beschloß zum Christenthume überzugehen; denn es war immer meine Neigung, es mit der schwächern und unterdrückten Parthei zu halten. Der Pfarrer wollte mich aber unter dem Namen Baruch nicht taufen, und darum nahm ich den Namen Börne an, um hiedurch das zerrissene Band mit meinem Ahn¬ herrn, dem göttlichen Bör, wieder fest zu knüpfen. Seitdem heiße ich also Börne und nicht Baruch modo Börne, wie das Frankfurter Polizei-Proto¬ koll ohne Punkte vom 5. Dez. sagt. Ich habe den Namen mit Wissen und gnädigster Erlaubniß meiner hohen Obrigkeit angenommen. Wenn ich von mir selbst spreche, heiße ich kurzweg Börne; wenn aber andere von mir sprechen, heiße ich Herr Börne. Und ich heiße mit viel größerem Rechte Herr, als irgend ein Frankfurter Senator der drei Bänke, den ältern und jüngern Bürgermeister nicht ausgenommen. Denn ich bin wahrer Herr, ich diene keinem, ich bin keiner Macht Unterthan. Ich diene nur der Wahr¬ heit und dem Rechte, ob es mich zwar nur so weit angeht, daß ich selbst es nicht zu verletzen habe. Wäre ich aber eine obrigkeitliche Person, ein Richter, ein Senator, ein Bürgermeister; wäre das Recht meiner Mitbürger meinem Schutze anvertraut und irgend eine zahnstochernde Excellenz, dem etwa einer meiner Schutzbefohlenen wegen der Form seiner Nase mißfallen, lächelte mir beim Dersert den Befehl
beſchloß zum Chriſtenthume überzugehen; denn es war immer meine Neigung, es mit der ſchwächern und unterdrückten Parthei zu halten. Der Pfarrer wollte mich aber unter dem Namen Baruch nicht taufen, und darum nahm ich den Namen Börne an, um hiedurch das zerriſſene Band mit meinem Ahn¬ herrn, dem göttlichen Bör, wieder feſt zu knüpfen. Seitdem heiße ich alſo Börne und nicht Baruch modo Börne, wie das Frankfurter Polizei-Proto¬ koll ohne Punkte vom 5. Dez. ſagt. Ich habe den Namen mit Wiſſen und gnädigſter Erlaubniß meiner hohen Obrigkeit angenommen. Wenn ich von mir ſelbſt ſpreche, heiße ich kurzweg Börne; wenn aber andere von mir ſprechen, heiße ich Herr Börne. Und ich heiße mit viel größerem Rechte Herr, als irgend ein Frankfurter Senator der drei Bänke, den ältern und jüngern Bürgermeiſter nicht ausgenommen. Denn ich bin wahrer Herr, ich diene keinem, ich bin keiner Macht Unterthan. Ich diene nur der Wahr¬ heit und dem Rechte, ob es mich zwar nur ſo weit angeht, daß ich ſelbſt es nicht zu verletzen habe. Wäre ich aber eine obrigkeitliche Perſon, ein Richter, ein Senator, ein Bürgermeiſter; wäre das Recht meiner Mitbürger meinem Schutze anvertraut und irgend eine zahnſtochernde Excellenz, dem etwa einer meiner Schutzbefohlenen wegen der Form ſeiner Naſe mißfallen, lächelte mir beim Derſert den Befehl
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beſchloß zum Chriſtenthume überzugehen; denn es
war immer meine Neigung, es mit der ſchwächern
und unterdrückten Parthei zu halten. Der Pfarrer
wollte mich aber unter dem Namen Baruch nicht
taufen, und darum nahm ich den Namen Börne an,
um hiedurch das zerriſſene Band mit meinem Ahn¬
herrn, dem göttlichen Bör, wieder feſt zu knüpfen.
Seitdem heiße ich alſo Börne und nicht Baruch
modo Börne, wie das Frankfurter Polizei-Proto¬
koll ohne Punkte vom 5. Dez. ſagt. Ich habe den
Namen mit Wiſſen und gnädigſter Erlaubniß meiner
hohen Obrigkeit angenommen. Wenn ich von mir
ſelbſt ſpreche, heiße ich kurzweg Börne; wenn aber
andere von mir ſprechen, heiße ich Herr Börne.
Und ich heiße mit viel größerem Rechte Herr, als
irgend ein Frankfurter Senator der drei Bänke, den
ältern und jüngern Bürgermeiſter nicht ausgenommen.
Denn ich bin wahrer Herr, ich diene keinem, ich bin
keiner Macht Unterthan. Ich diene nur der Wahr¬
heit und dem Rechte, ob es mich zwar nur ſo weit
angeht, daß ich ſelbſt es nicht zu verletzen habe.
Wäre ich aber eine obrigkeitliche Perſon, ein Richter,
ein Senator, ein Bürgermeiſter; wäre das Recht
meiner Mitbürger meinem Schutze anvertraut und
irgend eine zahnſtochernde Excellenz, dem etwa einer
meiner Schutzbefohlenen wegen der Form ſeiner Naſe
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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 4. Offenbach, 1833, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris04_1833/180>, abgerufen am 24.11.2024.
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