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Bogatzky, Carl Heinrich von: Güldenes Schatz-Kästlein der Kinder GOttes, deren Schatz im Himmel ist. Halle, 1755.

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Sie (die Liebe) suchet nicht das ihre, sie wird nicht müde, oder, sie
höret nimmer auf.
1 Cor. 13, 5. 8. Mein Vater, dis ist mein inni-
ges Flehen, daß ich dich, und den Nächsten noch recht lauter liebe. O so laß
mich deine Liebe in Christo recht erkennen und geniessen; denn wie könte ich
da hart und lieblos seyn, wenn ich am Creutze Christi und in deinem Schooß
liege und nur Gnade sauge und empfinde, wie du mich so elenden und gros-
sen Schuldner doch so innig liebest. O dis schmelze ganz mich um!

O laß bey dir nicht bloß den Schein der Liebe finden,
Indem du iedermann nur wilst gefällig seyn,
Und aller Herzen dir durch Liebe so verbinden:
Das heisset Eigen-Lieb'. Ach-geh die Einfalt ein!
Die wahre Lieb' und Treu will nicht das ihre suchen,
Nicht Menschen-Lieb' und Gunst, sie thut auch denen wohl,
Die gar nicht dankbar sind, sie segnet, die ihr fluchen,
Die sieht allein auf GOtt, und thut, was sie nur soll.
Sie liebt von Herzens-Grund, nicht nur in Wort und Minen,
Sie liebet in der That, so viel sie weiß und kan;
Man sieht sie öfters auch ganz im Verborgnen dienen:
Denn um den Ruhm der Welt ist ihr nichts mehr gethan.

Sie (die Liebe) ſuchet nicht das ihre, ſie wird nicht müde, oder, ſie
höret nimmer auf.
1 Cor. 13, 5. 8. Mein Vater, dis iſt mein inni-
ges Flehen, daß ich dich, und den Nächſten noch recht lauter liebe. O ſo laß
mich deine Liebe in Chriſto recht erkennen und genieſſen; denn wie könte ich
da hart und lieblos ſeyn, wenn ich am Creutze Chriſti und in deinem Schooß
liege und nur Gnade ſauge und empfinde, wie du mich ſo elenden und groſ-
ſen Schuldner doch ſo innig liebeſt. O dis ſchmelze ganz mich um!

O laß bey dir nicht bloß den Schein der Liebe finden,
Indem du iedermann nur wilſt gefällig ſeyn,
Und aller Herzen dir durch Liebe ſo verbinden:
Das heiſſet Eigen-Lieb’. Ach-geh die Einfalt ein!
Die wahre Lieb’ und Treu will nicht das ihre ſuchen,
Nicht Menſchen-Lieb’ und Gunſt, ſie thut auch denen wohl,
Die gar nicht dankbar ſind, ſie ſegnet, die ihr fluchen,
Die ſieht allein auf GOtt, und thut, was ſie nur ſoll.
Sie liebt von Herzens-Grund, nicht nur in Wort und Minen,
Sie liebet in der That, ſo viel ſie weiß und kan;
Man ſieht ſie öfters auch ganz im Verborgnen dienen:
Denn um den Ruhm der Welt iſt ihr nichts mehr gethan.
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[235/0247] 23. Aug. Sie (die Liebe) ſuchet nicht das ihre, ſie wird nicht müde, oder, ſie höret nimmer auf. 1 Cor. 13, 5. 8. Mein Vater, dis iſt mein inni- ges Flehen, daß ich dich, und den Nächſten noch recht lauter liebe. O ſo laß mich deine Liebe in Chriſto recht erkennen und genieſſen; denn wie könte ich da hart und lieblos ſeyn, wenn ich am Creutze Chriſti und in deinem Schooß liege und nur Gnade ſauge und empfinde, wie du mich ſo elenden und groſ- ſen Schuldner doch ſo innig liebeſt. O dis ſchmelze ganz mich um! O laß bey dir nicht bloß den Schein der Liebe finden, Indem du iedermann nur wilſt gefällig ſeyn, Und aller Herzen dir durch Liebe ſo verbinden: Das heiſſet Eigen-Lieb’. Ach-geh die Einfalt ein! Die wahre Lieb’ und Treu will nicht das ihre ſuchen, Nicht Menſchen-Lieb’ und Gunſt, ſie thut auch denen wohl, Die gar nicht dankbar ſind, ſie ſegnet, die ihr fluchen, Die ſieht allein auf GOtt, und thut, was ſie nur ſoll. Sie liebt von Herzens-Grund, nicht nur in Wort und Minen, Sie liebet in der That, ſo viel ſie weiß und kan; Man ſieht ſie öfters auch ganz im Verborgnen dienen: Denn um den Ruhm der Welt iſt ihr nichts mehr gethan.

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Zitationshilfe: Bogatzky, Carl Heinrich von: Güldenes Schatz-Kästlein der Kinder GOttes, deren Schatz im Himmel ist. Halle, 1755, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bogatzky_gueldenes_1739/247>, abgerufen am 21.11.2024.