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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 4. Offenbach, 1833.

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mein Hotel des menus-plaisirs ist viel reicher ver¬
sorgt, wie das des Königs. Wie glücklich war ich,
als ich den guten alten Kanzlei-Styl wieder sah!
Ich drückte ihn an mein Herz, ich küßte ihn. Ein
Ruf zu einem Staatsamte in Form eines Steckbrie¬
fes abgefaßt! Das Protokoll ist geschrieben "in
Gegenwart Sr. Hochwohlgeboren des wohlregierenden
jüngern Herrn Bürgermeisters Herrn Senatoris
Dris
Miltenberg; S. T. Herrn Senatoris Dris Beh¬
rends; S. T. Hofs.
des Raths, und meiner des
Actuarii Münch." Herr, wird meinem Namen
niemals vorgesetzt, sondern ich heiße immer der
Dr. Ludwig Baruch modo Boerne. Das Herr,
das sie mir gestohlen, schenkten sie dem jüngern Bür¬
germeister, so daß dieser zweimal Herr vor seinem
Namen hat. Er hätte es nicht annehmen sollen.
Heißt das wohl regieren? Ich mußte in Gegen¬
wart meiner
, des Dris Ludwig Baruch modo
Boerne
, herzlich lachen über das Polizei-Protokoll.
Es hat 57 Zeilen und nur ein einziges Punktum.
Es fängt an: "als vorkam, daß des zufolge," und
endet: "zu sistiren habe." Hat man je eine Schrift
gelesen, die anfängt: als vorkam, daß des zu¬
folge
? Konnte da je etwas Gutes daraus werden?
In der Mitte des Protokolls heißt es: Nach dem
Reichs-Deputations-Schluß von 1803, müsse ich
als Pensionir ein Amt annehmen, und nach meiner

mein Hotel des menus-plaisirs iſt viel reicher ver¬
ſorgt, wie das des Königs. Wie glücklich war ich,
als ich den guten alten Kanzlei-Styl wieder ſah!
Ich drückte ihn an mein Herz, ich küßte ihn. Ein
Ruf zu einem Staatsamte in Form eines Steckbrie¬
fes abgefaßt! Das Protokoll iſt geſchrieben „in
Gegenwart Sr. Hochwohlgeboren des wohlregierenden
jüngern Herrn Bürgermeiſters Herrn Senatoris
Dris
Miltenberg; S. T. Herrn Senatoris Dris Beh¬
rends; S. T. Hofs.
des Raths, und meiner des
Actuarii Münch.“ Herr, wird meinem Namen
niemals vorgeſetzt, ſondern ich heiße immer der
Dr. Ludwig Baruch modo Boerne. Das Herr,
das ſie mir geſtohlen, ſchenkten ſie dem jüngern Bür¬
germeiſter, ſo daß dieſer zweimal Herr vor ſeinem
Namen hat. Er hätte es nicht annehmen ſollen.
Heißt das wohl regieren? Ich mußte in Gegen¬
wart meiner
, des Dris Ludwig Baruch modo
Boerne
, herzlich lachen über das Polizei-Protokoll.
Es hat 57 Zeilen und nur ein einziges Punktum.
Es fängt an: „als vorkam, daß des zufolge,“ und
endet: „zu ſiſtiren habe.“ Hat man je eine Schrift
geleſen, die anfängt: als vorkam, daß des zu¬
folge
? Konnte da je etwas Gutes daraus werden?
In der Mitte des Protokolls heißt es: Nach dem
Reichs-Deputations-Schluß von 1803, müſſe ich
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[41/0055] mein Hotel des menus-plaisirs iſt viel reicher ver¬ ſorgt, wie das des Königs. Wie glücklich war ich, als ich den guten alten Kanzlei-Styl wieder ſah! Ich drückte ihn an mein Herz, ich küßte ihn. Ein Ruf zu einem Staatsamte in Form eines Steckbrie¬ fes abgefaßt! Das Protokoll iſt geſchrieben „in Gegenwart Sr. Hochwohlgeboren des wohlregierenden jüngern Herrn Bürgermeiſters Herrn Senatoris Dris Miltenberg; S. T. Herrn Senatoris Dris Beh¬ rends; S. T. Hofs. des Raths, und meiner des Actuarii Münch.“ Herr, wird meinem Namen niemals vorgeſetzt, ſondern ich heiße immer der Dr. Ludwig Baruch modo Boerne. Das Herr, das ſie mir geſtohlen, ſchenkten ſie dem jüngern Bür¬ germeiſter, ſo daß dieſer zweimal Herr vor ſeinem Namen hat. Er hätte es nicht annehmen ſollen. Heißt das wohl regieren? Ich mußte in Gegen¬ wart meiner, des Dris Ludwig Baruch modo Boerne, herzlich lachen über das Polizei-Protokoll. Es hat 57 Zeilen und nur ein einziges Punktum. Es fängt an: „als vorkam, daß des zufolge,“ und endet: „zu ſiſtiren habe.“ Hat man je eine Schrift geleſen, die anfängt: als vorkam, daß des zu¬ folge? Konnte da je etwas Gutes daraus werden? In der Mitte des Protokolls heißt es: Nach dem Reichs-Deputations-Schluß von 1803, müſſe ich als Penſionir ein Amt annehmen, und nach meiner

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Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 4. Offenbach, 1833, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris04_1833/55>, abgerufen am 28.04.2024.