Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Boltzmann, Ludwig: Vorlesungen über Gastheorie. Bd. 1. Leipzig, 1896.

Bild:
<< vorherige Seite

III. Abschnitt. [Gleich. 239 a]
falsch. Derselbe variirt von Punkt zu Punkt, ist an einer und
derselben Stelle in verschiedenen Richtungen verschieden und
nicht genau normal auf der gedrückten Fläche.

Wenn daher ein fester Körper ganz von dem wärme-
leitenden Gase umgeben ist, so wird er im Allgemeinen in
Bewegung gerathen, da auf seine Oberfläche nicht überall der
gleiche Druck wirkt. Maxwell hat wohl recht, wenn er hierin
die Ursache der Radiometererscheinungen erblickt. Auch kann
das Gas, wenn es einer festen Wand anliegt, nicht in Ruhe
bleiben, wenn diese nicht im Stande ist, auf das ruhende Gas
eine endliche Tangentialkraft auszuüben. Diese durch Druck-
verschiedenheiten im Innern des Gases erzeugten Bewegungen
sind nicht mit denjenigen zu verwechseln, welche durch Wirkung
der Schwere in Folge der verschiedenen Dichte des wärmeren
und kälteren Gases entstehen. Letztere Bewegungen können
bei Radiometern keine Rolle spielen, da bei denselben die
Drehungsaxe vertikal ist. Auch unsere Formeln beziehen sich
nicht auf die letzteren Bewegungen, da wir X = Y = Z = 0
setzten.


Wir haben im Bisherigen die geniale von Maxwell er-
sonnene und von Kirchhoff und anderen ebenfalls angewandte
Methode befolgt. Das Wesen derselben besteht darin, dass
sie sich von der Berechnung der Function f (x, y, z, x, e, z, t),
welche die Geschwindigkeitsvertheilung bestimmt, ganz unab-
hängig macht. Es gibt noch eine andere Methode, welche in-
sofern den entgegengesetzten Weg einschlägt, dass sie gerade
von der Berechnung dieser Function ausgeht. Obwohl letztere
Methode gar keine Beachtung gefunden hat, will ich doch
hier in wenigen Worten auf dieselbe eingehen, da wir zur
Berechnung der Entropie gerade die Function f brauchen
werden.

Ausgangspunkt derselben ist die allgemeine Gleichung 114,
in welcher, da wir es nur mit einer Gasart zu thun haben, das
vorletzte Glied verschwindet. Schreiben wir statt der früher
benutzten Constanten a, h, u, v, w nun
[Formel 1] ,

III. Abschnitt. [Gleich. 239 a]
falsch. Derselbe variirt von Punkt zu Punkt, ist an einer und
derselben Stelle in verschiedenen Richtungen verschieden und
nicht genau normal auf der gedrückten Fläche.

Wenn daher ein fester Körper ganz von dem wärme-
leitenden Gase umgeben ist, so wird er im Allgemeinen in
Bewegung gerathen, da auf seine Oberfläche nicht überall der
gleiche Druck wirkt. Maxwell hat wohl recht, wenn er hierin
die Ursache der Radiometererscheinungen erblickt. Auch kann
das Gas, wenn es einer festen Wand anliegt, nicht in Ruhe
bleiben, wenn diese nicht im Stande ist, auf das ruhende Gas
eine endliche Tangentialkraft auszuüben. Diese durch Druck-
verschiedenheiten im Innern des Gases erzeugten Bewegungen
sind nicht mit denjenigen zu verwechseln, welche durch Wirkung
der Schwere in Folge der verschiedenen Dichte des wärmeren
und kälteren Gases entstehen. Letztere Bewegungen können
bei Radiometern keine Rolle spielen, da bei denselben die
Drehungsaxe vertikal ist. Auch unsere Formeln beziehen sich
nicht auf die letzteren Bewegungen, da wir X = Y = Z = 0
setzten.


Wir haben im Bisherigen die geniale von Maxwell er-
sonnene und von Kirchhoff und anderen ebenfalls angewandte
Methode befolgt. Das Wesen derselben besteht darin, dass
sie sich von der Berechnung der Function f (x, y, z, ξ, η, ζ, t),
welche die Geschwindigkeitsvertheilung bestimmt, ganz unab-
hängig macht. Es gibt noch eine andere Methode, welche in-
sofern den entgegengesetzten Weg einschlägt, dass sie gerade
von der Berechnung dieser Function ausgeht. Obwohl letztere
Methode gar keine Beachtung gefunden hat, will ich doch
hier in wenigen Worten auf dieselbe eingehen, da wir zur
Berechnung der Entropie gerade die Function f brauchen
werden.

