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Bohse, August: Des Franzöischen Helicons Monat-Früchte. Leipzig, 1696.

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Die Würckungen

Diese Erklärung drunge der Gräfin biß in die
Seele. Sie hielt ihre Augen gantz niedergeschla-
gen/ aus Furcht/ wann sie sie aufhübe/ des Köni-
ges Blicken zu begegnen. Endlich bath sie Jhre
Majestät/ ihr zu erlauben/ daß sie wieder zu ihrem
Manne reisete/ und ihm die frohe Nachricht von
Gewinnung seines Processes brächte. Allein sie
kunte solches nicht erhalten.

Nachdem sie wieder allein/ hatte sie Zeit des Kö-
niges ehrerbietigen Liebe nachzusinnen. Sie schmecke-
te bey sich die gefährliche Vergnügung zu gehorsa-
men und am Hofe zu bleiben. Die Gnade so ihr der
König gethan/ und die er ins künfftige zu bezeugen
versprochen/ waren in ihrem Gedächtniß stets gegen-
wärtig. Sie hielt sich selbst vor grausam/ wann sie
mit Unempfindlichkeit einen Printzen bezahlen wol-
te/ welcher kein ander Verlangen hatte/ als nur ihr zu
gefallen/ und alles vor sie aufzuopffern.

Hingegen ware sie gantz unvergnügt/ wenn sie ge-
dachte/ mit was vor unziemlichen Traetament ihr ihr
Mann begegnet; sie hielt dahero davor/ daß sie nicht
länger verbunden/ sich ihm so gar sehr zu submitti-
ren. Doch endlich kame sie von diesen Gedancken
wieder zurück/ und schrieb an den Grafen/ wie er den
Proceß durch die Gnade des Königes erhalten/ und
möchte er doch ohne Säumniß wieder zurück nach
Paris kommen/ um seiner Majestät deswegen
Danck zu sagen; oder/ so er dieses abschlüge/ ihr
vergönnen/ daß sie alleine nach Chateau-Briant zu-
rück kehren dürffte.

Dieser Brief gibt den Grafen Anlaß zu Vergrös-
serung seiner Eyfersucht; indem er nicht anders mey-

net/
Die Wuͤrckungen

Dieſe Erklaͤrung drunge der Graͤfin biß in die
Seele. Sie hielt ihre Augen gantz niedergeſchla-
gen/ aus Furcht/ wann ſie ſie aufhuͤbe/ des Koͤni-
ges Blicken zu begegnen. Endlich bath ſie Jhre
Majeſtaͤt/ ihr zu erlauben/ daß ſie wieder zu ihrem
Manne reiſete/ und ihm die frohe Nachricht von
Gewinnung ſeines Proceſſes braͤchte. Allein ſie
kunte ſolches nicht erhalten.

Nachdem ſie wieder allein/ hatte ſie Zeit des Koͤ-
niges ehꝛerbietigen Liebe nachzuſinnen. Sie ſchmecke-
te bey ſich die gefaͤhrliche Vergnuͤgung zu gehorſa-
men und am Hofe zu bleiben. Die Gnade ſo ihr der
Koͤnig gethan/ und die er ins kuͤnfftige zu bezeugen
verſprochen/ waren in ihrem Gedaͤchtniß ſtets gegen-
waͤrtig. Sie hielt ſich ſelbſt vor grauſam/ wann ſie
mit Unempfindlichkeit einen Printzen bezahlen wol-
te/ welcher kein ander Veꝛlangen hatte/ als nur ihr zu
gefallen/ und alles vor ſie aufzuopffern.

Hingegen ware ſie gantz unvergnuͤgt/ wenn ſie ge-
dachte/ mit was vor unziemlichen Traetament ihr ihr
Mann begegnet; ſie hielt dahero davor/ daß ſie nicht
laͤnger verbunden/ ſich ihm ſo gar ſehr zu ſubmitti-
ren. Doch endlich kame ſie von dieſen Gedancken
wieder zuruͤck/ und ſchrieb an den Grafen/ wie er den
Proceß durch die Gnade des Koͤniges erhalten/ und
moͤchte er doch ohne Saͤumniß wieder zuruͤck nach
Paris kommen/ um ſeiner Majeſtaͤt deswegen
Danck zu ſagen; oder/ ſo er dieſes abſchluͤge/ ihr
vergoͤnnen/ daß ſie alleine nach Chateau-Briant zu-
ruͤck kehren duͤrffte.

Dieſer Brief gibt den Grafen Anlaß zu Vergroͤſ-
ſerung ſeiner Eyferſucht; indem er nicht anders mey-

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[162/0186] Die Wuͤrckungen Dieſe Erklaͤrung drunge der Graͤfin biß in die Seele. Sie hielt ihre Augen gantz niedergeſchla- gen/ aus Furcht/ wann ſie ſie aufhuͤbe/ des Koͤni- ges Blicken zu begegnen. Endlich bath ſie Jhre Majeſtaͤt/ ihr zu erlauben/ daß ſie wieder zu ihrem Manne reiſete/ und ihm die frohe Nachricht von Gewinnung ſeines Proceſſes braͤchte. Allein ſie kunte ſolches nicht erhalten. Nachdem ſie wieder allein/ hatte ſie Zeit des Koͤ- niges ehꝛerbietigen Liebe nachzuſinnen. Sie ſchmecke- te bey ſich die gefaͤhrliche Vergnuͤgung zu gehorſa- men und am Hofe zu bleiben. Die Gnade ſo ihr der Koͤnig gethan/ und die er ins kuͤnfftige zu bezeugen verſprochen/ waren in ihrem Gedaͤchtniß ſtets gegen- waͤrtig. Sie hielt ſich ſelbſt vor grauſam/ wann ſie mit Unempfindlichkeit einen Printzen bezahlen wol- te/ welcher kein ander Veꝛlangen hatte/ als nur ihr zu gefallen/ und alles vor ſie aufzuopffern. Hingegen ware ſie gantz unvergnuͤgt/ wenn ſie ge- dachte/ mit was vor unziemlichen Traetament ihr ihr Mann begegnet; ſie hielt dahero davor/ daß ſie nicht laͤnger verbunden/ ſich ihm ſo gar ſehr zu ſubmitti- ren. Doch endlich kame ſie von dieſen Gedancken wieder zuruͤck/ und ſchrieb an den Grafen/ wie er den Proceß durch die Gnade des Koͤniges erhalten/ und moͤchte er doch ohne Saͤumniß wieder zuruͤck nach Paris kommen/ um ſeiner Majeſtaͤt deswegen Danck zu ſagen; oder/ ſo er dieſes abſchluͤge/ ihr vergoͤnnen/ daß ſie alleine nach Chateau-Briant zu- ruͤck kehren duͤrffte. Dieſer Brief gibt den Grafen Anlaß zu Vergroͤſ- ſerung ſeiner Eyferſucht; indem er nicht anders mey- net/

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Zitationshilfe: Bohse, August: Des Franzöischen Helicons Monat-Früchte. Leipzig, 1696, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bohse_helicon_1696/186>, abgerufen am 23.11.2024.