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Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708.

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des Landes Gvinea.

Jch habe aber Zeit Lebens keine so begierige und wil-
dere Leute gesehen als diese/ weil sie alles geschenckt ha-
ben wolten was sie mit Augen sahen/ und wenn man
sie etwas unglimpflich anredete/ alsofort vom Schiff
weg und nach dem Lande flohen/ so daß wir unseren
Handel ohne nachdencklichem Verlust allhie nicht füh-
ren können.

Jhre Zähne waren so spitzig und scharff als derer
Wallfische/ dahero man mir gesaget sie wären grosse
Liebhaber vom Menschenfleisch wenn sie es bekommen
könnten; so daß ich keinem Menschen rathen wolte an
Land sich zu wagen, fals er in den Magen dieser Wil-
den nicht wolte begraben seyn.

Es lässet sich sonsten das Land leichtlich erkennen/
theils wegen seiner Höhe und vielen Berge/ theils auch
insonderheit wegen seiner vier grossen Dorffschafften/
die man eine halbe Meile von einander liegen siehet.
Hinter diesem einen Ost-werts befindlichen/ stehet eine
sehr hoch hervor ragende Spitze vom Berge/ welche
gleichsam in etwas gekrümmet wieder nach unten ge-
het/ und mitten drinnen einen Fluß Nahmens S. An-
dries
führet/ der sich ins Meer ergiesset: von diesem
sagen die Mohren daß er nach Westen lauffe/ auch so
breit und tieff sey/ daß man mit Schiffen um Kauff-
mannschafft zu treiben/ darauf fahren könne/ im Fall
man vor dasigen Mohren gesichert wäre/ welche als die
ärgste Bösewicht und Schelme des gantzen Landes
auf alle vorbey fahrende aufpassen/ so daß man sich wohl
vorzusehen/ dafern man nicht von diesen Schelmen
überrumpelt und grausamlich tractiret seyn will. Nur
dieses ist zu bedauren/ und nicht weniger zu beneiden/

daß
O o 4
des Landes Gvinea.

Jch habe aber Zeit Lebens keine ſo begierige und wil-
dere Leute geſehen als dieſe/ weil ſie alles geſchenckt ha-
ben wolten was ſie mit Augen ſahen/ und wenn man
ſie etwas unglimpflich anredete/ alſofort vom Schiff
weg und nach dem Lande flohen/ ſo daß wir unſeren
Handel ohne nachdencklichem Verluſt allhie nicht fuͤh-
ren koͤnnen.

Jhre Zaͤhne waren ſo ſpitzig und ſcharff als derer
Wallfiſche/ dahero man mir geſaget ſie waͤren groſſe
Liebhaber vom Menſchenfleiſch wenn ſie es bekommen
koͤnnten; ſo daß ich keinem Menſchen rathen wolte an
Land ſich zu wagen, fals er in den Magen dieſer Wil-
den nicht wolte begraben ſeyn.

Es laͤſſet ſich ſonſten das Land leichtlich erkennen/
theils wegen ſeiner Hoͤhe und vielen Berge/ theils auch
inſonderheit wegen ſeiner vier groſſen Dorffſchafften/
die man eine halbe Meile von einander liegen ſiehet.
Hinter dieſem einen Oſt-werts befindlichen/ ſtehet eine
ſehr hoch hervor ragende Spitze vom Berge/ welche
gleichſam in etwas gekruͤmmet wieder nach unten ge-
het/ und mitten drinnen einen Fluß Nahmens S. An-
dries
fuͤhret/ der ſich ins Meer ergieſſet: von dieſem
ſagen die Mohren daß er nach Weſten lauffe/ auch ſo
breit und tieff ſey/ daß man mit Schiffen um Kauff-
mannſchafft zu treiben/ darauf fahren koͤnne/ im Fall
man vor daſigen Mohren geſichert waͤre/ welche als die
aͤrgſte Boͤſewicht und Schelme des gantzen Landes
auf alle vorbey fahrende aufpaſſen/ ſo daß man ſich wohl
vorzuſehen/ dafern man nicht von dieſen Schelmen
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dieſes iſt zu bedauren/ und nicht weniger zu beneiden/

daß
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[583/0643] des Landes Gvinea. Jch habe aber Zeit Lebens keine ſo begierige und wil- dere Leute geſehen als dieſe/ weil ſie alles geſchenckt ha- ben wolten was ſie mit Augen ſahen/ und wenn man ſie etwas unglimpflich anredete/ alſofort vom Schiff weg und nach dem Lande flohen/ ſo daß wir unſeren Handel ohne nachdencklichem Verluſt allhie nicht fuͤh- ren koͤnnen. Jhre Zaͤhne waren ſo ſpitzig und ſcharff als derer Wallfiſche/ dahero man mir geſaget ſie waͤren groſſe Liebhaber vom Menſchenfleiſch wenn ſie es bekommen koͤnnten; ſo daß ich keinem Menſchen rathen wolte an Land ſich zu wagen, fals er in den Magen dieſer Wil- den nicht wolte begraben ſeyn. Es laͤſſet ſich ſonſten das Land leichtlich erkennen/ theils wegen ſeiner Hoͤhe und vielen Berge/ theils auch inſonderheit wegen ſeiner vier groſſen Dorffſchafften/ die man eine halbe Meile von einander liegen ſiehet. Hinter dieſem einen Oſt-werts befindlichen/ ſtehet eine ſehr hoch hervor ragende Spitze vom Berge/ welche gleichſam in etwas gekruͤmmet wieder nach unten ge- het/ und mitten drinnen einen Fluß Nahmens S. An- dries fuͤhret/ der ſich ins Meer ergieſſet: von dieſem ſagen die Mohren daß er nach Weſten lauffe/ auch ſo breit und tieff ſey/ daß man mit Schiffen um Kauff- mannſchafft zu treiben/ darauf fahren koͤnne/ im Fall man vor daſigen Mohren geſichert waͤre/ welche als die aͤrgſte Boͤſewicht und Schelme des gantzen Landes auf alle vorbey fahrende aufpaſſen/ ſo daß man ſich wohl vorzuſehen/ dafern man nicht von dieſen Schelmen uͤberrumpelt und grauſamlich tractiret ſeyn will. Nur dieſes iſt zu bedauren/ und nicht weniger zu beneiden/ daß O o 4

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Zitationshilfe: Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708, S. 583. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bossmann_gvinea_1708/643>, abgerufen am 22.11.2024.