geschichte aufrollst, stößt du auch auf diesen Kobold. Er ist die Gräte, an der ein Genius erstickt, die schlüpfrige Stelle einer Planke, auf der der Sieger im Triumphmoment aus¬ gleitet und in den Tod fällt.
Auch das Liebesleben des Menschen hat seinen Kobold, der hinten im Faß saß. Eine von jenen Zugaben, die ab¬ solut unberechenbar seine reine Bahn aus einer unzusammen¬ hängenden Ecke streiften, wie es im alten Volksglauben der Komet thut. Der Bauer treibt fröhlich sein Vieh auf die Weide. Da steht plötzlich der Komet am Himmel und wirft Pestilenz herab. Es ist, als wenn aus der Welt da oben jählings eine lange Nase sich vorstreckte, zum Spott auf alle Logik. Seinen Originalkobold hat es, dieses menschliche Liebes¬ leben, eigens erfunden, in seinen Blüten seinen Schabernack zu treiben. Kein anderes Wesen der Erde besitzt ihn. Dennoch läßt sich seine Voraussetzung, seine ideelle Brutstätte sozusagen, schon bei Tieren sehr gut studieren.
Du erinnerst dich an den kleinen grünen Süßwasser- Polypen, von dem wir früher mancherlei Amüsantes im Punkte Liebesleben besprochen haben. Diese grüne Hydra hat aber noch eine ganz absonderliche Eigenschaft, die ein Kapitel für sich berührt. Ihre Leibkouleur Grün hat seit langem den Naturforschern viel Kopfzerbrechen gemacht. Der Hydra-Polyp ist ein echtes Tier, in der Verwandtschaft nah den schönen blauen Ostsee-Quallen und den bunten Tierblüten der Korallen¬ riffe. Aber das Grün dieses unzweifelhaft tierischen Wesens kommt gleichwohl auf eine echt pflanzenhafte Methode zustande. Es rührt her von sogenanntem Chlorophyll. Chlorophyll heißt zu deutsch Blattgrün, und es ist in der That jener charakteristische Farbstoff, den die Pflanze bei der nötigen Be¬ lichtung und dem nötigen Eisengehalt entwickelt und der in ihrem ganzen Lebenshaushalt eine außerordentlich wichtige Rolle spielt. Dieses Chlorophyll giebt Malern und Dichtern seit alters das Bild vom "grünen Wald", der "grünen Wiese",
geſchichte aufrollſt, ſtößt du auch auf dieſen Kobold. Er iſt die Gräte, an der ein Genius erſtickt, die ſchlüpfrige Stelle einer Planke, auf der der Sieger im Triumphmoment aus¬ gleitet und in den Tod fällt.
Auch das Liebesleben des Menſchen hat ſeinen Kobold, der hinten im Faß ſaß. Eine von jenen Zugaben, die ab¬ ſolut unberechenbar ſeine reine Bahn aus einer unzuſammen¬ hängenden Ecke ſtreiften, wie es im alten Volksglauben der Komet thut. Der Bauer treibt fröhlich ſein Vieh auf die Weide. Da ſteht plötzlich der Komet am Himmel und wirft Peſtilenz herab. Es iſt, als wenn aus der Welt da oben jählings eine lange Naſe ſich vorſtreckte, zum Spott auf alle Logik. Seinen Originalkobold hat es, dieſes menſchliche Liebes¬ leben, eigens erfunden, in ſeinen Blüten ſeinen Schabernack zu treiben. Kein anderes Weſen der Erde beſitzt ihn. Dennoch läßt ſich ſeine Vorausſetzung, ſeine ideelle Brutſtätte ſozuſagen, ſchon bei Tieren ſehr gut ſtudieren.
