Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 1. Hamburg, 1832.schlossenen Gesichtern. Man meinet es wären Di¬ Wir haben jetzt prächtiges Wetter! Auf die Ich hoffe doch mit Vielen hier, die Polen wer¬ I. 11
ſchloſſenen Geſichtern. Man meinet es wären Di¬ Wir haben jetzt prächtiges Wetter! Auf die Ich hoffe doch mit Vielen hier, die Polen wer¬ I. 11
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0175" n="161"/> ſchloſſenen Geſichtern. Man meinet es wären Di¬<lb/> plomatiker. Ich werde nicht wieder hingehen, und<lb/> für die funfzehn Franken, die ich bezahlen mußte<lb/> (für 14 Tage) habe ich doch ein neues Beiſpiel zu<lb/> meiner alten Theorie gefunden: Langeweile iſt die<lb/> Tochter des Zwanges, und Freiheit iſt die Mutter<lb/> geſelliger Freuden. Wie kann es anders ſeyn? In<lb/> dieſem Caſino darf nicht von Politik geſprochen wer¬<lb/> den. Und dürfte man nicht vom Monde ſprechen,<lb/> doch ſonſt von allem, das hätte die nehmlichen Fol¬<lb/> gen. Jeder Zwang iſt Gift für die Seele.</p><lb/> <p>Wir haben jetzt prächtiges Wetter! Auf die<lb/> Kälte eines Tages folgte gleich Thauwetter. Dreck<lb/> bis an die Knie (es iſt ein gutes ehrliches deutſches<lb/> Wort), die Gaſſen ein Eismeer. Es iſt doch ſon¬<lb/> derbar, daß ſich die Franzoſen aus dem Drecke nichts<lb/> machen! Sie gehen luſtig durch, als gingen ſie<lb/> über eine Blumenwieſe. Aber ein paar Grade<lb/> Kälte bringt ſie zur Verzweiflung. Sie ſperren ſich<lb/> dann gleich ein. Was bin ich ſo vergnügt, daß ich<lb/> acht Paar gute waſſerdichte Stiefeln mit hieher ge¬<lb/> bracht. Es macht mir die größte Freude, ihre deut¬<lb/> ſche Treue auf die Probe zu ſtellen und damit durch<lb/> den Schlamm zu waden. Pariſer Sohlen ſind nicht<lb/> dicker als zwei über einander gelegte Oblaten, man<lb/> könnte den Puls hindurch fühlen.</p><lb/> <p>Ich hoffe doch mit Vielen hier, die Polen wer¬<lb/> <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">I</hi>. 11<lb/></fw> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [161/0175]
ſchloſſenen Geſichtern. Man meinet es wären Di¬
plomatiker. Ich werde nicht wieder hingehen, und
für die funfzehn Franken, die ich bezahlen mußte
(für 14 Tage) habe ich doch ein neues Beiſpiel zu
meiner alten Theorie gefunden: Langeweile iſt die
Tochter des Zwanges, und Freiheit iſt die Mutter
geſelliger Freuden. Wie kann es anders ſeyn? In
dieſem Caſino darf nicht von Politik geſprochen wer¬
den. Und dürfte man nicht vom Monde ſprechen,
doch ſonſt von allem, das hätte die nehmlichen Fol¬
gen. Jeder Zwang iſt Gift für die Seele.
Wir haben jetzt prächtiges Wetter! Auf die
Kälte eines Tages folgte gleich Thauwetter. Dreck
bis an die Knie (es iſt ein gutes ehrliches deutſches
Wort), die Gaſſen ein Eismeer. Es iſt doch ſon¬
derbar, daß ſich die Franzoſen aus dem Drecke nichts
machen! Sie gehen luſtig durch, als gingen ſie
über eine Blumenwieſe. Aber ein paar Grade
Kälte bringt ſie zur Verzweiflung. Sie ſperren ſich
dann gleich ein. Was bin ich ſo vergnügt, daß ich
acht Paar gute waſſerdichte Stiefeln mit hieher ge¬
bracht. Es macht mir die größte Freude, ihre deut¬
ſche Treue auf die Probe zu ſtellen und damit durch
den Schlamm zu waden. Pariſer Sohlen ſind nicht
dicker als zwei über einander gelegte Oblaten, man
könnte den Puls hindurch fühlen.
Ich hoffe doch mit Vielen hier, die Polen wer¬
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