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Bohse, August: Des Franzöischen Helicons Monat-Früchte. Leipzig, 1696.

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Die Würckungen
befragend/ wie es ihr am Hofe gefallen hätte? Sie
rühmet solchen/ und lobet/ mit was Gütigkeit sie
von der Königin wie auch Madame d'Angouleme
wäre tractiret worden. Endlich gestehet sie ihm/
daß sie ungern aus Pariß zöhe/ und so gar ge-
schwind sich in Bretagne gleichsam solte verban-
nen lassen.

Diese letztere Bekäntniß richtet in des Grafen
Gemüthe neuen Sturm an: doch er verbirget sol-
chen/ mit Versprechen/ sie wolten bald wieder nach
Pariß zurück kehren. Vor dißmahl aber wäre es
nöthig/ daß sie beyde nach Bretagne reiseten/ weil
doch viele ihrer Anverwandten sie zu sehen höchlich
verlangeten/ auch seine Hauß-Geschäffte solche Da-
hinkunfft erfoderten. Jndessen behält er das heim-
liche Vorhaben/ sie niemahls wieder an Hof zu las-
sen/ weil solcher ein allzu gefährlicher Ort vor eine
so junge und auf dem Lande in aller Unschuld erzoge-
nen Dame wäre.

Den Tag darauf gehet des Königes prächtiger
Einzug vor sich. Die Gräfin de Chateau-Briant
siehet selbigen nebst andern Damen zu: Und da
der König in dem vortrefflichsten Ausbutz kömmt/
erröthet ihr gantzes Gesicht/ und sie fühlet eine
sonst ungewöhnliche Regung in ihrem Hertzen.
Sie folget ihm mit den Augen/ so lange sie ihn
sehen kan/ und nachdem er aus ihrem Gesicht ge-
kommen/ verharret sie noch eine geraume Zeit in
einer tieffen Betrachtung; welche ihrer Freyheit ein
sehr gefährlich Vergnügen giebet.

Den

Die Wuͤrckungen
befragend/ wie es ihr am Hofe gefallen haͤtte? Sie
ruͤhmet ſolchen/ und lobet/ mit was Guͤtigkeit ſie
von der Koͤnigin wie auch Madame d’Angoulême
waͤre tractiret worden. Endlich geſtehet ſie ihm/
daß ſie ungern aus Pariß zoͤhe/ und ſo gar ge-
ſchwind ſich in Bretagne gleichſam ſolte verban-
nen laſſen.

Dieſe letztere Bekaͤntniß richtet in des Grafen
Gemuͤthe neuen Sturm an: doch er verbirget ſol-
chen/ mit Verſprechen/ ſie wolten bald wieder nach
Pariß zuruͤck kehren. Vor dißmahl aber waͤre es
noͤthig/ daß ſie beyde nach Bretagne reiſeten/ weil
doch viele ihrer Anverwandten ſie zu ſehen hoͤchlich
verlangeten/ auch ſeine Hauß-Geſchaͤffte ſolche Da-
hinkunfft erfoderten. Jndeſſen behaͤlt er das heim-
liche Vorhaben/ ſie niemahls wieder an Hof zu laſ-
ſen/ weil ſolcher ein allzu gefaͤhrlicher Ort vor eine
ſo junge und auf dem Lande in aller Unſchuld erzoge-
nen Dame waͤre.

Den Tag darauf gehet des Koͤniges praͤchtiger
Einzug vor ſich. Die Graͤfin de Chateau-Briant
ſiehet ſelbigen nebſt andern Damen zu: Und da
der Koͤnig in dem vortrefflichſten Ausbutz koͤmmt/
erroͤthet ihr gantzes Geſicht/ und ſie fuͤhlet eine
ſonſt ungewoͤhnliche Regung in ihrem Hertzen.
Sie folget ihm mit den Augen/ ſo lange ſie ihn
ſehen kan/ und nachdem er aus ihrem Geſicht ge-
kommen/ verharret ſie noch eine geraume Zeit in
einer tieffen Betrachtung; welche ihrer Freyheit ein
ſehr gefaͤhrlich Vergnuͤgen giebet.

Den
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[148/0172] Die Wuͤrckungen befragend/ wie es ihr am Hofe gefallen haͤtte? Sie ruͤhmet ſolchen/ und lobet/ mit was Guͤtigkeit ſie von der Koͤnigin wie auch Madame d’Angoulême waͤre tractiret worden. Endlich geſtehet ſie ihm/ daß ſie ungern aus Pariß zoͤhe/ und ſo gar ge- ſchwind ſich in Bretagne gleichſam ſolte verban- nen laſſen. Dieſe letztere Bekaͤntniß richtet in des Grafen Gemuͤthe neuen Sturm an: doch er verbirget ſol- chen/ mit Verſprechen/ ſie wolten bald wieder nach Pariß zuruͤck kehren. Vor dißmahl aber waͤre es noͤthig/ daß ſie beyde nach Bretagne reiſeten/ weil doch viele ihrer Anverwandten ſie zu ſehen hoͤchlich verlangeten/ auch ſeine Hauß-Geſchaͤffte ſolche Da- hinkunfft erfoderten. Jndeſſen behaͤlt er das heim- liche Vorhaben/ ſie niemahls wieder an Hof zu laſ- ſen/ weil ſolcher ein allzu gefaͤhrlicher Ort vor eine ſo junge und auf dem Lande in aller Unſchuld erzoge- nen Dame waͤre. Den Tag darauf gehet des Koͤniges praͤchtiger Einzug vor ſich. Die Graͤfin de Chateau-Briant ſiehet ſelbigen nebſt andern Damen zu: Und da der Koͤnig in dem vortrefflichſten Ausbutz koͤmmt/ erroͤthet ihr gantzes Geſicht/ und ſie fuͤhlet eine ſonſt ungewoͤhnliche Regung in ihrem Hertzen. Sie folget ihm mit den Augen/ ſo lange ſie ihn ſehen kan/ und nachdem er aus ihrem Geſicht ge- kommen/ verharret ſie noch eine geraume Zeit in einer tieffen Betrachtung; welche ihrer Freyheit ein ſehr gefaͤhrlich Vergnuͤgen giebet. Den

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Zitationshilfe: Bohse, August: Des Franzöischen Helicons Monat-Früchte. Leipzig, 1696, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bohse_helicon_1696/172>, abgerufen am 06.05.2024.