später Frankfurt erbaut wurde. Die Gegend gefiel ihm und er ließ sich da nieder. Sein Haus stand an der Stelle, wo jetzt in Sachsenhaußen die untere Mühle liegt. Nach und nach siedelten sich viele Hei¬ den und Juden dort an, und es entstand eine Stadt, die Widar nach seinem Namen nannte. Dieses zeigt auch das Wort Frankfurt ganz deutlich; denn Frank heißt im skandinavischen Wi, und furt heißt dar. Also waren es Juden, die Frankfurt gegründet, und S. T. der Herr Senator Dr. Schmitt Wohlgeboren, waren daher im größten Irrthum, als sie gegen mich, der die Rechte der Juden vertheidigte, vor einigen Jahren im Gelehrtenvereine bemerkten: die Juden könnten keine Bürger seyn in Frankfurt, weil es vor 1500 Jahren Christen gewesen, welche Frankfurt erbaut. Gerade im Gegentheile. Wenn hier die Religion ein Recht geben oder nehmen könnte, wären die Frankfurter Juden die einzigen Bürger, und die Christen wären blos Schutzchristen, welche die Juden in eine Christengasse einsperren und ihnen verbieten dürften, mehr als zwölf Ehen jährlich zu schließen, damit sie nach und nach aussterben, und den Handel der Juden nicht ganz zu Grunde richten.
Auf diese Weise ist meine früher heidnische Fa¬ milie eine jüdische geworden, und ist es geblieben bis auf den heutigen Tag. Ich aber, als im Jahre 1818 die jüdische Familie Rothschild so übermächtig wurde,
ſpäter Frankfurt erbaut wurde. Die Gegend gefiel ihm und er ließ ſich da nieder. Sein Haus ſtand an der Stelle, wo jetzt in Sachſenhaußen die untere Mühle liegt. Nach und nach ſiedelten ſich viele Hei¬ den und Juden dort an, und es entſtand eine Stadt, die Widar nach ſeinem Namen nannte. Dieſes zeigt auch das Wort Frankfurt ganz deutlich; denn Frank heißt im ſkandinaviſchen Wi, und furt heißt dar. Alſo waren es Juden, die Frankfurt gegründet, und S. T. der Herr Senator Dr. Schmitt Wohlgeboren, waren daher im größten Irrthum, als ſie gegen mich, der die Rechte der Juden vertheidigte, vor einigen Jahren im Gelehrtenvereine bemerkten: die Juden könnten keine Bürger ſeyn in Frankfurt, weil es vor 1500 Jahren Chriſten geweſen, welche Frankfurt erbaut. Gerade im Gegentheile. Wenn hier die Religion ein Recht geben oder nehmen könnte, wären die Frankfurter Juden die einzigen Bürger, und die Chriſten wären blos Schutzchriſten, welche die Juden in eine Chriſtengaſſe einſperren und ihnen verbieten dürften, mehr als zwölf Ehen jährlich zu ſchließen, damit ſie nach und nach ausſterben, und den Handel der Juden nicht ganz zu Grunde richten.
Auf dieſe Weiſe iſt meine früher heidniſche Fa¬ milie eine jüdiſche geworden, und iſt es geblieben bis auf den heutigen Tag. Ich aber, als im Jahre 1818 die jüdiſche Familie Rothſchild ſo übermächtig wurde,
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ſpäter Frankfurt erbaut wurde. Die Gegend gefiel
ihm und er ließ ſich da nieder. Sein Haus ſtand
an der Stelle, wo jetzt in Sachſenhaußen die untere
Mühle liegt. Nach und nach ſiedelten ſich viele Hei¬
den und Juden dort an, und es entſtand eine Stadt,
die Widar nach ſeinem Namen nannte. Dieſes zeigt
auch das Wort Frankfurt ganz deutlich; denn Frank
heißt im ſkandinaviſchen Wi, und furt heißt dar.
Alſo waren es Juden, die Frankfurt gegründet, und
S. T. der Herr Senator Dr. Schmitt Wohlgeboren,
waren daher im größten Irrthum, als ſie gegen mich,
der die Rechte der Juden vertheidigte, vor einigen
Jahren im Gelehrtenvereine bemerkten: die Juden
könnten keine Bürger ſeyn in Frankfurt, weil es vor
1500 Jahren Chriſten geweſen, welche Frankfurt
erbaut. Gerade im Gegentheile. Wenn hier die
Religion ein Recht geben oder nehmen könnte, wären
die Frankfurter Juden die einzigen Bürger, und die
Chriſten wären blos Schutzchriſten, welche die Juden
in eine Chriſtengaſſe einſperren und ihnen verbieten
dürften, mehr als zwölf Ehen jährlich zu ſchließen,
damit ſie nach und nach ausſterben, und den Handel
der Juden nicht ganz zu Grunde richten.
Auf dieſe Weiſe iſt meine früher heidniſche Fa¬
milie eine jüdiſche geworden, und iſt es geblieben bis
auf den heutigen Tag. Ich aber, als im Jahre 1818
die jüdiſche Familie Rothſchild ſo übermächtig wurde,
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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 4. Offenbach, 1833, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris04_1833/179>, abgerufen am 18.07.2024.
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