Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708.

Bild:
<< vorherige Seite

Beschreibung
vorhergegangenem Verbrechen geschiehet: die meiste
Sclaven so uns zugeführet werden seynd Gefangene
im Kriege gemachet/ welche der Uberwinder als eine ge-
machte Beute verhandelt/ um seinen Vortheil zu ma-
chen. Kommen sie nun in Fida, werden sie allesamt
ins Gefängniß geleget/ nachgehends zum Verkauff
auf einen grossen Platz gantz nackend ohne einigen Un-
terscheid des Geschlechts hingestellet/ allwo sie bis zum
geringsten Glied ihres Leibes von unsern Barbierern
untersuchet/ die Gutbefundene bey Seite geführet/ an-
dre aber welchen etwas mangelt/ unter die Untaugli-
che hier Macrons genennet/ gestellet werden/ welche
entweder über 35. Jahr/ an Arm oder Beinen zerstüm-
melt/ einen Zahn verlohren/ oder Striche über die Au-
gen/ oder auch sonsten eine garstige Kranckheit am
Halse haben. Nach so gemachtem Unterscheid zwi-
schen denen guten Sclaven und denen Macrons, zäh-
let man jene/ schreibet die Nahmen auf/ derer so sie gelie-
fert/ und setzet das Wapen der Compagnie mit einem
heissen Eysen denen auf die Brust welche man ausge-
suchet/ damit man die Unsrigen von denen Englischen
und Frantzösischen Sclaven/ welche mit jener ihrem
Wapen eben so gezeichnet unterscheiden könne/ denn
sie sitzen alle zusammen in einem Gefängniß/ und daß
auch die Mohren an Statt der ausgesuchten guten
Sclaven uns keine andre geben mögen/ so sie meister-
lich gelernet haben. Jch glaube ihr werdet dieses wol
vor etwas grausames und unbarmhertziges halten/ al-
lein es ist kem ander Rath/ doch schonen wir dieselbige
insonderheit das Weiber-Volck so viel als möglich/ daß
wir das glüende Eysen nicht sehr tieff eindrücken

Sonsten braucht es gar nicht lange Zeit um diesen

Scla-

Beſchreibung
vorhergegangenem Verbrechen geſchiehet: die meiſte
Sclaven ſo uns zugefuͤhret werden ſeynd Gefangene
im Kriege gemachet/ welche der Uberwinder als eine ge-
machte Beute verhandelt/ um ſeinen Vortheil zu ma-
chen. Kommen ſie nun in Fida, werden ſie alleſamt
ins Gefaͤngniß geleget/ nachgehends zum Verkauff
auf einen groſſen Platz gantz nackend ohne einigen Un-
terſcheid des Geſchlechts hingeſtellet/ allwo ſie bis zum
geringſten Glied ihres Leibes von unſern Barbierern
unterſuchet/ die Gutbefundene bey Seite gefuͤhret/ an-
dre aber welchen etwas mangelt/ unter die Untaugli-
che hier Macrons genennet/ geſtellet werden/ welche
entweder uͤber 35. Jahr/ an Arm oder Beinen zerſtuͤm-
melt/ einen Zahn verlohren/ oder Striche uͤber die Au-
gen/ oder auch ſonſten eine garſtige Kranckheit am
Halſe haben. Nach ſo gemachtem Unterſcheid zwi-
ſchen denen guten Sclaven und denen Macrons, zaͤh-
let man jene/ ſchreibet die Nahmen auf/ derer ſo ſie gelie-
fert/ und ſetzet das Wapen der Compagnie mit einem
heiſſen Eyſen denen auf die Bruſt welche man ausge-
ſuchet/ damit man die Unſrigen von denen Engliſchen
und Frantzoͤſiſchen Sclaven/ welche mit jener ihrem
Wapen eben ſo gezeichnet unterſcheiden koͤnne/ denn
ſie ſitzen alle zuſammen in einem Gefaͤngniß/ und daß
auch die Mohren an Statt der ausgeſuchten guten
Sclaven uns keine andre geben moͤgen/ ſo ſie meiſter-
lich gelernet haben. Jch glaube ihr werdet dieſes wol
vor etwas grauſames und unbarmhertziges halten/ al-
lein es iſt kem ander Rath/ doch ſchonen wir dieſelbige
inſonderheit das Weiber-Volck ſo viel als moͤglich/ daß
wir das gluͤende Eyſen nicht ſehr tieff eindruͤcken

