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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 1. Hamburg, 1832.

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Zwölfter Brief.

Ich habe bis jetzt noch sehr wenige Bekannt¬
schaften gemacht, und wahrscheinlich werde ich es
darin nicht weiter bringen, als das vorige Mal
auch. Man mag sich anstellen wie man will, man
fällt immer in sein Temperament zurück. Zu Menschen¬
kennerei hatte ich immer die größte Unlust; meine
sinnliche und mehr noch meine philosophische Träg¬
heit hält mich davon zurück. Was die einzelnen
Menschen der nehmlichen Gattung von einander unter¬
scheidet, ist so fein, daß mich die Beobachtung an¬
strengt; es ist mir als sollte ich einen kleinen Druck
lesen. Und wird man bezahlt für seine Mühe?
Selten. Darum halte ich mich lieber an Menschen¬
massen und an Bücher Da kann ich fortgehen, die
kann ich weglegen, wenn sie mir nicht gefallen oder
wenn ich müde bin. In Gesellschaften muß ich

I. 6
Zwoͤlfter Brief.

Ich habe bis jetzt noch ſehr wenige Bekannt¬
ſchaften gemacht, und wahrſcheinlich werde ich es
darin nicht weiter bringen, als das vorige Mal
auch. Man mag ſich anſtellen wie man will, man
fällt immer in ſein Temperament zurück. Zu Menſchen¬
kennerei hatte ich immer die größte Unluſt; meine
ſinnliche und mehr noch meine philoſophiſche Träg¬
heit hält mich davon zurück. Was die einzelnen
Menſchen der nehmlichen Gattung von einander unter¬
ſcheidet, iſt ſo fein, daß mich die Beobachtung an¬
ſtrengt; es iſt mir als ſollte ich einen kleinen Druck
leſen. Und wird man bezahlt für ſeine Mühe?
Selten. Darum halte ich mich lieber an Menſchen¬
maſſen und an Bücher Da kann ich fortgehen, die
kann ich weglegen, wenn ſie mir nicht gefallen oder
wenn ich müde bin. In Geſellſchaften muß ich

I. 6
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[[81]/0095] Zwoͤlfter Brief. Paris, den 3. November 1830. Ich habe bis jetzt noch ſehr wenige Bekannt¬ ſchaften gemacht, und wahrſcheinlich werde ich es darin nicht weiter bringen, als das vorige Mal auch. Man mag ſich anſtellen wie man will, man fällt immer in ſein Temperament zurück. Zu Menſchen¬ kennerei hatte ich immer die größte Unluſt; meine ſinnliche und mehr noch meine philoſophiſche Träg¬ heit hält mich davon zurück. Was die einzelnen Menſchen der nehmlichen Gattung von einander unter¬ ſcheidet, iſt ſo fein, daß mich die Beobachtung an¬ ſtrengt; es iſt mir als ſollte ich einen kleinen Druck leſen. Und wird man bezahlt für ſeine Mühe? Selten. Darum halte ich mich lieber an Menſchen¬ maſſen und an Bücher Da kann ich fortgehen, die kann ich weglegen, wenn ſie mir nicht gefallen oder wenn ich müde bin. In Geſellſchaften muß ich I. 6

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Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 1. Hamburg, 1832, S. [81]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris01_1832/95>, abgerufen am 23.11.2024.