Du erinnerſt dich an den kleinen grünen Süßwaſſer- Polypen, von dem wir früher mancherlei Amüſantes im Punkte Liebesleben beſprochen haben. Dieſe grüne Hydra hat aber noch eine ganz abſonderliche Eigenſchaft, die ein Kapitel für ſich berührt. Ihre Leibkouleur Grün hat ſeit langem den Naturforſchern viel Kopfzerbrechen gemacht. Der Hydra-Polyp iſt ein echtes Tier, in der Verwandtſchaft nah den ſchönen blauen Oſtſee-Quallen und den bunten Tierblüten der Korallen¬ riffe. Aber das Grün dieſes unzweifelhaft tieriſchen Weſens kommt gleichwohl auf eine echt pflanzenhafte Methode zuſtande. Es rührt her von ſogenanntem Chlorophyll. Chlorophyll heißt zu deutſch Blattgrün, und es iſt in der That jener charakteriſtiſche Farbſtoff, den die Pflanze bei der nötigen Be¬ lichtung und dem nötigen Eiſengehalt entwickelt und der in ihrem ganzen Lebenshaushalt eine außerordentlich wichtige Rolle ſpielt. Dieſes Chlorophyll giebt Malern und Dichtern ſeit alters das Bild vom „grünen Wald“, der „grünen Wieſe“,
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geſchichte aufrollſt, ſtößt du auch auf dieſen Kobold. Er iſt
die Gräte, an der ein Genius erſtickt, die ſchlüpfrige Stelle
einer Planke, auf der der Sieger im Triumphmoment aus¬
gleitet und in den Tod fällt.
Auch das Liebesleben des Menſchen hat ſeinen Kobold,
der hinten im Faß ſaß. Eine von jenen Zugaben, die ab¬
ſolut unberechenbar ſeine reine Bahn aus einer unzuſammen¬
hängenden Ecke ſtreiften, wie es im alten Volksglauben der
Komet thut. Der Bauer treibt fröhlich ſein Vieh auf die
Weide. Da ſteht plötzlich der Komet am Himmel und wirft
Peſtilenz herab. Es iſt, als wenn aus der Welt da oben
jählings eine lange Naſe ſich vorſtreckte, zum Spott auf alle
Logik. Seinen Originalkobold hat es, dieſes menſchliche Liebes¬
leben, eigens erfunden, in ſeinen Blüten ſeinen Schabernack
zu treiben. Kein anderes Weſen der Erde beſitzt ihn. Dennoch
läßt ſich ſeine Vorausſetzung, ſeine ideelle Brutſtätte ſozuſagen,
ſchon bei Tieren ſehr gut ſtudieren.
Du erinnerſt dich an den kleinen grünen Süßwaſſer-
Polypen, von dem wir früher mancherlei Amüſantes im Punkte
Liebesleben beſprochen haben. Dieſe grüne Hydra hat aber
noch eine ganz abſonderliche Eigenſchaft, die ein Kapitel für
ſich berührt. Ihre Leibkouleur Grün hat ſeit langem den
Naturforſchern viel Kopfzerbrechen gemacht. Der Hydra-Polyp
iſt ein echtes Tier, in der Verwandtſchaft nah den ſchönen
blauen Oſtſee-Quallen und den bunten Tierblüten der Korallen¬
riffe. Aber das Grün dieſes unzweifelhaft tieriſchen Weſens
kommt gleichwohl auf eine echt pflanzenhafte Methode zuſtande.
Es rührt her von ſogenanntem Chlorophyll. Chlorophyll
heißt zu deutſch Blattgrün, und es iſt in der That jener
charakteriſtiſche Farbſtoff, den die Pflanze bei der nötigen Be¬
lichtung und dem nötigen Eiſengehalt entwickelt und der in
ihrem ganzen Lebenshaushalt eine außerordentlich wichtige
Rolle ſpielt. Dieſes Chlorophyll giebt Malern und Dichtern
ſeit alters das Bild vom „grünen Wald“, der „grünen Wieſe“,
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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 3. Leipzig, 1903, S. 336. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben03_1903/350>, abgerufen am 24.11.2024.
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