Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708.

Bild:
<< vorherige Seite

Beschreibung
ihre Obere seynd sie dermassen höflich und ehrerbietig/
daß mich anfänglich nicht genung verwundern kön-
nen. Wenn irgend ein Geringer den Vornehmen
besuchet/ oder von ohngefehr auf der Strasse begegnet/
fält er alsobald auf die Knie vor ihm/ und küsset die Er-
de dreymahl/ klopffet sich hernächst ziemlich starck in
die Hand und wünschet ihm einen guten Morgen oder
guten Abend, welchem der andre entweder stehend
oder sitzende antwortet/ mit eben dergleichem wiewol
gelinderem Schlagen einen guten Tag bietet/ oder
auch fals er sehr höfflig ist/ mit diesen Worten; es ist
genung. Jnzwischen bleibet der andere so lange si-
tzen oder liegen auf der Erde/ bis dieser davon gegan-
gen/ fals er keine eilfeytige Verrichtungen hat; sonsten
er um Urlaub bittet/ und kriechende zurück gehet; sinte-
mahl es vor ein groß Verbrechen gehalten wird in
Beyseyn seines Obern zu sitzen. Mit eben dergleichen
Ehr-Bezeigung begegnet der jüngste Sohn dem äl-
teren/ die Kinder ihren Eltern/ Frauen ihren Män-
nern; keiner von diesen allen würde von seinem Oberen
etwas annehmen oder selbigen überreichen/ als auf den
Knien und mit beyden Händen; welches nicht weni-
ger ein Zeichen der Unterthänigkeit ist/ da sie auch im
Reden eine Hand vor den Mund halten/ um vermit-
telst ihres Athems den Vornehmern nicht zu incom-
modi
ren.

Wenn zwey Personen gleiches Standes einander
entgegen kommen/ fallen sie beyderseits auf die Knie/
klopffen lustig in die Hände/ und gesegnen einan-
der mit Anwünschung eines guten Morgends/ desglei-
chen auch die nachfolgende Bediente thun/ welches
nicht unangenehm zu sehen ist.

Ge-

Beſchreibung
ihre Obere ſeynd ſie dermaſſen hoͤflich und ehrerbietig/
daß mich anfaͤnglich nicht genung verwundern koͤn-
nen. Wenn irgend ein Geringer den Vornehmen
beſuchet/ oder von ohngefehr auf der Straſſe begegnet/
faͤlt er alſobald auf die Knie vor ihm/ und kuͤſſet die Er-
de dreymahl/ klopffet ſich hernaͤchſt ziemlich ſtarck in
die Hand und wuͤnſchet ihm einen guten Morgen oder
guten Abend, welchem der andre entweder ſtehend
oder ſitzende antwortet/ mit eben dergleichem wiewol
gelinderem Schlagen einen guten Tag bietet/ oder
auch fals er ſehr hoͤfflig iſt/ mit dieſen Worten; es iſt
genung. Jnzwiſchen bleibet der andere ſo lange ſi-
tzen oder liegen auf der Erde/ bis dieſer davon gegan-
gen/ fals er keine eilfeytige Verrichtungen hat; ſonſten
er um Urlaub bittet/ und kriechende zuruͤck gehet; ſinte-
mahl es vor ein groß Verbrechen gehalten wird in
Beyſeyn ſeines Obern zu ſitzen. Mit eben dergleichen
Ehr-Bezeigung begegnet der juͤngſte Sohn dem aͤl-
teren/ die Kinder ihren Eltern/ Frauen ihren Maͤn-
nern; keiner von dieſen allen wuͤrde von ſeinem Oberen
etwas annehmen oder ſelbigen uͤberreichen/ als auf den
Knien und mit beyden Haͤnden; welches nicht weni-
ger ein Zeichen der Unterthaͤnigkeit iſt/ da ſie auch im
Reden eine Hand vor den Mund halten/ um vermit-
telſt ihres Athems den Vornehmern nicht zu incom-
modi
ren.

Wenn zwey Perſonen gleiches Standes einander
entgegen kommen/ fallen ſie beyderſeits auf die Knie/
klopffen luſtig in die Haͤnde/ und geſegnen einan-
der mit Anwuͤnſchung eines guten Morgends/ desglei-
chen auch die nachfolgende Bediente thun/ welches
nicht unangenehm zu ſehen iſt.