Sonſten braucht es gar nicht lange Zeit um dieſen

Scla-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0492" n="436"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Be&#x017F;chreibung</hi></fw><lb/>
vorhergegangenem Verbrechen ge&#x017F;chiehet: die mei&#x017F;te<lb/>
Sclaven &#x017F;o uns zugefu&#x0364;hret werden &#x017F;eynd Gefangene<lb/>
im Kriege gemachet/ welche der Uberwinder als eine ge-<lb/>
machte Beute verhandelt/ um &#x017F;einen Vortheil zu ma-<lb/>
chen. Kommen &#x017F;ie nun in <hi rendition="#aq">Fida,</hi> werden &#x017F;ie alle&#x017F;amt<lb/>
ins Gefa&#x0364;ngniß geleget/ nachgehends zum Verkauff<lb/>
auf einen gro&#x017F;&#x017F;en Platz gantz nackend ohne einigen Un-<lb/>
ter&#x017F;cheid des Ge&#x017F;chlechts hinge&#x017F;tellet/ allwo &#x017F;ie bis zum<lb/>
gering&#x017F;ten Glied ihres Leibes von un&#x017F;ern Barbierern<lb/>
unter&#x017F;uchet/ die Gutbefundene bey Seite gefu&#x0364;hret/ an-<lb/>
dre aber welchen etwas mangelt/ unter die Untaugli-<lb/>
che hier <hi rendition="#aq">Macrons</hi> genennet/ ge&#x017F;tellet werden/ welche<lb/>
entweder u&#x0364;ber 35. Jahr/ an Arm oder Beinen zer&#x017F;tu&#x0364;m-<lb/>
melt/ einen Zahn verlohren/ oder Striche u&#x0364;ber die Au-<lb/>
gen/ oder auch &#x017F;on&#x017F;ten eine gar&#x017F;tige Kranckheit am<lb/>
Hal&#x017F;e haben. Nach &#x017F;o gemachtem Unter&#x017F;cheid zwi-<lb/>
&#x017F;chen denen guten Sclaven und denen <hi rendition="#aq">Macrons,</hi> za&#x0364;h-<lb/>
let man jene/ &#x017F;chreibet die Nahmen auf/ derer &#x017F;o &#x017F;ie gelie-<lb/>
fert/ und &#x017F;etzet das Wapen der <hi rendition="#aq">Compagnie</hi> mit einem<lb/>
hei&#x017F;&#x017F;en Ey&#x017F;en denen auf die Bru&#x017F;t welche man ausge-<lb/>
&#x017F;uchet/ damit man die Un&#x017F;rigen von denen Engli&#x017F;chen<lb/>
und Frantzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen Sclaven/ welche mit jener ihrem<lb/>
Wapen eben &#x017F;o gezeichnet unter&#x017F;cheiden ko&#x0364;nne/ denn<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;itzen alle zu&#x017F;ammen in einem Gefa&#x0364;ngniß/ und daß<lb/>
auch die Mohren an Statt der ausge&#x017F;uchten guten<lb/>
Sclaven uns keine andre geben mo&#x0364;gen/ &#x017F;o &#x017F;ie mei&#x017F;ter-<lb/>
lich gelernet haben. Jch glaube ihr werdet die&#x017F;es wol<lb/>
vor etwas grau&#x017F;ames und unbarmhertziges halten/ al-<lb/>
lein es i&#x017F;t kem ander Rath/ doch &#x017F;chonen wir die&#x017F;elbige<lb/>
in&#x017F;onderheit das Weiber-Volck &#x017F;o viel als mo&#x0364;glich/ daß<lb/>
wir das glu&#x0364;ende Ey&#x017F;en nicht &#x017F;ehr tieff eindru&#x0364;cken</p><lb/>
        <p>Son&#x017F;ten braucht es gar nicht lange Zeit um die&#x017F;en<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Scla-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[436/0492] Beſchreibung vorhergegangenem Verbrechen geſchiehet: die meiſte Sclaven ſo uns zugefuͤhret werden ſeynd Gefangene im Kriege gemachet/ welche der Uberwinder als eine ge- machte Beute verhandelt/ um ſeinen Vortheil zu ma- chen. Kommen ſie nun in Fida, werden ſie alleſamt ins Gefaͤngniß geleget/ nachgehends zum Verkauff auf einen groſſen Platz gantz nackend ohne einigen Un- terſcheid des Geſchlechts hingeſtellet/ allwo ſie bis zum geringſten Glied ihres Leibes von unſern Barbierern unterſuchet/ die Gutbefundene bey Seite gefuͤhret/ an- dre aber welchen etwas mangelt/ unter die Untaugli- che hier Macrons genennet/ geſtellet werden/ welche entweder uͤber 35. Jahr/ an Arm oder Beinen zerſtuͤm- melt/ einen Zahn verlohren/ oder Striche uͤber die Au- gen/ oder auch ſonſten eine garſtige Kranckheit am Halſe haben. Nach ſo gemachtem Unterſcheid zwi- ſchen denen guten Sclaven und denen Macrons, zaͤh- let man jene/ ſchreibet die Nahmen auf/ derer ſo ſie gelie- fert/ und ſetzet das Wapen der Compagnie mit einem heiſſen Eyſen denen auf die Bruſt welche man ausge- ſuchet/ damit man die Unſrigen von denen Engliſchen und Frantzoͤſiſchen Sclaven/ welche mit jener ihrem Wapen eben ſo gezeichnet unterſcheiden koͤnne/ denn ſie ſitzen alle zuſammen in einem Gefaͤngniß/ und daß auch die Mohren an Statt der ausgeſuchten guten Sclaven uns keine andre geben moͤgen/ ſo ſie meiſter- lich gelernet haben. Jch glaube ihr werdet dieſes wol vor etwas grauſames und unbarmhertziges halten/ al- lein es iſt kem ander Rath/ doch ſchonen wir dieſelbige inſonderheit das Weiber-Volck ſo viel als moͤglich/ daß wir das gluͤende Eyſen nicht ſehr tieff eindruͤcken Sonſten braucht es gar nicht lange Zeit um dieſen Scla-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bossmann_gvinea_1708
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bossmann_gvinea_1708/492
Zitationshilfe: Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708, S. 436. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bossmann_gvinea_1708/492>, abgerufen am 22.05.2024.