Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 1. Hamburg, 1832.geschieht? die Unannehmlichkeit dauert einige Minu¬ Ach! ich spüre es schon, es ergeht mir dieses¬ -- So eben las ich in einem Pariser Blatte, geſchieht? die Unannehmlichkeit dauert einige Minu¬ Ach! ich ſpüre es ſchon, es ergeht mir dieſes¬ — So eben las ich in einem Pariſer Blatte, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0026" n="12"/> geſchieht? die Unannehmlichkeit dauert einige Minu¬<lb/> ten; das Vergnügen aber, nicht todtgeſchoſſen wor¬<lb/> den, der Gefahr entgangen zu ſeyn, reicht für das<lb/> ganze Leben hin. Man muß rechnen, zählen, wie¬<lb/> gen. Auf mehr oder weniger, ſchwerer oder leichter<lb/> kommt alles an. Die Qualitäten ſind nicht ſehr<lb/> verſchieden.</p><lb/> <p>Ach! ich ſpüre es ſchon, es ergeht mir dieſes¬<lb/> mal in Frankreich, wie die beiden vorigenmale. Die<lb/> feuchte Philoſophie ſchlägt an mir heraus, wie, wenn<lb/> warme Witterung eintritt, die Stein-Wände naß<lb/> werden. Es iſt mir recht, dieſe Haut-Krankheit der<lb/> Seele iſt meiner betrübten Konſtitution ſehr heilſam.</p><lb/> <p>— So eben las ich in einem Pariſer Blatte,<lb/> die aus einer engliſchen Zeitung entlehnte Nachricht:<lb/> in Hamburg wären Unruhen geweſen, man hätte die<lb/> Juden aus den Kaffeehäuſern verjagt. Und in Han¬<lb/> nover hätten ſie geſchrieen; <hi rendition="#aq">à bas la noblesse!</hi><lb/> Ich kann mir gar nicht denken, wie das im Deut¬<lb/> ſchen gelautet haben mag; denn unſere guten Leute<lb/> können keinen andern Zorn-Ruf als das lateiniſche<lb/><hi rendition="#aq">Pereat!</hi> was nun den Adel betrifft, ſo habe ich, bei<lb/> aller Menſchenfreundlichkeit, nichts dagegen. Mit<lb/> guten Fallſchirmen verſehen, wird er herunter kom¬<lb/> men ohne ſich ſehr wehe zu thun. Aber die Juden!<lb/> die Franzoſen hatten ihre Julitage, wollen die Deut¬<lb/> ſchen ihren Auguſt-, ihre Hunds-Tage haben? Fängt<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [12/0026]
geſchieht? die Unannehmlichkeit dauert einige Minu¬
ten; das Vergnügen aber, nicht todtgeſchoſſen wor¬
den, der Gefahr entgangen zu ſeyn, reicht für das
ganze Leben hin. Man muß rechnen, zählen, wie¬
gen. Auf mehr oder weniger, ſchwerer oder leichter
kommt alles an. Die Qualitäten ſind nicht ſehr
verſchieden.
Ach! ich ſpüre es ſchon, es ergeht mir dieſes¬
mal in Frankreich, wie die beiden vorigenmale. Die
feuchte Philoſophie ſchlägt an mir heraus, wie, wenn
warme Witterung eintritt, die Stein-Wände naß
werden. Es iſt mir recht, dieſe Haut-Krankheit der
Seele iſt meiner betrübten Konſtitution ſehr heilſam.
— So eben las ich in einem Pariſer Blatte,
die aus einer engliſchen Zeitung entlehnte Nachricht:
in Hamburg wären Unruhen geweſen, man hätte die
Juden aus den Kaffeehäuſern verjagt. Und in Han¬
nover hätten ſie geſchrieen; à bas la noblesse!
Ich kann mir gar nicht denken, wie das im Deut¬
ſchen gelautet haben mag; denn unſere guten Leute
können keinen andern Zorn-Ruf als das lateiniſche
Pereat! was nun den Adel betrifft, ſo habe ich, bei
aller Menſchenfreundlichkeit, nichts dagegen. Mit
guten Fallſchirmen verſehen, wird er herunter kom¬
men ohne ſich ſehr wehe zu thun. Aber die Juden!
die Franzoſen hatten ihre Julitage, wollen die Deut¬
ſchen ihren Auguſt-, ihre Hunds-Tage haben? Fängt
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