ihr warmes Sibirien. Der Kaiser Nikolas preßt seinen Sieg aus bis auf den letzten Tropfen, und wirft dann dem König Philipp die Schaa¬ len vor die Füsse. Es wundert mich nicht und ich nehme es ihm gar nicht übel. Die deut¬ schen Diplomaten und ihre Federknappen haben seit einem Jahre die Milde, Großmuth und Gerechtigkeit, welche künftig Kaiser Nikolas ge¬ gen die Polen zeigen würde, so hoch in den Himmel erhoben, daß Nikolas, in der Ver¬ zweiflung, das erhaltene Lob zu erreichen, lie¬ ber gar nicht darnach strebt, sondern bleibt, wo, was und wie er ist -- der Beschützer und Verbündete jedes Tyrannen und der Feind und Unterdrücker jeder Freiheit in Europa. Die ganze polnische Armee, die sich nach Oesterreich und Preußen zurückgezogen, ist verbannt und darf nie in ihr Vaterland zurück. Schon dreitau¬ send Polen wurden nach Sibirien geschickt. Viele wurden hingerichtet, Unzählige ihrer Güter be¬
ihr warmes Sibirien. Der Kaiſer Nikolas preßt ſeinen Sieg aus bis auf den letzten Tropfen, und wirft dann dem Koͤnig Philipp die Schaa¬ len vor die Fuͤſſe. Es wundert mich nicht und ich nehme es ihm gar nicht uͤbel. Die deut¬ ſchen Diplomaten und ihre Federknappen haben ſeit einem Jahre die Milde, Großmuth und Gerechtigkeit, welche kuͤnftig Kaiſer Nikolas ge¬ gen die Polen zeigen wuͤrde, ſo hoch in den Himmel erhoben, daß Nikolas, in der Ver¬ zweiflung, das erhaltene Lob zu erreichen, lie¬ ber gar nicht darnach ſtrebt, ſondern bleibt, wo, was und wie er iſt — der Beſchuͤtzer und Verbuͤndete jedes Tyrannen und der Feind und Unterdruͤcker jeder Freiheit in Europa. Die ganze polniſche Armee, die ſich nach Oeſterreich und Preußen zuruͤckgezogen, iſt verbannt und darf nie in ihr Vaterland zuruͤck. Schon dreitau¬ ſend Polen wurden nach Sibirien geſchickt. Viele wurden hingerichtet, Unzaͤhlige ihrer Guͤter be¬
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ihr warmes Sibirien. Der Kaiſer Nikolas preßt
ſeinen Sieg aus bis auf den letzten Tropfen,
und wirft dann dem Koͤnig Philipp die Schaa¬
len vor die Fuͤſſe. Es wundert mich nicht und
ich nehme es ihm gar nicht uͤbel. Die deut¬
ſchen Diplomaten und ihre Federknappen haben
ſeit einem Jahre die Milde, Großmuth und
Gerechtigkeit, welche kuͤnftig Kaiſer Nikolas ge¬
gen die Polen zeigen wuͤrde, ſo hoch in den
Himmel erhoben, daß Nikolas, in der Ver¬
zweiflung, das erhaltene Lob zu erreichen, lie¬
ber gar nicht darnach ſtrebt, ſondern bleibt,
wo, was und wie er iſt — der Beſchuͤtzer und
Verbuͤndete jedes Tyrannen und der Feind und
Unterdruͤcker jeder Freiheit in Europa. Die
ganze polniſche Armee, die ſich nach Oeſterreich
und Preußen zuruͤckgezogen, iſt verbannt und
darf nie in ihr Vaterland zuruͤck. Schon dreitau¬
ſend Polen wurden nach Sibirien geſchickt. Viele
wurden hingerichtet, Unzaͤhlige ihrer Guͤter be¬
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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 3. Paris, 1833, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris03_1833/190>, abgerufen am 23.11.2024.
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