nen fehlt, und wurden gleich anfänglich ihrer eigenen Freiheit müde, und suchten sich unter dem Namen ei¬ nes Komites eine Herrschaft. Ich stellte ihnen das Gefährliche einer Kommission vor; wie dann alle Bewegungen, alle Geheimnisse und Papiere in die Hände weniger kämen, wie dann leicht die Polizei Einfluß erhalte, durch wenige gewonnene Mitglieder alles leiten, alles verhindern könne; wie sie dann wisse, wo sämmtliche Papiere zu finden. Wie viel Eindruck meine Vorstellung gemacht, muß ich abwar¬ ten. Savoie hielt eine schöne Rede, die mit größerm Enthusiasmus hätte aufgenommen werden sollen. Auf Vaterland, Freiheit wurden mit mäßiger Wärme Toasts ausgebracht. Als aber -- kann ich es doch ohne Lachen kaum schreiben -- veranlaßt durch einige anwesende Polen, die Gesundheit der Polen ausge¬ bracht wurde, folgte stürmischer lauter Beifall. So sind sie! Für fremde Freiheit hellflammend, für eigne muß man sie erst einheitzen. Die hiesigen deut¬ schen Handwerker sollen sich aber vortrefflich beneh¬ men. Gestern wurde an einem ihrer Versammlungs¬ orte eine Liste aufgelegt, und gleich in den ersten Stunden waren dreißig unterschrieben. Ob man ih¬ nen zwar gesagt, der monatliche Beitrag von einem Sou sei willkommen, wollte doch keiner weniger als einen Frank unterzeichnen, und sagten dabei: gingen die Geschäfte besser, würden sie mehr geben.
nen fehlt, und wurden gleich anfänglich ihrer eigenen Freiheit müde, und ſuchten ſich unter dem Namen ei¬ nes Komités eine Herrſchaft. Ich ſtellte ihnen das Gefährliche einer Kommiſſion vor; wie dann alle Bewegungen, alle Geheimniſſe und Papiere in die Hände weniger kämen, wie dann leicht die Polizei Einfluß erhalte, durch wenige gewonnene Mitglieder alles leiten, alles verhindern könne; wie ſie dann wiſſe, wo ſämmtliche Papiere zu finden. Wie viel Eindruck meine Vorſtellung gemacht, muß ich abwar¬ ten. Savoie hielt eine ſchöne Rede, die mit größerm Enthuſiasmus hätte aufgenommen werden ſollen. Auf Vaterland, Freiheit wurden mit mäßiger Wärme Toaſts ausgebracht. Als aber — kann ich es doch ohne Lachen kaum ſchreiben — veranlaßt durch einige anweſende Polen, die Geſundheit der Polen ausge¬ bracht wurde, folgte ſtürmiſcher lauter Beifall. So ſind ſie! Für fremde Freiheit hellflammend, für eigne muß man ſie erſt einheitzen. Die hieſigen deut¬ ſchen Handwerker ſollen ſich aber vortrefflich beneh¬ men. Geſtern wurde an einem ihrer Verſammlungs¬ orte eine Liſte aufgelegt, und gleich in den erſten Stunden waren dreißig unterſchrieben. Ob man ih¬ nen zwar geſagt, der monatliche Beitrag von einem Sou ſei willkommen, wollte doch keiner weniger als einen Frank unterzeichnen, und ſagten dabei: gingen die Geſchäfte beſſer, würden ſie mehr geben.
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nen fehlt, und wurden gleich anfänglich ihrer eigenen
Freiheit müde, und ſuchten ſich unter dem Namen ei¬
nes Komités eine Herrſchaft. Ich ſtellte ihnen das
Gefährliche einer Kommiſſion vor; wie dann alle
Bewegungen, alle Geheimniſſe und Papiere in die
Hände weniger kämen, wie dann leicht die Polizei
Einfluß erhalte, durch wenige gewonnene Mitglieder
alles leiten, alles verhindern könne; wie ſie dann
wiſſe, wo ſämmtliche Papiere zu finden. Wie viel
Eindruck meine Vorſtellung gemacht, muß ich abwar¬
ten. Savoie hielt eine ſchöne Rede, die mit größerm
Enthuſiasmus hätte aufgenommen werden ſollen. Auf
Vaterland, Freiheit wurden mit mäßiger Wärme
Toaſts ausgebracht. Als aber — kann ich es doch
ohne Lachen kaum ſchreiben — veranlaßt durch einige
anweſende Polen, die Geſundheit der Polen ausge¬
bracht wurde, folgte ſtürmiſcher lauter Beifall. So
ſind ſie! Für fremde Freiheit hellflammend, für
eigne muß man ſie erſt einheitzen. Die hieſigen deut¬
ſchen Handwerker ſollen ſich aber vortrefflich beneh¬
men. Geſtern wurde an einem ihrer Verſammlungs¬
orte eine Liſte aufgelegt, und gleich in den erſten
Stunden waren dreißig unterſchrieben. Ob man ih¬
nen zwar geſagt, der monatliche Beitrag von einem
Sou ſei willkommen, wollte doch keiner weniger als
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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 4. Offenbach, 1833, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris04_1833/246>, abgerufen am 29.11.2024.
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