Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bohse, August: Des Franzöischen Helicons Monat-Früchte. Leipzig, 1696.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Würckungen
ster Gemüths-Verwirrung/ daß sie auf keine Zeile
recht achtung giebet/ und kan sich zuletzt/ weil sie gantz
aus sich selbst gesetzt/ der Thränen nicht enthalten.

Jhr Mann fraget sie/ was ihr fehle: Sie umar-
met ihn weinend/ und saget mit einem beweglichen
Seufzer: daß die Zärtlichkeit des Geblüts diese
Thränen wegen ihres Bruders/ der an sie geschrie-
ben/ hervor zöge.

Der Graf giebt ihr Trost; daß ihn der Himmel
auch in dieser neuen Expedition in seinem Schutz
nehmen würde/ weil er ihn aus so manchen Gefähr-
lichkeiten gerissen. Dieses saget er darum/ weil ihn
Monsieur Lautree geschrieben/ daß der König den
Titul des Herzogs von Milano angenommen/ und
mit seiner Armee persönlich aufbrechen würde/ um
solches Herzogthum wieder an sich zu bringen; also
er diesem Zuge gleichfalls beywohnen müste.

Francisca nimmt diese Nachricht aufmercksam
an/ weil sie zuvor in Durchlesung ihres Briefes kei-
ne acht darauf gehabt. Und sie fasset gleich daraus
den Vortheil/ daß wenn sie hinführo nicht vermö-
gend genug wäre/ ihre Liebes-Flammen gäntzlich
auszulöschen/ sie doch ihre Gemüths-Unruhe mit der
Furcht würde entschuldigen können/ daß ihrem Bru-
der bey der Armee was übels begegnen möchte.

Doch bemühete sie sich/ das Andencken des Kö-
niges gantz aus ihrem Hertzen zu verbannen; und
will auch ihren Augen alle Gelegenheit entziehen/
welche ihr die Erinnerung dieses von ihr so hefftig
geliebten Printzen geben könte. Weil sie nun in
ihrem Gemach gleich gegen der Thüre über sein
Bildniß stehen hat/ nimt sie solches herunter/ und

will

Die Wuͤrckungen
ſter Gemuͤths-Verwirrung/ daß ſie auf keine Zeile
recht achtung giebet/ und kan ſich zuletzt/ weil ſie gantz
aus ſich ſelbſt geſetzt/ der Thraͤnen nicht enthalten.

Jhr Mann fraget ſie/ was ihr fehle: Sie umar-
met ihn weinend/ und ſaget mit einem beweglichen
Seufzer: daß die Zaͤrtlichkeit des Gebluͤts dieſe
Thraͤnen wegen ihres Bruders/ der an ſie geſchrie-
ben/ hervor zoͤge.

Der Graf giebt ihr Troſt; daß ihn der Himmel
auch in dieſer neuen Expedition in ſeinem Schutz
nehmen wuͤrde/ weil er ihn aus ſo manchen Gefaͤhr-
lichkeiten geriſſen. Dieſes ſaget er darum/ weil ihn
Monſieur Lautree geſchrieben/ daß der Koͤnig den
Titul des Herzogs von Milano angenommen/ und
mit ſeiner Armee perſoͤnlich aufbrechen wuͤrde/ um
ſolches Herzogthum wieder an ſich zu bringen; alſo
er dieſem Zuge gleichfalls beywohnen muͤſte.

Franciſca nim̃t dieſe Nachricht aufmerckſam
an/ weil ſie zuvor in Durchleſung ihres Briefes kei-
ne acht darauf gehabt. Und ſie faſſet gleich daraus
den Vortheil/ daß wenn ſie hinfuͤhro nicht vermoͤ-
gend genug waͤre/ ihre Liebes-Flammen gaͤntzlich
auszuloͤſchen/ ſie doch ihre Gemuͤths-Unruhe mit der
Furcht wuͤrde entſchuldigen koͤnnen/ daß ihrem Bru-
der bey der Armee was uͤbels begegnen moͤchte.

Doch bemuͤhete ſie ſich/ das Andencken des Koͤ-
niges gantz aus ihrem Hertzen zu verbannen; und
will auch ihren Augen alle Gelegenheit entziehen/
welche ihr die Erinnerung dieſes von ihr ſo hefftig
geliebten Printzen geben koͤnte. Weil ſie nun in
ihrem Gemach gleich gegen der Thuͤre uͤber ſein
Bildniß ſtehen hat/ nimt ſie ſolches herunter/ und

