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Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708.

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des Landes Gvinea.
auch/ damit der böse Feind ihm keinen Schaden zufü-
gen könne/ hin und wieder auf die Erde gekochtes
Fleisch legen/ um denselbigen nicht zu erzürnen.

Wäre aber eine Frau zweyer Zwillinge genesen/
wird solches vor ein glückliches Zeichen angenommen/
auch alsobald dem Könige zuwissen gethan/ der sich
darauf mit allerhand musicalischen Jnstrumenten
lustig erzeiget. Weil aber der Man besorget es möch-
te seine Frau die Zwillinge nicht säugen können/ so be-
mühet er sich um eine Säugamme/ welche ihm bey ab-
gelegtem eignen Kinde/ das seinige nähren könne.

Dagegen findet sich das Widerspiel in dem eintzi-
gen Dorff Arebo des gantzen Königreichs Benin,
allwo man grausamlich umgehet mit einer solchen
Frauen; sintemahlen sowol Mutter als Kind alsofort
ums Leben gebracht/ nachgehends dem Teufel aufgeopf-
fert wird/ welcher nach ihrer Meynung in dem nechst
gelegenen Gehöltz sich aufhält; doch kan der Mann
im Fall er bemittelt ist seine Frau retten/ und an deren
Stelle eine Sclavin opfern/ vor die Kinder aber ist kei-
ne Erlösung übrig.

Jm Jahr 1699. kam eine Frau eines Mercadors
Ellaroe
oder gemeiniglich Mof genannt/ von zweyen
Kindern ins Kindbette. An statt dieser nun opferte
der Mann eine Sclavin; und habe ich nach der Zeit
diese Frau unterschiedliche mahl gesehen und gespro-
chen/ da sie bey Erblickung einiger Kinder und Erin-
nerung des armseligen Zustandes derer ihrigen sie in
häuffige Thränen sich ausliesse. Folgendes Jahr
darauf truge sich eben dergleichen zu mit eines Geist-
lichen Frauen; zwar rettete er diese/ aber seine zwey
Kinder nebst einer Sclavin opferte er mit eigener

Hand.
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des Landes Gvinea.
auch/ damit der boͤſe Feind ihm keinen Schaden zufuͤ-
gen koͤnne/ hin und wieder auf die Erde gekochtes
Fleiſch legen/ um denſelbigen nicht zu erzuͤrnen.

Waͤre aber eine Frau zweyer Zwillinge geneſen/
wird ſolches vor ein gluͤckliches Zeichen angenommen/
auch alſobald dem Koͤnige zuwiſſen gethan/ der ſich
darauf mit allerhand muſicaliſchen Jnſtrumenten
luſtig erzeiget. Weil aber der Man beſorget es moͤch-
te ſeine Frau die Zwillinge nicht ſaͤugen koͤnnen/ ſo be-
muͤhet er ſich um eine Saͤugamme/ welche ihm bey ab-
gelegtem eignen Kinde/ das ſeinige naͤhren koͤnne.

Dagegen findet ſich das Widerſpiel in dem eintzi-
gen Dorff Arebo des gantzen Koͤnigreichs Benin,
allwo man grauſamlich umgehet mit einer ſolchen
Frauen; ſintemahlen ſowol Mutter als Kind alſofort
ums Leben gebracht/ nachgehends dem Teufel aufgeopf-
fert wird/ welcher nach ihrer Meynung in dem nechſt
gelegenen Gehoͤltz ſich aufhaͤlt; doch kan der Mann
im Fall er bemittelt iſt ſeine Frau retten/ und an deren
Stelle eine Sclavin opfern/ vor die Kinder aber iſt kei-
ne Erloͤſung uͤbrig.

Jm Jahr 1699. kam eine Frau eines Mercadors
Ellaroë
oder gemeiniglich Mof genannt/ von zweyen
Kindern ins Kindbette. An ſtatt dieſer nun opferte
der Mann eine Sclavin; und habe ich nach der Zeit
dieſe Frau unterſchiedliche mahl geſehen und geſpro-
chen/ da ſie bey Erblickung einiger Kinder und Erin-
nerung des armſeligen Zuſtandes derer ihrigen ſie in
haͤuffige Thraͤnen ſich auslieſſe. Folgendes Jahr
darauf truge ſich eben dergleichen zu mit eines Geiſt-
lichen Frauen; zwar rettete er dieſe/ aber ſeine zwey
Kinder nebſt einer Sclavin opferte er mit eigener

Hand.
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[535/0595] des Landes Gvinea. auch/ damit der boͤſe Feind ihm keinen Schaden zufuͤ- gen koͤnne/ hin und wieder auf die Erde gekochtes Fleiſch legen/ um denſelbigen nicht zu erzuͤrnen. Waͤre aber eine Frau zweyer Zwillinge geneſen/ wird ſolches vor ein gluͤckliches Zeichen angenommen/ auch alſobald dem Koͤnige zuwiſſen gethan/ der ſich darauf mit allerhand muſicaliſchen Jnſtrumenten luſtig erzeiget. Weil aber der Man beſorget es moͤch- te ſeine Frau die Zwillinge nicht ſaͤugen koͤnnen/ ſo be- muͤhet er ſich um eine Saͤugamme/ welche ihm bey ab- gelegtem eignen Kinde/ das ſeinige naͤhren koͤnne. Dagegen findet ſich das Widerſpiel in dem eintzi- gen Dorff Arebo des gantzen Koͤnigreichs Benin, allwo man grauſamlich umgehet mit einer ſolchen Frauen; ſintemahlen ſowol Mutter als Kind alſofort ums Leben gebracht/ nachgehends dem Teufel aufgeopf- fert wird/ welcher nach ihrer Meynung in dem nechſt gelegenen Gehoͤltz ſich aufhaͤlt; doch kan der Mann im Fall er bemittelt iſt ſeine Frau retten/ und an deren Stelle eine Sclavin opfern/ vor die Kinder aber iſt kei- ne Erloͤſung uͤbrig. Jm Jahr 1699. kam eine Frau eines Mercadors Ellaroë oder gemeiniglich Mof genannt/ von zweyen Kindern ins Kindbette. An ſtatt dieſer nun opferte der Mann eine Sclavin; und habe ich nach der Zeit dieſe Frau unterſchiedliche mahl geſehen und geſpro- chen/ da ſie bey Erblickung einiger Kinder und Erin- nerung des armſeligen Zuſtandes derer ihrigen ſie in haͤuffige Thraͤnen ſich auslieſſe. Folgendes Jahr darauf truge ſich eben dergleichen zu mit eines Geiſt- lichen Frauen; zwar rettete er dieſe/ aber ſeine zwey Kinder nebſt einer Sclavin opferte er mit eigener Hand. L l 4

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Zitationshilfe: Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708, S. 535. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bossmann_gvinea_1708/595>, abgerufen am 22.11.2024.