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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 4. Offenbach, 1833.

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Vorstellung an den Senat von 19. Juli 1815,
wollte ich eines annehmen. Da ich nun zugleich
müßte und wollte, sollte ich mich sistiren, um
der frankfurter Polizei in ihrer großen Verlegenheit
auszuhelfen; denn sie könnte ohne mich länger nicht
mehr fertig werden. Ich schicke morgen dem
Dr. Reinganum das Protokoll, und bei dem können
Sie es lesen. Bringen Sie aber einige Punkte hin¬
ein, es könnte sonst ihrer Brust schaden. Sieben
und funfzig Zeilen
und ein Punktum! Es
ist gräulich
, wie Eduard Meier in Hamburg
sagt; und, was zu arg ist, ist zu arg, wie er
ebenfalls sagt; und, da muß einem die Geduld
reißen
, wie er nicht minder sagt. Sieben und
funfzig Zeilen und ein Punktum! Das ist ja noch
ärger wie Falstaffs Wirthshaus-Rechnung. Ein
Penny für Brod, und dreißig Schilling für Sekt.
O Herr Aktuarius Münch, warum haben Sie nichts
von mir profitirt? Ich war drei Jahre Ihr College,
und Sie hätten von mir lernen können, wie man
Punkte setzt, Fallen stellt, Schlingen legt.

Dem *** werde ich nicht schreiben, das habe
ich mir schon früher vorgenommen. Glauben Sie
doch ja nicht, daß mir solche Dinge Gemüthsbewe¬
gung machen. Unangenehme Berührungen von Men¬
schen weiß ich leicht zu heilen. So oft mir ein
Narr oder ein Bösewicht vorkömmt, erhebe ich ihn

Vorſtellung an den Senat von 19. Juli 1815,
wollte ich eines annehmen. Da ich nun zugleich
müßte und wollte, ſollte ich mich ſiſtiren, um
der frankfurter Polizei in ihrer großen Verlegenheit
auszuhelfen; denn ſie könnte ohne mich länger nicht
mehr fertig werden. Ich ſchicke morgen dem
Dr. Reinganum das Protokoll, und bei dem können
Sie es leſen. Bringen Sie aber einige Punkte hin¬
ein, es könnte ſonſt ihrer Bruſt ſchaden. Sieben
und funfzig Zeilen
und ein Punktum! Es
iſt gräulich
, wie Eduard Meier in Hamburg
ſagt; und, was zu arg iſt, iſt zu arg, wie er
ebenfalls ſagt; und, da muß einem die Geduld
reißen
, wie er nicht minder ſagt. Sieben und
funfzig Zeilen und ein Punktum! Das iſt ja noch
ärger wie Falſtaffs Wirthshaus-Rechnung. Ein
Penny für Brod, und dreißig Schilling für Sekt.
O Herr Aktuarius Münch, warum haben Sie nichts
von mir profitirt? Ich war drei Jahre Ihr College,
und Sie hätten von mir lernen können, wie man
Punkte ſetzt, Fallen ſtellt, Schlingen legt.

Dem *** werde ich nicht ſchreiben, das habe
ich mir ſchon früher vorgenommen. Glauben Sie
doch ja nicht, daß mir ſolche Dinge Gemüthsbewe¬
gung machen. Unangenehme Berührungen von Men¬
ſchen weiß ich leicht zu heilen. So oft mir ein
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[42/0056] Vorſtellung an den Senat von 19. Juli 1815, wollte ich eines annehmen. Da ich nun zugleich müßte und wollte, ſollte ich mich ſiſtiren, um der frankfurter Polizei in ihrer großen Verlegenheit auszuhelfen; denn ſie könnte ohne mich länger nicht mehr fertig werden. Ich ſchicke morgen dem Dr. Reinganum das Protokoll, und bei dem können Sie es leſen. Bringen Sie aber einige Punkte hin¬ ein, es könnte ſonſt ihrer Bruſt ſchaden. Sieben und funfzig Zeilen und ein Punktum! Es iſt gräulich, wie Eduard Meier in Hamburg ſagt; und, was zu arg iſt, iſt zu arg, wie er ebenfalls ſagt; und, da muß einem die Geduld reißen, wie er nicht minder ſagt. Sieben und funfzig Zeilen und ein Punktum! Das iſt ja noch ärger wie Falſtaffs Wirthshaus-Rechnung. Ein Penny für Brod, und dreißig Schilling für Sekt. O Herr Aktuarius Münch, warum haben Sie nichts von mir profitirt? Ich war drei Jahre Ihr College, und Sie hätten von mir lernen können, wie man Punkte ſetzt, Fallen ſtellt, Schlingen legt. Dem *** werde ich nicht ſchreiben, das habe ich mir ſchon früher vorgenommen. Glauben Sie doch ja nicht, daß mir ſolche Dinge Gemüthsbewe¬ gung machen. Unangenehme Berührungen von Men¬ ſchen weiß ich leicht zu heilen. So oft mir ein Narr oder ein Böſewicht vorkömmt, erhebe ich ihn

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Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 4. Offenbach, 1833, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris04_1833/56>, abgerufen am 27.04.2024.