Borinski, Karl: Deutsche Poetik. Stuttgart, 1895.pbo_048.001 pbo_048.005 *) pbo_048.029 Vergl. Sammlung Göschen Nr. 9. Lessings antiquar. und pbo_048.030 epigrammat. Abhandlungen. Seite 3. **) pbo_048.031
Vergl. Sammlung Göschen Nr. 7. Lessings Prosa. Seite 140. pbo_048.001 pbo_048.005 *) pbo_048.029 Vergl. Sammlung Göschen Nr. 9. Lessings antiquar. und pbo_048.030 epigrammat. Abhandlungen. Seite 3. **) pbo_048.031
Vergl. Sammlung Göschen Nr. 7. Lessings Prosa. Seite 140. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0052" n="48"/> <p><lb n="pbo_048.001"/> Das macht, daß das Gewand der poetischen Rede gleichsam <lb n="pbo_048.002"/> leichter, luftiger ist, als das der Prosa, viel rascher, flüchtiger <lb n="pbo_048.003"/> und dabei tiefere Falten zu werfen vermag, im Ganzen nachgiebiger <lb n="pbo_048.004"/> gegen jede Art von Drapierung erscheint.</p> <p><lb n="pbo_048.005"/> Demgemäß liegen ihr auch die Formen der strengen <lb n="pbo_048.006"/> grammatischen Jnversion, also namentlich der <hi rendition="#g">Frage</hi> (interrogatio), <lb n="pbo_048.007"/> viel näher. Sie greift ohne viele Umstände dazu, wenn <lb n="pbo_048.008"/> sie auch keine Antwort erwartet und erwarten kann (<hi rendition="#g">rhetorische <lb n="pbo_048.009"/> Frage</hi>); sie fingiert ein Frage- und Antwortspiel <lb n="pbo_048.010"/> (<hi rendition="#g">Dialogismus</hi>) im Sprechenden selbst und erzeugt durch <lb n="pbo_048.011"/> dies alles jene eigentümliche Spannung, jene lebhafte Anteilnahme <lb n="pbo_048.012"/> am Thema, die z. B. Lessings Stil durch dies Kunstmittel <lb n="pbo_048.013"/> den trockensten Gegenständen zu Gute kommen zu lassen <lb n="pbo_048.014"/> wußte.<note corresp="PBO_048_*" place="foot" n="*)"><lb n="pbo_048.029"/> Vergl. <hi rendition="#g">Sammlung Göschen</hi> Nr. 9. Lessings antiquar. und <lb n="pbo_048.030"/> epigrammat. Abhandlungen. Seite 3.</note> „Herr Klotz soll mich eines unverzeihlichen Fehlers <lb n="pbo_048.015"/> ... überwiesen haben.... Mich eines Fehlers? Das <lb n="pbo_048.016"/> kann sehr leicht sein. Aber eines unverzeihlichen, das sollte mir <lb n="pbo_048.017"/> leid thun... Denn es wäre ja doch nur ein Fehler... Aber .. <lb n="pbo_048.018"/> worin bestand er denn nun, dieser unverzeihliche Fehler?“ <lb n="pbo_048.019"/> Oder<note corresp="PBO_048_**" place="foot" n="**)"><lb n="pbo_048.031"/> Vergl. <hi rendition="#g">Sammlung Göschen</hi> Nr. 7. Lessings Prosa. Seite 140.</note> „Sie? Herr Pastor — der Sie diesen ehrlichen Mann <lb n="pbo_048.020"/> mit Steinen verfolgen? .. Und warum? Weil dieser ehrliche <lb n="pbo_048.021"/> Mann zugleich den schriftlich gegebenen Rat eines ungenannten <lb n="pbo_048.022"/> Baumeisters, das Gebäude lieber ganz abzutragen — gebilligt? <lb n="pbo_048.023"/> unterstützt? ausführen wollen? auszuführen angefangen? Nicht <lb n="pbo_048.024"/> doch! — nur nicht unterschlagen zu dürfen geglaubt.“ Aus <lb n="pbo_048.025"/> dem gleichen Grunde scheinen ihr Störungen und Unterbrechungen <lb n="pbo_048.026"/> der regelmäßigen Wortfolge, Auslassen von Wörtern <lb n="pbo_048.027"/> und Satzteilen (<hi rendition="#g">Ellipsen</hi>), Verschweigen von Abschlüssen <lb n="pbo_048.028"/> (<hi rendition="#g">Aposiopesen</hi>) nicht nur zulässig, sondern erwünscht, um </p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [48/0052]
pbo_048.001
Das macht, daß das Gewand der poetischen Rede gleichsam pbo_048.002
leichter, luftiger ist, als das der Prosa, viel rascher, flüchtiger pbo_048.003
und dabei tiefere Falten zu werfen vermag, im Ganzen nachgiebiger pbo_048.004
gegen jede Art von Drapierung erscheint.
pbo_048.005
Demgemäß liegen ihr auch die Formen der strengen pbo_048.006
grammatischen Jnversion, also namentlich der Frage (interrogatio), pbo_048.007
viel näher. Sie greift ohne viele Umstände dazu, wenn pbo_048.008
sie auch keine Antwort erwartet und erwarten kann (rhetorische pbo_048.009
Frage); sie fingiert ein Frage- und Antwortspiel pbo_048.010
(Dialogismus) im Sprechenden selbst und erzeugt durch pbo_048.011
dies alles jene eigentümliche Spannung, jene lebhafte Anteilnahme pbo_048.012
am Thema, die z. B. Lessings Stil durch dies Kunstmittel pbo_048.013
den trockensten Gegenständen zu Gute kommen zu lassen pbo_048.014
wußte. *) „Herr Klotz soll mich eines unverzeihlichen Fehlers pbo_048.015
... überwiesen haben.... Mich eines Fehlers? Das pbo_048.016
kann sehr leicht sein. Aber eines unverzeihlichen, das sollte mir pbo_048.017
leid thun... Denn es wäre ja doch nur ein Fehler... Aber .. pbo_048.018
worin bestand er denn nun, dieser unverzeihliche Fehler?“ pbo_048.019
Oder **) „Sie? Herr Pastor — der Sie diesen ehrlichen Mann pbo_048.020
mit Steinen verfolgen? .. Und warum? Weil dieser ehrliche pbo_048.021
Mann zugleich den schriftlich gegebenen Rat eines ungenannten pbo_048.022
Baumeisters, das Gebäude lieber ganz abzutragen — gebilligt? pbo_048.023
unterstützt? ausführen wollen? auszuführen angefangen? Nicht pbo_048.024
doch! — nur nicht unterschlagen zu dürfen geglaubt.“ Aus pbo_048.025
dem gleichen Grunde scheinen ihr Störungen und Unterbrechungen pbo_048.026
der regelmäßigen Wortfolge, Auslassen von Wörtern pbo_048.027
und Satzteilen (Ellipsen), Verschweigen von Abschlüssen pbo_048.028
(Aposiopesen) nicht nur zulässig, sondern erwünscht, um
*) pbo_048.029
Vergl. Sammlung Göschen Nr. 9. Lessings antiquar. und pbo_048.030
epigrammat. Abhandlungen. Seite 3.
**) pbo_048.031
Vergl. Sammlung Göschen Nr. 7. Lessings Prosa. Seite 140.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Technische Universität Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2015-09-30T09:54:39Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: manuell (doppelt erfasst). Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja; Hervorhebungen durch Wechsel von Fraktur zu Antiqua: nicht gekennzeichnet
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |