dem Dichter Robert in Baden-Baden. Dar¬ über verwunderte ich mich. Ich fragte ihn, ob er in Paris studire und was? Er erwiederte, daß er sich der deutschen Philosophie er¬ geben, und jetzt beschäftigt sey, ein Werk von Schelling ins Französische zu übersetzen. Er kannte die ganze philosophische Literatur der Deutschen, sogar die Werke Carove's, des Bio¬ graphen Gottes. Im nächsten Frühling will er nach München gehen. Also das war's! Es ist nicht nöthig, daß ich mich darüber auslasse; ich habe das schon oft besprochen. Als ich ihm einmal Salat präsentirt, der noch nicht ange¬ macht war, dachte ich: Als deutscher Philosoph hätte er es vielleicht gar nicht bemerkt.
Beim Desert wurden wie üblich Toasts aus¬ gebracht. Zuerst: a l'union des peuples! Dann wurden alle Völker durchgetrunken. Zuerst die Polen. Herr Jüllien kündigte an, die Gesell¬ schaft würde den Generalen Romarino, Langer¬
III. 18
dem Dichter Robert in Baden-Baden. Dar¬ uͤber verwunderte ich mich. Ich fragte ihn, ob er in Paris ſtudire und was? Er erwiederte, daß er ſich der deutſchen Philoſophie er¬ geben, und jetzt beſchaͤftigt ſey, ein Werk von Schelling ins Franzoͤſiſche zu uͤberſetzen. Er kannte die ganze philoſophiſche Literatur der Deutſchen, ſogar die Werke Carove's, des Bio¬ graphen Gottes. Im naͤchſten Fruͤhling will er nach Muͤnchen gehen. Alſo das war's! Es iſt nicht noͤthig, daß ich mich daruͤber auslaſſe; ich habe das ſchon oft beſprochen. Als ich ihm einmal Salat praͤſentirt, der noch nicht ange¬ macht war, dachte ich: Als deutſcher Philoſoph haͤtte er es vielleicht gar nicht bemerkt.
Beim Deſert wurden wie uͤblich Toaſts aus¬ gebracht. Zuerſt: â l'union des peuples! Dann wurden alle Voͤlker durchgetrunken. Zuerſt die Polen. Herr Juͤllien kuͤndigte an, die Geſell¬ ſchaft wuͤrde den Generalen Romarino, Langer¬
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dem Dichter Robert in Baden-Baden. Dar¬
uͤber verwunderte ich mich. Ich fragte ihn, ob
er in Paris ſtudire und was? Er erwiederte,
daß er ſich der deutſchen Philoſophie er¬
geben, und jetzt beſchaͤftigt ſey, ein Werk von
Schelling ins Franzoͤſiſche zu uͤberſetzen. Er
kannte die ganze philoſophiſche Literatur der
Deutſchen, ſogar die Werke Carove's, des Bio¬
graphen Gottes. Im naͤchſten Fruͤhling will er
nach Muͤnchen gehen. Alſo das war's! Es
iſt nicht noͤthig, daß ich mich daruͤber auslaſſe;
ich habe das ſchon oft beſprochen. Als ich ihm
einmal Salat praͤſentirt, der noch nicht ange¬
macht war, dachte ich: Als deutſcher Philoſoph
haͤtte er es vielleicht gar nicht bemerkt.
Beim Deſert wurden wie uͤblich Toaſts aus¬
gebracht. Zuerſt: â l'union des peuples! Dann
wurden alle Voͤlker durchgetrunken. Zuerſt die
Polen. Herr Juͤllien kuͤndigte an, die Geſell¬
ſchaft wuͤrde den Generalen Romarino, Langer¬
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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 3. Paris, 1833, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris03_1833/287>, abgerufen am 22.11.2024.
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