Philistern? -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- Nun ja, auch mit seinen Philistern. Aber ich sage Euch, es ist schwer, ein gerechter Rich¬ ter seyn!
Ihr sagt: Die Ironie bedürfe eines Gegen¬ satzes, die der meinigen fehle. Wie! Merket Ihr, was ihr fehlet, dann fehlt ihr ja nichts mehr, und merkt Ihr nichts, dann fehlt ihr wieder nichts. Ihr ja seyd selbst der Gegensatz! Soll ich Euch, breit wie Ihr seid, auf das schmale Papier hinstellen, das ja kaum für meine kleine Ironie groß genug ist? Man malet den Schatten, man malet nie das Licht. Soll ich Euch etwa loben, ein Volk loben? Seid Ihr denn mehr als Sonne und Mond? Nun, wenn die Sternkundigen von Mond und Sonne lehren, dann reden sie nicht lange und breit davon, daß Mond und Sonne leuchten -- das siehet jeder dumme Hanns -- von ihrem Schatten, ihren Flecken reden sie. Das ist, was gelernt werden muß, darin ist die Wissenschaft. Von den Tugenden der Franzosen konnte ich sprechen, denn das sind Lichtflecken. Ihr seyd ein Ganzes mit meinem Buche. Beur¬ theilt es, aber beurtheilt Euch mit, daß Ihr es nicht falsch beurtheilet. Ihr sagt: mit solchen fliegenden
Philiſtern? — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — Nun ja, auch mit ſeinen Philiſtern. Aber ich ſage Euch, es iſt ſchwer, ein gerechter Rich¬ ter ſeyn!
Ihr ſagt: Die Ironie bedürfe eines Gegen¬ ſatzes, die der meinigen fehle. Wie! Merket Ihr, was ihr fehlet, dann fehlt ihr ja nichts mehr, und merkt Ihr nichts, dann fehlt ihr wieder nichts. Ihr ja ſeyd ſelbſt der Gegenſatz! Soll ich Euch, breit wie Ihr ſeid, auf das ſchmale Papier hinſtellen, das ja kaum für meine kleine Ironie groß genug iſt? Man malet den Schatten, man malet nie das Licht. Soll ich Euch etwa loben, ein Volk loben? Seid Ihr denn mehr als Sonne und Mond? Nun, wenn die Sternkundigen von Mond und Sonne lehren, dann reden ſie nicht lange und breit davon, daß Mond und Sonne leuchten — das ſiehet jeder dumme Hanns — von ihrem Schatten, ihren Flecken reden ſie. Das iſt, was gelernt werden muß, darin iſt die Wiſſenſchaft. Von den Tugenden der Franzoſen konnte ich ſprechen, denn das ſind Lichtflecken. Ihr ſeyd ein Ganzes mit meinem Buche. Beur¬ theilt es, aber beurtheilt Euch mit, daß Ihr es nicht falſch beurtheilet. Ihr ſagt: mit ſolchen fliegenden
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Philiſtern? — — — — — — — — — — —
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— — — Nun ja, auch mit ſeinen Philiſtern.
Aber ich ſage Euch, es iſt ſchwer, ein gerechter Rich¬
ter ſeyn!
Ihr ſagt: Die Ironie bedürfe eines Gegen¬
ſatzes, die der meinigen fehle. Wie! Merket Ihr,
was ihr fehlet, dann fehlt ihr ja nichts mehr, und
merkt Ihr nichts, dann fehlt ihr wieder nichts. Ihr
ja ſeyd ſelbſt der Gegenſatz! Soll ich Euch, breit
wie Ihr ſeid, auf das ſchmale Papier hinſtellen, das
ja kaum für meine kleine Ironie groß genug iſt?
Man malet den Schatten, man malet nie das Licht.
Soll ich Euch etwa loben, ein Volk loben? Seid
Ihr denn mehr als Sonne und Mond? Nun, wenn
die Sternkundigen von Mond und Sonne lehren,
dann reden ſie nicht lange und breit davon, daß
Mond und Sonne leuchten — das ſiehet jeder dumme
Hanns — von ihrem Schatten, ihren Flecken reden
ſie. Das iſt, was gelernt werden muß, darin iſt
die Wiſſenſchaft. Von den Tugenden der Franzoſen
konnte ich ſprechen, denn das ſind Lichtflecken.
Ihr ſeyd ein Ganzes mit meinem Buche. Beur¬
theilt es, aber beurtheilt Euch mit, daß Ihr es nicht
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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 4. Offenbach, 1833, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris04_1833/157>, abgerufen am 16.02.2025.
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