein Kra&#x0364;uter-<lb/>
duch auff&#x017F;chlagen/ und was &#x017F;ie du&#x0364;nckt/ daraus<lb/>
brauchen/ und bilden ihnen ein/ es &#x017F;ey gar ge-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nug/</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[172/0194] Das XIV. Capitel. auch das Gifft manchmal ſo geſchwind ver- faͤhret/ daß es nicht allererſt die Humores an- greifft/ ſondern alsbald nach dem Hertzen ey- let/ und ohne Verurſachung einiger Faͤulung oder Fiebers ſtracks zu ruiniren pfleget. So dienen auch forderſamſte Medicamenta, weil das Gifft im erſten Anlauff noch nicht ſo ſehr zugenommen/ alſo daß ihm Anfangs mehr Widerſtand/ als wenn man gewartet haͤtte/ geſchehen und angethan werden kan. So ſind endlich am Anfang die Kraͤffte auch noch dauerhafft/ und koͤnnen das Schwitzen ſamt andern Mitteln beſſer vertragen. Alſo heiſt es bey dieſer Seuche: Principiis obſta; und ſchreibt Panſa Conſil. antipeſt. c. 14. Und magſt du dein halbes Kopffſtuͤck/ den Urin ſchauen zulaſſen/ wol ſparen. Aber da hoͤret man offt die Patienten ſagen: Ich will heut noch zuſehen; Wilt du aber nicht treuem Rath folgen/ und verſteheſt die Sach beſſer/ ſo helff dir nachmals ſelbſt. Soll derohal- ben ſchon in der 4. Stunde/ oder ſo bald der Menſch etwas fuͤhlet/ Rath und Huͤlf- fe ſuchen. So gibt es auch viel Leut/ welche Gewohn- heit haben/ wenn ihnen oder den ihrigen et- was anſtoͤſſet/ daß ſie augenblicklich/ auch wol zu Peſtzeiten/ uͤber des Coleri Haußbuch oder den Gabelkofer lauffen/ oder ein Kraͤuter- duch auffſchlagen/ und was ſie duͤnckt/ daraus brauchen/ und bilden ihnen ein/ es ſey gar ge- nug/

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/braeuner_pest_1714
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/braeuner_pest_1714/194
Zitationshilfe: Bräuner, Johann Jacob: Pest-Büchlein. Frankfurt (Main), 1714, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/braeuner_pest_1714/194>, abgerufen am 24.11.2024.