Bohse, August: Des Franzöischen Helicons Monat-Früchte. Leipzig, 1696.Des Hertzogs von Arione &c. sehr als ihr es saget/ und vielleicht nicht einmahl soviel/ als ihr soltet. Und wenn ich mich mit gewöhn- licher Aufrichtigkeit deutlicher herauslassen soll/ wär es möglich/ wann ich von euch so hoch geliebet wür- de/ daß ihr heimliche Visiten von einem Liebhaber annähmet/ den ich euch wohl ehmahls verfluchen hören? Wär es möglich/ daß ihr die eurer Einbil- dung so angenehmen Bildniße mit tausend Liebko- sungen ehretet/ und daß ihr über Brieffe Thränen sallen liesset/ die nicht von mir geschrieben sind. Aus diesem Discurs hörete Victoria wohl/ daß gege-
Des Hertzogs von Arione &c. ſehr als ihr es ſaget/ und vielleicht nicht einmahl ſoviel/ als ihr ſoltet. Und wenn ich mich mit gewoͤhn- licher Aufrichtigkeit deutlicher herauslaſſen ſoll/ waͤr es moͤglich/ wann ich von euch ſo hoch geliebet wuͤr- de/ daß ihr heimliche Viſiten von einem Liebhaber annaͤhmet/ den ich euch wohl ehmahls verfluchen hoͤren? Waͤr es moͤglich/ daß ihr die eurer Einbil- dung ſo angenehmen Bildniße mit tauſend Liebko- ſungen ehretet/ und daß ihr uͤber Brieffe Thraͤnen ſallen lieſſet/ die nicht von mir geſchrieben ſind. Aus dieſem Diſcurs hoͤrete Victoria wohl/ daß gege-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0386" n="354"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Des Hertzogs von <hi rendition="#aq">Arione &c.</hi></hi></fw><lb/> ſehr als ihr es ſaget/ und vielleicht nicht einmahl ſo<lb/> viel/ als ihr ſoltet. Und wenn ich mich mit gewoͤhn-<lb/> licher Aufrichtigkeit deutlicher herauslaſſen ſoll/ waͤr<lb/> es moͤglich/ wann ich von euch ſo hoch geliebet wuͤr-<lb/> de/ daß ihr heimliche <hi rendition="#aq">Viſite</hi>n von einem Liebhaber<lb/> annaͤhmet/ den ich euch wohl ehmahls verfluchen<lb/> hoͤren? Waͤr es moͤglich/ daß ihr die eurer Einbil-<lb/> dung ſo angenehmen Bildniße mit tauſend Liebko-<lb/> ſungen ehretet/ und daß ihr uͤber Brieffe Thraͤnen<lb/> ſallen lieſſet/ die nicht von mir geſchrieben ſind.</p><lb/> <p>Aus dieſem <hi rendition="#aq">Diſcurs</hi> hoͤrete <hi rendition="#aq">Victoria</hi> wohl/ daß<lb/> ihr Gemahl ſie den vorigen Abend belauret hatte/<lb/> wie auch/ daß er von des Reichs-Feldherrn Ver-<lb/> wegenheit Nachricht haben muͤſte; doch wie ſie ſich<lb/> leicht rechtfertigen kunte/ alſo bewoge ſie dieſer<lb/> Vorwurff gantz wenig. Jch habe den Feldherrn<lb/> geſehen/ ſagte ſie/ wie ich jedweden ſehen wuͤrde/ der<lb/> ſich ſoviel als er unternim̃t/ und der ſich durch Liſt<lb/> und Kunſt-Griffe an Oerter ſchleichet/ da man ihn<lb/> mit gutem Willen nicht gerne einlaͤſſet. Jch habe<lb/> ihn aber ſo bewillkommet/ daß er ſich dergleichen<lb/> Reiſen ins kuͤnfftige wohl wird vergehen laſſen.<lb/> Ein Bildniß habe ich gekuͤſſet/ deſſen Original ich<lb/> eintzig und allein liebe; und habe uͤber einen Brieff<lb/> geweinet/ den ich aus Beſcheidenheit euch zuruͤck<lb/> halte/ und daruͤber ihr erroͤthen ſollet/ daß ihr ſolchen<lb/> empfangen habet. Nehmet es hin/ fuhre ſie fort/ in-<lb/> dem ſie ihm ſowohl das <hi rendition="#aq">Portrait</hi> als den Brieff ga-<lb/> be/ vergnuͤget euch in beyder Anſchauen; Und was<lb/> den heimlichen Liebhaber betrifft/ ſo nehme ich <hi rendition="#aq">Zai-<lb/> den</hi> und alle diejenigen zun Zeugen/ die ihr bey mir<lb/> gelaſſen habet/ daß ſie ſagen/ was indeß vor <hi rendition="#aq">Viſite</hi>n<lb/> <fw place="bottom" type="catch">gege-</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [354/0386]
Des Hertzogs von Arione &c.
ſehr als ihr es ſaget/ und vielleicht nicht einmahl ſo
viel/ als ihr ſoltet. Und wenn ich mich mit gewoͤhn-
licher Aufrichtigkeit deutlicher herauslaſſen ſoll/ waͤr
es moͤglich/ wann ich von euch ſo hoch geliebet wuͤr-
de/ daß ihr heimliche Viſiten von einem Liebhaber
annaͤhmet/ den ich euch wohl ehmahls verfluchen
hoͤren? Waͤr es moͤglich/ daß ihr die eurer Einbil-
dung ſo angenehmen Bildniße mit tauſend Liebko-
ſungen ehretet/ und daß ihr uͤber Brieffe Thraͤnen
ſallen lieſſet/ die nicht von mir geſchrieben ſind.
Aus dieſem Diſcurs hoͤrete Victoria wohl/ daß
ihr Gemahl ſie den vorigen Abend belauret hatte/
wie auch/ daß er von des Reichs-Feldherrn Ver-
wegenheit Nachricht haben muͤſte; doch wie ſie ſich
leicht rechtfertigen kunte/ alſo bewoge ſie dieſer
Vorwurff gantz wenig. Jch habe den Feldherrn
geſehen/ ſagte ſie/ wie ich jedweden ſehen wuͤrde/ der
ſich ſoviel als er unternim̃t/ und der ſich durch Liſt
und Kunſt-Griffe an Oerter ſchleichet/ da man ihn
mit gutem Willen nicht gerne einlaͤſſet. Jch habe
ihn aber ſo bewillkommet/ daß er ſich dergleichen
Reiſen ins kuͤnfftige wohl wird vergehen laſſen.
Ein Bildniß habe ich gekuͤſſet/ deſſen Original ich
eintzig und allein liebe; und habe uͤber einen Brieff
geweinet/ den ich aus Beſcheidenheit euch zuruͤck
halte/ und daruͤber ihr erroͤthen ſollet/ daß ihr ſolchen
empfangen habet. Nehmet es hin/ fuhre ſie fort/ in-
dem ſie ihm ſowohl das Portrait als den Brieff ga-
be/ vergnuͤget euch in beyder Anſchauen; Und was
den heimlichen Liebhaber betrifft/ ſo nehme ich Zai-
den und alle diejenigen zun Zeugen/ die ihr bey mir
gelaſſen habet/ daß ſie ſagen/ was indeß vor Viſiten
gege-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDiese Ausgabe ist ein Exemplar der Zeitschrift „D… [mehr] Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |