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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 3. Paris, 1833.

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unglücklich zu wissen, sondern die, um ruhig zu
sterben, die Zuversicht mit in das Grab nehmen
wollen, daß auch die kommenden Geschlechter
zu Grunde gehen werden -- entziehen dem Han¬
del und den Gewerben fast alle Kapitalien, und
nachdem sie dieses Verderben gestiftet, bleiben
sie, zu noch größerem Verderben, unbesteuert,
und was dadurch der Staat an Einkommen ver¬
liert, wird von dem armen Rest der Gewerbe
verlangt. Der reiche Fabrikant hält sich für zu
Grunde gerichtet, wenn nicht jede seiner Töch¬
ter einen türkischen Shawl tragen kann, und
um sich und seiner Familie nichts zu entziehen,
wirft er seinen Verlust auf die Arbeiter und
setzt ihren Tagelohn herab. Die Stadt Paris
braucht jährlich vierzig Millionen, von welchen
ein schöner Theil in den räuberischen Händen
der begünstigten Lieferanten und Unternehmer
zurückbleibt. Jetzt brauchen sie noch mehr Geld,
und sie besinnen sich seit einiger Zeit, ob sie die

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ungluͤcklich zu wiſſen, ſondern die, um ruhig zu
ſterben, die Zuverſicht mit in das Grab nehmen
wollen, daß auch die kommenden Geſchlechter
zu Grunde gehen werden — entziehen dem Han¬
del und den Gewerben faſt alle Kapitalien, und
nachdem ſie dieſes Verderben geſtiftet, bleiben
ſie, zu noch groͤßerem Verderben, unbeſteuert,
und was dadurch der Staat an Einkommen ver¬
liert, wird von dem armen Reſt der Gewerbe
verlangt. Der reiche Fabrikant haͤlt ſich fuͤr zu
Grunde gerichtet, wenn nicht jede ſeiner Toͤch¬
ter einen tuͤrkiſchen Shawl tragen kann, und
um ſich und ſeiner Familie nichts zu entziehen,
wirft er ſeinen Verluſt auf die Arbeiter und
ſetzt ihren Tagelohn herab. Die Stadt Paris
braucht jaͤhrlich vierzig Millionen, von welchen
ein ſchoͤner Theil in den raͤuberiſchen Haͤnden
der beguͤnſtigten Lieferanten und Unternehmer
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und ſie beſinnen ſich ſeit einiger Zeit, ob ſie die

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[227/0241] ungluͤcklich zu wiſſen, ſondern die, um ruhig zu ſterben, die Zuverſicht mit in das Grab nehmen wollen, daß auch die kommenden Geſchlechter zu Grunde gehen werden — entziehen dem Han¬ del und den Gewerben faſt alle Kapitalien, und nachdem ſie dieſes Verderben geſtiftet, bleiben ſie, zu noch groͤßerem Verderben, unbeſteuert, und was dadurch der Staat an Einkommen ver¬ liert, wird von dem armen Reſt der Gewerbe verlangt. Der reiche Fabrikant haͤlt ſich fuͤr zu Grunde gerichtet, wenn nicht jede ſeiner Toͤch¬ ter einen tuͤrkiſchen Shawl tragen kann, und um ſich und ſeiner Familie nichts zu entziehen, wirft er ſeinen Verluſt auf die Arbeiter und ſetzt ihren Tagelohn herab. Die Stadt Paris braucht jaͤhrlich vierzig Millionen, von welchen ein ſchoͤner Theil in den raͤuberiſchen Haͤnden der beguͤnſtigten Lieferanten und Unternehmer zuruͤckbleibt. Jetzt brauchen ſie noch mehr Geld, und ſie beſinnen ſich ſeit einiger Zeit, ob ſie die 15 *

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Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 3. Paris, 1833, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris03_1833/241>, abgerufen am 26.04.2024.