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Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708.

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Beschreibung

Wenn eine Frau im Lande von Ante zehen Kinder
gehabt/ wird dieselbige von ihrem Mann getrennet/
und muß ein gantzes Jahr in einer kleinen Hütte woh-
nen/ da ihr alles zum Unterhalt nöthig gereichet wird;
nach Verlauff eines Jahres/ und wenn die gewöhnli-
che Ceremonien verichtet/ gehet sie wieder nach Hause/
und lebet mit ihrem Mann wie vor diesem. Jch weiß
nicht ob noch mehr Länder seyn da dieses üblich ist/ noch
weniger andre Ursachen davon zu geben/ als den gros-
sen Aberglauben/ vermittelst welchem sie glauben/ ein
grosses Unglück von sich abzuwenden/ daß ihnen sonsten
gewißlich begegnen würde.

Wenn auch eine Frau ihre monatliche Zeit bekom-
met/ muß sie nicht nur bey den Mann/ sondern auch in
keines Menschen Haus kommen/ zum wenigsten die
Nacht darinn zu bleiben. Dannenhero dieselbige an
gewissen Örten in einer kleinen Hütten zu nächst ih-
res Mannes oder Vatern Haus sich so lange aufhal-
ten muß. Die Kinder werden auch nicht beschnitten/
ausgenommen die zu Acra, und weiß ich nicht/ wo diese
Leute an die Beschneidung und an andre Gebräuche
bey ihren Weibern kommen. Von denen Juden ists
nicht wol zu glauben/ daß sie so weit solle hergeholet
seyn/ wiewol dieses von Europäern behauptet/ und
zum Beweiß-Grunde dessen/ angeführet wird/ daß un-
ter den Mohren viele Gesetze sich finden/ welche mit den
Juden eine grosse Verwandschafft haben/ als nem-
lich itzt besagte Beschneidung derer Kinder/ und bey
ihren Frauen gewöhnliche Ceremonien/ die den Mon-
den erzeigte Ehre/ wornach die Juden ihre Fest-Tage
einrichteten/ des Brudern Weib nach dessen Tode zu
heyrathen und andre Sachen mehr/ insonderheit die

mit
Beſchreibung

Wenn eine Frau im Lande von Ante zehen Kinder
gehabt/ wird dieſelbige von ihrem Mann getrennet/
und muß ein gantzes Jahr in einer kleinen Huͤtte woh-
nen/ da ihr alles zum Unterhalt noͤthig gereichet wird;
nach Verlauff eines Jahres/ und wenn die gewoͤhnli-
che Ceremonien verichtet/ gehet ſie wieder nach Hauſe/
und lebet mit ihrem Mann wie vor dieſem. Jch weiß
nicht ob noch mehr Laͤnder ſeyn da dieſes uͤblich iſt/ noch
weniger andre Urſachen davon zu geben/ als den groſ-
ſen Aberglauben/ vermittelſt welchem ſie glauben/ ein
groſſes Ungluͤck von ſich abzuwenden/ daß ihnen ſonſten
gewißlich begegnen wuͤrde.

Wenn auch eine Frau ihre monatliche Zeit bekom-
met/ muß ſie nicht nur bey den Mann/ ſondern auch in
keines Menſchen Haus kommen/ zum wenigſten die
Nacht darinn zu bleiben. Dannenhero dieſelbige an
gewiſſen Oͤrten in einer kleinen Huͤtten zu naͤchſt ih-
res Mannes oder Vatern Haus ſich ſo lange aufhal-
ten muß. Die Kinder werden auch nicht beſchnitten/
ausgenommen die zu Acra, und weiß ich nicht/ wo dieſe
Leute an die Beſchneidung und an andre Gebraͤuche
bey ihren Weibern kommen. Von denen Juden iſts
nicht wol zu glauben/ daß ſie ſo weit ſolle hergeholet
ſeyn/ wiewol dieſes von Europaͤern behauptet/ und
zum Beweiß-Grunde deſſen/ angefuͤhret wird/ daß un-
ter den Mohren viele Geſetze ſich finden/ welche mit den
Juden eine groſſe Verwandſchafft haben/ als nem-
lich itzt beſagte Beſchneidung derer Kinder/ und bey
ihren Frauen gewoͤhnliche Ceremonien/ die den Mon-
den erzeigte Ehre/ wornach die Juden ihre Feſt-Tage
einrichteten/ des Brudern Weib nach deſſen Tode zu
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[252/0296] Beſchreibung Wenn eine Frau im Lande von Ante zehen Kinder gehabt/ wird dieſelbige von ihrem Mann getrennet/ und muß ein gantzes Jahr in einer kleinen Huͤtte woh- nen/ da ihr alles zum Unterhalt noͤthig gereichet wird; nach Verlauff eines Jahres/ und wenn die gewoͤhnli- che Ceremonien verichtet/ gehet ſie wieder nach Hauſe/ und lebet mit ihrem Mann wie vor dieſem. Jch weiß nicht ob noch mehr Laͤnder ſeyn da dieſes uͤblich iſt/ noch weniger andre Urſachen davon zu geben/ als den groſ- ſen Aberglauben/ vermittelſt welchem ſie glauben/ ein groſſes Ungluͤck von ſich abzuwenden/ daß ihnen ſonſten gewißlich begegnen wuͤrde. Wenn auch eine Frau ihre monatliche Zeit bekom- met/ muß ſie nicht nur bey den Mann/ ſondern auch in keines Menſchen Haus kommen/ zum wenigſten die Nacht darinn zu bleiben. Dannenhero dieſelbige an gewiſſen Oͤrten in einer kleinen Huͤtten zu naͤchſt ih- res Mannes oder Vatern Haus ſich ſo lange aufhal- ten muß. Die Kinder werden auch nicht beſchnitten/ ausgenommen die zu Acra, und weiß ich nicht/ wo dieſe Leute an die Beſchneidung und an andre Gebraͤuche bey ihren Weibern kommen. Von denen Juden iſts nicht wol zu glauben/ daß ſie ſo weit ſolle hergeholet ſeyn/ wiewol dieſes von Europaͤern behauptet/ und zum Beweiß-Grunde deſſen/ angefuͤhret wird/ daß un- ter den Mohren viele Geſetze ſich finden/ welche mit den Juden eine groſſe Verwandſchafft haben/ als nem- lich itzt beſagte Beſchneidung derer Kinder/ und bey ihren Frauen gewoͤhnliche Ceremonien/ die den Mon- den erzeigte Ehre/ wornach die Juden ihre Feſt-Tage einrichteten/ des Brudern Weib nach deſſen Tode zu heyrathen und andre Sachen mehr/ inſonderheit die mit

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Zitationshilfe: Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bossmann_gvinea_1708/296>, abgerufen am 25.11.2024.