Ausgangspunkt derselben ist die allgemeine Gleichung 114,
in welcher, da wir es nur mit einer Gasart zu thun haben, das
vorletzte Glied verschwindet. Schreiben wir statt der früher
benutzten Constanten a, h, u, v, w nun
[Formel 1] ,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0198" n="184"/><fw place="top" type="header">III. Abschnitt. [Gleich. 239 a]</fw><lb/>
falsch. Derselbe variirt von Punkt zu Punkt, ist an einer und<lb/>
derselben Stelle in verschiedenen Richtungen verschieden und<lb/>
nicht genau normal auf der gedrückten Fläche.</p><lb/>
          <p>Wenn daher ein fester Körper ganz von dem wärme-<lb/>
leitenden Gase umgeben ist, so wird er im Allgemeinen in<lb/>
Bewegung gerathen, da auf seine Oberfläche nicht überall der<lb/>
gleiche Druck wirkt. <hi rendition="#g">Maxwell</hi> hat wohl recht, wenn er hierin<lb/>
die Ursache der Radiometererscheinungen erblickt. Auch kann<lb/>
das Gas, wenn es einer festen Wand anliegt, nicht in Ruhe<lb/>
bleiben, wenn diese nicht im Stande ist, auf das ruhende Gas<lb/>
eine endliche Tangentialkraft auszuüben. Diese durch Druck-<lb/>
verschiedenheiten im Innern des Gases erzeugten Bewegungen<lb/>
sind nicht mit denjenigen zu verwechseln, welche durch Wirkung<lb/>
der Schwere in Folge der verschiedenen Dichte des wärmeren<lb/>
und kälteren Gases entstehen. Letztere Bewegungen können<lb/>
bei Radiometern keine Rolle spielen, da bei denselben die<lb/>
Drehungsaxe vertikal ist. Auch unsere Formeln beziehen sich<lb/>
nicht auf die letzteren Bewegungen, da wir <hi rendition="#i">X</hi> = <hi rendition="#i">Y</hi> = <hi rendition="#i">Z</hi> = 0<lb/>
setzten.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <p>Wir haben im Bisherigen die geniale von <hi rendition="#g">Maxwell</hi> er-<lb/>
sonnene und von <hi rendition="#g">Kirchhoff</hi> und anderen ebenfalls angewandte<lb/>
Methode befolgt. Das Wesen derselben besteht darin, dass<lb/>
sie sich von der Berechnung der Function <hi rendition="#i">f</hi> (<hi rendition="#i">x</hi>, <hi rendition="#i">y</hi>, <hi rendition="#i">z</hi>, <hi rendition="#i">&#x03BE;</hi>, <hi rendition="#i">&#x03B7;</hi>, <hi rendition="#i">&#x03B6;</hi>, <hi rendition="#i">t</hi>),<lb/>
welche die Geschwindigkeitsvertheilung bestimmt, ganz unab-<lb/>
hängig macht. Es gibt noch eine andere Methode, welche in-<lb/>
sofern den entgegengesetzten Weg einschlägt, dass sie gerade<lb/>
von der Berechnung dieser Function ausgeht. Obwohl letztere<lb/>
Methode gar keine Beachtung gefunden hat, will ich doch<lb/>
hier in wenigen Worten auf dieselbe eingehen, da wir zur<lb/>
Berechnung der Entropie gerade die Function <hi rendition="#i">f</hi> brauchen<lb/>
werden.</p><lb/>
          <p>Ausgangspunkt derselben ist die allgemeine Gleichung 114,<lb/>
in welcher, da wir es nur mit einer Gasart zu thun haben, das<lb/>
vorletzte Glied verschwindet. Schreiben wir statt der früher<lb/>
benutzten Constanten <hi rendition="#i">a</hi>, <hi rendition="#i">h</hi>, <hi rendition="#i">u</hi>, <hi rendition="#i">v</hi>, <hi rendition="#i">w</hi> nun<lb/><hi rendition="#c"><formula/>,</hi><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[184/0198] III. Abschnitt. [Gleich. 239 a] falsch. Derselbe variirt von Punkt zu Punkt, ist an einer und derselben Stelle in verschiedenen Richtungen verschieden und nicht genau normal auf der gedrückten Fläche. Wenn daher ein fester Körper ganz von dem wärme- leitenden Gase umgeben ist, so wird er im Allgemeinen in Bewegung gerathen, da auf seine Oberfläche nicht überall der gleiche Druck wirkt. Maxwell hat wohl recht, wenn er hierin die Ursache der Radiometererscheinungen erblickt. Auch kann das Gas, wenn es einer festen Wand anliegt, nicht in Ruhe bleiben, wenn diese nicht im Stande ist, auf das ruhende Gas eine endliche Tangentialkraft auszuüben. Diese durch Druck- verschiedenheiten im Innern des Gases erzeugten Bewegungen sind nicht mit denjenigen zu verwechseln, welche durch Wirkung der Schwere in Folge der verschiedenen Dichte des wärmeren und kälteren Gases entstehen. Letztere Bewegungen können bei Radiometern keine Rolle spielen, da bei denselben die Drehungsaxe vertikal ist. Auch unsere Formeln beziehen sich nicht auf die letzteren Bewegungen, da wir X = Y = Z = 0 setzten. Wir haben im Bisherigen die geniale von Maxwell er- sonnene und von Kirchhoff und anderen ebenfalls angewandte Methode befolgt. Das Wesen derselben besteht darin, dass sie sich von der Berechnung der Function f (x, y, z, ξ, η, ζ, t), welche die Geschwindigkeitsvertheilung bestimmt, ganz unab- hängig macht. Es gibt noch eine andere Methode, welche in- sofern den entgegengesetzten Weg einschlägt, dass sie gerade von der Berechnung dieser Function ausgeht. Obwohl letztere Methode gar keine Beachtung gefunden hat, will ich doch hier in wenigen Worten auf dieselbe eingehen, da wir zur Berechnung der Entropie gerade die Function f brauchen werden. Ausgangspunkt derselben ist die allgemeine Gleichung 114, in welcher, da wir es nur mit einer Gasart zu thun haben, das vorletzte Glied verschwindet. Schreiben wir statt der früher benutzten Constanten a, h, u, v, w nun [FORMEL],

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/boltzmann_gastheorie01_1896
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/boltzmann_gastheorie01_1896/198
Zitationshilfe: Boltzmann, Ludwig: Vorlesungen über Gastheorie. Bd. 1. Leipzig, 1896, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boltzmann_gastheorie01_1896/198>, abgerufen am 01.05.2024.