Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 2. Hamburg, 1832.und der spitzbübische Diskonto verzehrte fast das und der ſpitzbübiſche Diskonto verzehrte faſt das <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0069" n="55"/> und der ſpitzbübiſche Diskonto verzehrte faſt das<lb/> ganze Capital. Und das Wenige, was er uns gab,<lb/> zahlte er wie ein ächter baarloſer deutſcher Buch¬<lb/> händler in Büchern aus, und wenn wir jetzt, wo je¬<lb/> des Volk bezahlt wird, fragen — wo iſt unſere<lb/> Freiheit? antwortet man: Ihr habt ſie ſchon lange<lb/> — da iſt die Bibel. Es iſt zu traurig! Keine<lb/> Hoffnung, daß Deutſchland frei werde, ehe man ſeine<lb/> beſten lebenden Philoſophen, Theologen und Hiſtori¬<lb/> ker aufknüpft, und die Schriften des Verſtorbenen<lb/> verbrennt. ... Als ich geſtern die italieniſchen<lb/> Nachrichten las, ward ich ſo bewegt, daß ich mich<lb/> eilte, in die Antiken-Gallerie zu kommen, wo ich noch<lb/> immer Ruhe fand. Ich flehete dort die Götter an,<lb/> Jupiter, Mars und Apollo, den alten Tiber und<lb/> ſelbſt die rothe böſe Wölfin, Roms Amme, und Ve¬<lb/> nus die Gebärerin, Roms Mutter, und Diana und<lb/> Minerva, daß ſie nach Italien eilen und ihr altes<lb/> Vaterland befreien. Aber die Götter rührten ſich<lb/> nicht. Da nahete ich mich den Grazien, hob meine<lb/> Hände empor und ſprach: Und ſind alle Götter<lb/> ſtumpf geworden, rührt ſie das Schöne, bewegt ſie<lb/> das Misgeſtaltete nicht mehr — Ihr holden Gra¬<lb/> zien müſſet Oeſterreich haſſen, denn unter allen Göt¬<lb/> tern haſſet es am meiſten euch! Schwebt nach Ita¬<lb/> lien hinunter, lächelt der Freiheit, und zaubert die<lb/> deutſchen Brummbären über die Berge hinüber! Und<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [55/0069]
und der ſpitzbübiſche Diskonto verzehrte faſt das
ganze Capital. Und das Wenige, was er uns gab,
zahlte er wie ein ächter baarloſer deutſcher Buch¬
händler in Büchern aus, und wenn wir jetzt, wo je¬
des Volk bezahlt wird, fragen — wo iſt unſere
Freiheit? antwortet man: Ihr habt ſie ſchon lange
— da iſt die Bibel. Es iſt zu traurig! Keine
Hoffnung, daß Deutſchland frei werde, ehe man ſeine
beſten lebenden Philoſophen, Theologen und Hiſtori¬
ker aufknüpft, und die Schriften des Verſtorbenen
verbrennt. ... Als ich geſtern die italieniſchen
Nachrichten las, ward ich ſo bewegt, daß ich mich
eilte, in die Antiken-Gallerie zu kommen, wo ich noch
immer Ruhe fand. Ich flehete dort die Götter an,
Jupiter, Mars und Apollo, den alten Tiber und
ſelbſt die rothe böſe Wölfin, Roms Amme, und Ve¬
nus die Gebärerin, Roms Mutter, und Diana und
Minerva, daß ſie nach Italien eilen und ihr altes
Vaterland befreien. Aber die Götter rührten ſich
nicht. Da nahete ich mich den Grazien, hob meine
Hände empor und ſprach: Und ſind alle Götter
ſtumpf geworden, rührt ſie das Schöne, bewegt ſie
das Misgeſtaltete nicht mehr — Ihr holden Gra¬
zien müſſet Oeſterreich haſſen, denn unter allen Göt¬
tern haſſet es am meiſten euch! Schwebt nach Ita¬
lien hinunter, lächelt der Freiheit, und zaubert die
deutſchen Brummbären über die Berge hinüber! Und
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