will
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0176" n="152"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Die Wu&#x0364;rckungen</hi></fw><lb/>
&#x017F;ter Gemu&#x0364;ths-Verwirrung/ daß &#x017F;ie auf keine Zeile<lb/>
recht achtung giebet/ und kan &#x017F;ich zuletzt/ weil &#x017F;ie gantz<lb/>
aus &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t ge&#x017F;etzt/ der Thra&#x0364;nen nicht enthalten.</p><lb/>
          <p>Jhr Mann fraget &#x017F;ie/ was ihr fehle: Sie umar-<lb/>
met ihn weinend/ und &#x017F;aget mit einem beweglichen<lb/>
Seufzer: daß die Za&#x0364;rtlichkeit des Geblu&#x0364;ts die&#x017F;e<lb/>
Thra&#x0364;nen wegen ihres Bruders/ der an &#x017F;ie ge&#x017F;chrie-<lb/>
ben/ hervor zo&#x0364;ge.</p><lb/>
          <p>Der Graf giebt ihr Tro&#x017F;t; daß ihn der Himmel<lb/>
auch in die&#x017F;er neuen <hi rendition="#aq">Expedition</hi> in &#x017F;einem Schutz<lb/>
nehmen wu&#x0364;rde/ weil er ihn aus &#x017F;o manchen Gefa&#x0364;hr-<lb/>
lichkeiten geri&#x017F;&#x017F;en. Die&#x017F;es &#x017F;aget er darum/ weil ihn<lb/><hi rendition="#aq">Mon&#x017F;ieur Lautree</hi> ge&#x017F;chrieben/ daß der Ko&#x0364;nig den<lb/>
Titul des Herzogs von <hi rendition="#aq">Milano</hi> angenommen/ und<lb/>
mit &#x017F;einer Armee per&#x017F;o&#x0364;nlich aufbrechen wu&#x0364;rde/ um<lb/>
&#x017F;olches Herzogthum wieder an &#x017F;ich zu bringen; al&#x017F;o<lb/>
er die&#x017F;em Zuge gleichfalls beywohnen mu&#x0364;&#x017F;te.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#aq">Franci&#x017F;ca</hi> nim&#x0303;t die&#x017F;e Nachricht aufmerck&#x017F;am<lb/>
an/ weil &#x017F;ie zuvor in Durchle&#x017F;ung ihres Briefes kei-<lb/>
ne acht darauf gehabt. Und &#x017F;ie fa&#x017F;&#x017F;et gleich daraus<lb/>
den Vortheil/ daß wenn &#x017F;ie hinfu&#x0364;hro nicht vermo&#x0364;-<lb/>
gend genug wa&#x0364;re/ ihre Liebes-Flammen ga&#x0364;ntzlich<lb/>
auszulo&#x0364;&#x017F;chen/ &#x017F;ie doch ihre Gemu&#x0364;ths-Unruhe mit der<lb/>
Furcht wu&#x0364;rde ent&#x017F;chuldigen ko&#x0364;nnen/ daß ihrem Bru-<lb/>
der bey der Armee was u&#x0364;bels begegnen mo&#x0364;chte.</p><lb/>
          <p>Doch bemu&#x0364;hete &#x017F;ie &#x017F;ich/ das Andencken des Ko&#x0364;-<lb/>
niges gantz aus ihrem Hertzen zu verbannen; und<lb/>
will auch ihren Augen alle Gelegenheit entziehen/<lb/>
welche ihr die Erinnerung die&#x017F;es von ihr &#x017F;o hefftig<lb/>
geliebten Printzen geben ko&#x0364;nte. Weil &#x017F;ie nun in<lb/>
ihrem Gemach gleich gegen der Thu&#x0364;re u&#x0364;ber &#x017F;ein<lb/>
Bildniß &#x017F;tehen hat/ nimt &#x017F;ie &#x017F;olches herunter/ und<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">will</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[152/0176] Die Wuͤrckungen ſter Gemuͤths-Verwirrung/ daß ſie auf keine Zeile recht achtung giebet/ und kan ſich zuletzt/ weil ſie gantz aus ſich ſelbſt geſetzt/ der Thraͤnen nicht enthalten. Jhr Mann fraget ſie/ was ihr fehle: Sie umar- met ihn weinend/ und ſaget mit einem beweglichen Seufzer: daß die Zaͤrtlichkeit des Gebluͤts dieſe Thraͤnen wegen ihres Bruders/ der an ſie geſchrie- ben/ hervor zoͤge. Der Graf giebt ihr Troſt; daß ihn der Himmel auch in dieſer neuen Expedition in ſeinem Schutz nehmen wuͤrde/ weil er ihn aus ſo manchen Gefaͤhr- lichkeiten geriſſen. Dieſes ſaget er darum/ weil ihn Monſieur Lautree geſchrieben/ daß der Koͤnig den Titul des Herzogs von Milano angenommen/ und mit ſeiner Armee perſoͤnlich aufbrechen wuͤrde/ um ſolches Herzogthum wieder an ſich zu bringen; alſo er dieſem Zuge gleichfalls beywohnen muͤſte. Franciſca nim̃t dieſe Nachricht aufmerckſam an/ weil ſie zuvor in Durchleſung ihres Briefes kei- ne acht darauf gehabt. Und ſie faſſet gleich daraus den Vortheil/ daß wenn ſie hinfuͤhro nicht vermoͤ- gend genug waͤre/ ihre Liebes-Flammen gaͤntzlich auszuloͤſchen/ ſie doch ihre Gemuͤths-Unruhe mit der Furcht wuͤrde entſchuldigen koͤnnen/ daß ihrem Bru- der bey der Armee was uͤbels begegnen moͤchte. Doch bemuͤhete ſie ſich/ das Andencken des Koͤ- niges gantz aus ihrem Hertzen zu verbannen; und will auch ihren Augen alle Gelegenheit entziehen/ welche ihr die Erinnerung dieſes von ihr ſo hefftig geliebten Printzen geben koͤnte. Weil ſie nun in ihrem Gemach gleich gegen der Thuͤre uͤber ſein Bildniß ſtehen hat/ nimt ſie ſolches herunter/ und will

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Diese Ausgabe ist ein Exemplar der Zeitschrift „D… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bohse_helicon_1696
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bohse_helicon_1696/176
Zitationshilfe: Bohse, August: Des Franzöischen Helicons Monat-Früchte. Leipzig, 1696, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bohse_helicon_1696/176>, abgerufen am 06.05.2024.