Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 1. Hamburg, 1832.weinen soll man, daß man sie nicht schonen dürfe. -- Ich habe schon viel in Frankreich geschla¬ In den Niederlanden scheint es arg herzugehen. weinen ſoll man, daß man ſie nicht ſchonen dürfe. — Ich habe ſchon viel in Frankreich geſchla¬ In den Niederlanden ſcheint es arg herzugehen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0025" n="11"/> weinen ſoll man, daß man ſie nicht ſchonen dürfe.<lb/> Doch erzählen ſie das ja keinem wieder. Denn die<lb/> Thoren anderer Art möchten ſagen: da iſt nun ein<lb/> Freiheitsliebender Mann, der doch noch ſagt, es ſey<lb/> dem Könige von Frankreich Unrecht geſchehen! Was?<lb/> Recht! Unrecht! leere, tolle Worte! Verklagt den<lb/> Sturm, verklagt den Blitz, verklagt das Erdbeben,<lb/> verklagt das Fieber, verklagt die ſpitzbübiſche Nacht,<lb/> die euch um den halben Tag geprellt — und wenn<lb/> ihr den Proceß gewonnen, dann kommt ihr geſchick¬<lb/> ten Advokaten und verklagt ein Volk, es habe ſeinem<lb/> Könige Unrecht gethan!</p><lb/> <p>— Ich habe ſchon viel in Frankreich geſchla¬<lb/> fen: in Strasburg, in Pfalzburg, Lüneville, Nancy,<lb/> Toul, Bar-le-Düc, und heute ſchlafe ich hier. Es<lb/> iſt eine ſchöne Erfindung, wie Sancho Panſa ſagt;<lb/> und wo man <choice><sic>ſchäft</sic><corr>ſchläft</corr></choice>, man ſchläft immer zu Hauſe,<lb/> und wo man träumt, man hat überall vaterländiſche<lb/> Träume. Aber was geht das mich an? Ich bin<lb/> auch wachend nirgends fremd.</p><lb/> <p>In den Niederlanden ſcheint es arg herzugehen.<lb/> Was aber die Leute dort wollen und nicht wollen,<lb/> begreife ich nicht recht. Ihr hättet mich nicht ab¬<lb/> halten ſollen über Brüſſel zu reiſen. Es iſt freilich<lb/> kein Vergnügen todtgeſchoſſen zu werden, und nicht<lb/> zu wiſſen wofür. Aber wenn man im Bette ſtirbt,<lb/> wie die Meiſten, weiß man dann beſſer, wofür es<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [11/0025]
weinen ſoll man, daß man ſie nicht ſchonen dürfe.
Doch erzählen ſie das ja keinem wieder. Denn die
Thoren anderer Art möchten ſagen: da iſt nun ein
Freiheitsliebender Mann, der doch noch ſagt, es ſey
dem Könige von Frankreich Unrecht geſchehen! Was?
Recht! Unrecht! leere, tolle Worte! Verklagt den
Sturm, verklagt den Blitz, verklagt das Erdbeben,
verklagt das Fieber, verklagt die ſpitzbübiſche Nacht,
die euch um den halben Tag geprellt — und wenn
ihr den Proceß gewonnen, dann kommt ihr geſchick¬
ten Advokaten und verklagt ein Volk, es habe ſeinem
Könige Unrecht gethan!
— Ich habe ſchon viel in Frankreich geſchla¬
fen: in Strasburg, in Pfalzburg, Lüneville, Nancy,
Toul, Bar-le-Düc, und heute ſchlafe ich hier. Es
iſt eine ſchöne Erfindung, wie Sancho Panſa ſagt;
und wo man ſchläft, man ſchläft immer zu Hauſe,
und wo man träumt, man hat überall vaterländiſche
Träume. Aber was geht das mich an? Ich bin
auch wachend nirgends fremd.
In den Niederlanden ſcheint es arg herzugehen.
Was aber die Leute dort wollen und nicht wollen,
begreife ich nicht recht. Ihr hättet mich nicht ab¬
halten ſollen über Brüſſel zu reiſen. Es iſt freilich
kein Vergnügen todtgeſchoſſen zu werden, und nicht
zu wiſſen wofür. Aber wenn man im Bette ſtirbt,
wie die Meiſten, weiß man dann beſſer, wofür es
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