Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 2. Hamburg, 1832.wahrlich sie lächelten mir. .... Die glücklichen wahrlich ſie lächelten mir. .... Die glücklichen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0070" n="56"/> wahrlich ſie lächelten mir. .... Die glücklichen<lb/> Griechen! Noch im Marmorſarge ſind ihre Freuden<lb/> ſchöner, als unſere, die im Sonnenlichte athmen!<lb/> Der Himmel war ihnen näher, die Erde war ihnen<lb/> heller, ſie wußten den Staub zu vergolden! Statt<lb/> wie wir jammervollen Chriſten, Leidenſchaften als<lb/> empörte Sklaven zu züchtigen, gaben ſie ſie frei, feſ¬<lb/> ſelten ſie durch Liebe, und beherrſchten ſie ſicherer als<lb/> wir die Unſern in den ſchweren Ketten der Tugend.<lb/> Dieſer Bacchus — er iſt Meiſter des Weins, nicht<lb/> ſein Sklave, wie ein betrunkener Chriſt; es iſt Tu¬<lb/> gend ſo zu trinken. Dieſer Achill er iſt gar nicht<lb/> blutdürſtig, er iſt edel, ſanft, es ſcheint ihm ein Lie¬<lb/> beswerk ſeine Feinde zu tödten. Dieſer Herkules<lb/> er iſt kein plumper Ritter; ihm iſt der Geiſt zu<lb/> Fleiſch geworden, und ſein Arm ſchlägt mit Macht,<lb/> weil ihm das Herz mächtig ſchlägt. So zu lieben<lb/> wie dieſe Venus es iſt keine Sünde, wie die<lb/> fromme Nonne glaubt. Dieſer lächelnde Faun —<lb/> er übt keine Gewalt, er gibt nur einen Vorwand<lb/> und ſchützt die Unſchuld, indem er ſie bekämpft. ...<lb/> Wenn es nur die Grazien nicht vergeſſen haben, daß<lb/> um vier Uhr das Muſeum zugeſchloſſen wird; dann<lb/> können ſie nicht mehr hinaus. Ich aber dachte daran<lb/> und eilte fort. Auf dem Carouſſel-Platz begegnete<lb/> mir der der Zug des <hi rendition="#g">fetten Ochſen</hi>, der mich an<lb/> den fetten Sonntag erinnerte. Da ſetzte ich mich in<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [56/0070]
wahrlich ſie lächelten mir. .... Die glücklichen
Griechen! Noch im Marmorſarge ſind ihre Freuden
ſchöner, als unſere, die im Sonnenlichte athmen!
Der Himmel war ihnen näher, die Erde war ihnen
heller, ſie wußten den Staub zu vergolden! Statt
wie wir jammervollen Chriſten, Leidenſchaften als
empörte Sklaven zu züchtigen, gaben ſie ſie frei, feſ¬
ſelten ſie durch Liebe, und beherrſchten ſie ſicherer als
wir die Unſern in den ſchweren Ketten der Tugend.
Dieſer Bacchus — er iſt Meiſter des Weins, nicht
ſein Sklave, wie ein betrunkener Chriſt; es iſt Tu¬
gend ſo zu trinken. Dieſer Achill er iſt gar nicht
blutdürſtig, er iſt edel, ſanft, es ſcheint ihm ein Lie¬
beswerk ſeine Feinde zu tödten. Dieſer Herkules
er iſt kein plumper Ritter; ihm iſt der Geiſt zu
Fleiſch geworden, und ſein Arm ſchlägt mit Macht,
weil ihm das Herz mächtig ſchlägt. So zu lieben
wie dieſe Venus es iſt keine Sünde, wie die
fromme Nonne glaubt. Dieſer lächelnde Faun —
er übt keine Gewalt, er gibt nur einen Vorwand
und ſchützt die Unſchuld, indem er ſie bekämpft. ...
Wenn es nur die Grazien nicht vergeſſen haben, daß
um vier Uhr das Muſeum zugeſchloſſen wird; dann
können ſie nicht mehr hinaus. Ich aber dachte daran
und eilte fort. Auf dem Carouſſel-Platz begegnete
mir der der Zug des fetten Ochſen, der mich an
den fetten Sonntag erinnerte. Da ſetzte ich mich in
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