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Bohse, August: Des Franzöischen Helicons Monat-Früchte. Leipzig, 1696.

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der Eyfersucht.
schicken lassen/ wen sie selbst zum Bothen erwehlen
wolten. Solches geschiehet; allein die Gräfin schrei-
bet an ihren Gemahl zurück: Er möchte nur alles
Bitten einstellen: denn sie einen so festen Entschluß
gefasset/ auf dem Lande allezeit zu bleiben/ daß sie
nichts dahin bringen solte/ solche Resolution zu än-
dern.

Jn diesem Stande bleiben die Sachen eine Zeit-
lang: endlich ist der Graf das Werckzeug seines ei-
genen Unglücks: Er fraget stets seinen Cammer-
diener/ ob auch noch der halbe Ring in dem Schreib-
Kästlein läge? Diesen wundert die grosse Sorgfalt
seines Herrn wegen einer Sache von so geringem
Werthe/ und weil er bey ihm viel gilt/ nimmt er die
Freyheit zu fragen/ woher Jhre Gnaden das ge-
ringe Stücklein Gold so hoch hielten? worauf der
Graf ihm eröffnet/ wie daran die Ruhe seines Le-
bens hienge: maßen seine Gemahlin nicht würde
nach Pariß kommen/ er möchte schreiben/ was er
wolte/ wenn sie nicht die Helffte dieses Ringes/ als
das Merckmahl/ daß es sein völliger Ernst wäre/ in
dem Brieffe mitgeschicket bekäme.

Dieses Geheimniß eröffnet der Cammerdiener
dem Admiral, der ihn wohl beschencket/ und ver-
spricht/ ihm davor gute Beförderung zu schaffen.
Auf sein Angeben muß auch dieser Verräther den
halben Ring aus dem Schreib-Kästlein des Gra-
fens heimlich nehmen/ und dem Admiral bringen/
der so fort durch einen Goldschmied eben dergleichen
machen läßt; welches durch des Grafens Diener
wieder an vorigen Ort geleget wird: darauf be-
schuldiget man vom neuen bey einem Banqvet den

Gra-
Februar. 1696. M

der Eyferſucht.
ſchicken laſſen/ wen ſie ſelbſt zum Bothen erwehlen
wolten. Solches geſchiehet; allein die Graͤfin ſchrei-
bet an ihren Gemahl zuruͤck: Er moͤchte nur alles
Bitten einſtellen: denn ſie einen ſo feſten Entſchluß
gefaſſet/ auf dem Lande allezeit zu bleiben/ daß ſie
nichts dahin bringen ſolte/ ſolche Reſolution zu aͤn-
dern.

Jn dieſem Stande bleiben die Sachen eine Zeit-
lang: endlich iſt der Graf das Werckzeug ſeines ei-
genen Ungluͤcks: Er fraget ſtets ſeinen Cammer-
diener/ ob auch noch der halbe Ring in dem Schreib-
Kaͤſtlein laͤge? Dieſen wundert die groſſe Sorgfalt
ſeines Herꝛn wegen einer Sache von ſo geringem
Werthe/ und weil er bey ihm viel gilt/ nimmt er die
Freyheit zu fragen/ woher Jhre Gnaden das ge-
ringe Stuͤcklein Gold ſo hoch hielten? worauf der
Graf ihm eroͤffnet/ wie daran die Ruhe ſeines Le-
bens hienge: maßen ſeine Gemahlin nicht wuͤrde
nach Pariß kommen/ er moͤchte ſchreiben/ was er
wolte/ wenn ſie nicht die Helffte dieſes Ringes/ als
das Merckmahl/ daß es ſein voͤlliger Ernſt waͤre/ in
dem Brieffe mitgeſchicket bekaͤme.

Dieſes Geheimniß eroͤffnet der Cammerdiener
dem Admiral, der ihn wohl beſchencket/ und ver-
ſpricht/ ihm davor gute Befoͤrderung zu ſchaffen.
Auf ſein Angeben muß auch dieſer Verraͤther den
halben Ring aus dem Schreib-Kaͤſtlein des Gra-
fens heimlich nehmen/ und dem Admiral bringen/
der ſo fort durch einen Goldſchmied eben dergleichen
machen laͤßt; welches durch des Grafens Diener
wieder an vorigen Ort geleget wird: darauf be-
ſchuldiget man vom neuen bey einem Banqvet den

Gra-
Februar. 1696. M
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[157/0181] der Eyferſucht. ſchicken laſſen/ wen ſie ſelbſt zum Bothen erwehlen wolten. Solches geſchiehet; allein die Graͤfin ſchrei- bet an ihren Gemahl zuruͤck: Er moͤchte nur alles Bitten einſtellen: denn ſie einen ſo feſten Entſchluß gefaſſet/ auf dem Lande allezeit zu bleiben/ daß ſie nichts dahin bringen ſolte/ ſolche Reſolution zu aͤn- dern. Jn dieſem Stande bleiben die Sachen eine Zeit- lang: endlich iſt der Graf das Werckzeug ſeines ei- genen Ungluͤcks: Er fraget ſtets ſeinen Cammer- diener/ ob auch noch der halbe Ring in dem Schreib- Kaͤſtlein laͤge? Dieſen wundert die groſſe Sorgfalt ſeines Herꝛn wegen einer Sache von ſo geringem Werthe/ und weil er bey ihm viel gilt/ nimmt er die Freyheit zu fragen/ woher Jhre Gnaden das ge- ringe Stuͤcklein Gold ſo hoch hielten? worauf der Graf ihm eroͤffnet/ wie daran die Ruhe ſeines Le- bens hienge: maßen ſeine Gemahlin nicht wuͤrde nach Pariß kommen/ er moͤchte ſchreiben/ was er wolte/ wenn ſie nicht die Helffte dieſes Ringes/ als das Merckmahl/ daß es ſein voͤlliger Ernſt waͤre/ in dem Brieffe mitgeſchicket bekaͤme. Dieſes Geheimniß eroͤffnet der Cammerdiener dem Admiral, der ihn wohl beſchencket/ und ver- ſpricht/ ihm davor gute Befoͤrderung zu ſchaffen. Auf ſein Angeben muß auch dieſer Verraͤther den halben Ring aus dem Schreib-Kaͤſtlein des Gra- fens heimlich nehmen/ und dem Admiral bringen/ der ſo fort durch einen Goldſchmied eben dergleichen machen laͤßt; welches durch des Grafens Diener wieder an vorigen Ort geleget wird: darauf be- ſchuldiget man vom neuen bey einem Banqvet den Gra- Februar. 1696. M

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Zitationshilfe: Bohse, August: Des Franzöischen Helicons Monat-Früchte. Leipzig, 1696, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bohse_helicon_1696/181>, abgerufen am 24.11.2024.