Ge-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0462" n="406"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Be&#x017F;chreibung</hi></fw><lb/>
ihre Obere &#x017F;eynd &#x017F;ie derma&#x017F;&#x017F;en ho&#x0364;flich und ehrerbietig/<lb/>
daß mich anfa&#x0364;nglich nicht genung verwundern ko&#x0364;n-<lb/>
nen. Wenn irgend ein Geringer den Vornehmen<lb/>
be&#x017F;uchet/ oder von ohngefehr auf der Stra&#x017F;&#x017F;e begegnet/<lb/>
fa&#x0364;lt er al&#x017F;obald auf die Knie vor ihm/ und ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;et die Er-<lb/>
de dreymahl/ klopffet &#x017F;ich herna&#x0364;ch&#x017F;t ziemlich &#x017F;tarck in<lb/>
die Hand und wu&#x0364;n&#x017F;chet ihm einen guten Morgen oder<lb/>
guten Abend, welchem der andre entweder &#x017F;tehend<lb/>
oder &#x017F;itzende antwortet/ mit eben dergleichem wiewol<lb/>
gelinderem Schlagen einen guten Tag bietet/ oder<lb/>
auch fals er &#x017F;ehr ho&#x0364;fflig i&#x017F;t/ mit die&#x017F;en Worten; es i&#x017F;t<lb/>
genung. Jnzwi&#x017F;chen bleibet der andere &#x017F;o lange &#x017F;i-<lb/>
tzen oder liegen auf der Erde/ bis die&#x017F;er davon gegan-<lb/>
gen/ fals er keine eilfeytige Verrichtungen hat; &#x017F;on&#x017F;ten<lb/>
er um Urlaub bittet/ und kriechende zuru&#x0364;ck gehet; &#x017F;inte-<lb/>
mahl es vor ein groß Verbrechen gehalten wird in<lb/>
Bey&#x017F;eyn &#x017F;eines Obern zu &#x017F;itzen. Mit eben dergleichen<lb/>
Ehr-Bezeigung begegnet der ju&#x0364;ng&#x017F;te Sohn dem a&#x0364;l-<lb/>
teren/ die Kinder ihren Eltern/ Frauen ihren Ma&#x0364;n-<lb/>
nern; keiner von die&#x017F;en allen wu&#x0364;rde von &#x017F;einem Oberen<lb/>
etwas annehmen oder &#x017F;elbigen u&#x0364;berreichen/ als auf den<lb/>
Knien und mit beyden Ha&#x0364;nden; welches nicht weni-<lb/>
ger ein Zeichen der Untertha&#x0364;nigkeit i&#x017F;t/ da &#x017F;ie auch im<lb/>
Reden eine Hand vor den Mund halten/ um vermit-<lb/>
tel&#x017F;t ihres Athems den Vornehmern nicht zu <hi rendition="#aq">incom-<lb/>
modi</hi>ren.</p><lb/>
        <p>Wenn zwey Per&#x017F;onen gleiches Standes einander<lb/>
entgegen kommen/ fallen &#x017F;ie beyder&#x017F;eits auf die Knie/<lb/>
klopffen lu&#x017F;tig in die Ha&#x0364;nde/ und ge&#x017F;egnen einan-<lb/>
der mit Anwu&#x0364;n&#x017F;chung eines guten Morgends/ desglei-<lb/>
chen auch die nachfolgende Bediente thun/ welches<lb/>
nicht unangenehm zu &#x017F;ehen i&#x017F;t.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">Ge-</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[406/0462] Beſchreibung ihre Obere ſeynd ſie dermaſſen hoͤflich und ehrerbietig/ daß mich anfaͤnglich nicht genung verwundern koͤn- nen. Wenn irgend ein Geringer den Vornehmen beſuchet/ oder von ohngefehr auf der Straſſe begegnet/ faͤlt er alſobald auf die Knie vor ihm/ und kuͤſſet die Er- de dreymahl/ klopffet ſich hernaͤchſt ziemlich ſtarck in die Hand und wuͤnſchet ihm einen guten Morgen oder guten Abend, welchem der andre entweder ſtehend oder ſitzende antwortet/ mit eben dergleichem wiewol gelinderem Schlagen einen guten Tag bietet/ oder auch fals er ſehr hoͤfflig iſt/ mit dieſen Worten; es iſt genung. Jnzwiſchen bleibet der andere ſo lange ſi- tzen oder liegen auf der Erde/ bis dieſer davon gegan- gen/ fals er keine eilfeytige Verrichtungen hat; ſonſten er um Urlaub bittet/ und kriechende zuruͤck gehet; ſinte- mahl es vor ein groß Verbrechen gehalten wird in Beyſeyn ſeines Obern zu ſitzen. Mit eben dergleichen Ehr-Bezeigung begegnet der juͤngſte Sohn dem aͤl- teren/ die Kinder ihren Eltern/ Frauen ihren Maͤn- nern; keiner von dieſen allen wuͤrde von ſeinem Oberen etwas annehmen oder ſelbigen uͤberreichen/ als auf den Knien und mit beyden Haͤnden; welches nicht weni- ger ein Zeichen der Unterthaͤnigkeit iſt/ da ſie auch im Reden eine Hand vor den Mund halten/ um vermit- telſt ihres Athems den Vornehmern nicht zu incom- modiren. Wenn zwey Perſonen gleiches Standes einander entgegen kommen/ fallen ſie beyderſeits auf die Knie/ klopffen luſtig in die Haͤnde/ und geſegnen einan- der mit Anwuͤnſchung eines guten Morgends/ desglei- chen auch die nachfolgende Bediente thun/ welches nicht unangenehm zu ſehen iſt. Ge-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bossmann_gvinea_1708
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bossmann_gvinea_1708/462
Zitationshilfe: Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708, S. 406. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bossmann_gvinea_1708/462>, abgerufen am 22.11.2024.