Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 3. Leipzig, 1903.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

[Abbildung]

Der Mensch, auf den wir zielen, kam nicht aus dem
Vogel, sondern aus dem Säugetier. Es braucht keines Wortes
also, daß das Säugetier höher gipfelt als der Vogel. Trotz¬
dem ist unverkennbar, daß die große Masse der Säugetiere in
der Ehefrage sich nicht so scharf entschieden hat wie der Vogel.
Stufe Fünf ist keineswegs hier regelmäßig erreicht worden,
vielmehr siehst du die Mehrzahl der vielgestaltigen Experimente
im Maulwurfssinne bei Vier oder mindestens nur an der
Grenze von Vier und Fünf.

Die Zeitehe dominiert durchweg noch. Allerdings muß
man sagen, daß sie stets auch eine sichere Schwankung zeigt,
beim geringsten Vorschub in Dauerehe überzugehen. Wo der
geringste Zwang besteht, daß dasselbe Paar in der nächsten
Brunstzeit sich zuerst wieder begegnet, besteht auch die größte
Wahrscheinlichkeit für Dauerehe. Sperrt man ein Paar in der
Gefangenschaft dauernd zusammen, so ist Dauerehe ganz im
Sinne wie bei den Vögeln selbstverständlich. Die niedlichen,
kleinen, amerikanischen Affen rollen sich da ineinander, genau
wie die Inseparables-Papageien. Aber auch im Freien können
die besten Drängprinzipien zur Wiederwahl: Seltenheit und
individuelle Liebhaberei, ihre Rolle unmöglich verleugnen. Auf
der Seltenheit mögen die Anzeichen von Dauerehe mit großer


[Abbildung]

Der Menſch, auf den wir zielen, kam nicht aus dem
Vogel, ſondern aus dem Säugetier. Es braucht keines Wortes
alſo, daß das Säugetier höher gipfelt als der Vogel. Trotz¬
dem iſt unverkennbar, daß die große Maſſe der Säugetiere in
der Ehefrage ſich nicht ſo ſcharf entſchieden hat wie der Vogel.
Stufe Fünf iſt keineswegs hier regelmäßig erreicht worden,
vielmehr ſiehſt du die Mehrzahl der vielgeſtaltigen Experimente
im Maulwurfsſinne bei Vier oder mindeſtens nur an der
Grenze von Vier und Fünf.

Die Zeitehe dominiert durchweg noch. Allerdings muß
man ſagen, daß ſie ſtets auch eine ſichere Schwankung zeigt,
beim geringſten Vorſchub in Dauerehe überzugehen. Wo der
geringſte Zwang beſteht, daß dasſelbe Paar in der nächſten
Brunſtzeit ſich zuerſt wieder begegnet, beſteht auch die größte
Wahrſcheinlichkeit für Dauerehe. Sperrt man ein Paar in der
Gefangenſchaft dauernd zuſammen, ſo iſt Dauerehe ganz im
Sinne wie bei den Vögeln ſelbſtverſtändlich. Die niedlichen,
kleinen, amerikaniſchen Affen rollen ſich da ineinander, genau
wie die Inſeparables-Papageien. Aber auch im Freien können
die beſten Drängprinzipien zur Wiederwahl: Seltenheit und
individuelle Liebhaberei, ihre Rolle unmöglich verleugnen. Auf
der Seltenheit mögen die Anzeichen von Dauerehe mit großer

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0194" n="180"/>
        <figure/>
        <p><hi rendition="#in">D</hi>er Men&#x017F;ch, auf den wir zielen, kam nicht aus dem<lb/>
Vogel, &#x017F;ondern aus dem Säugetier. Es braucht keines Wortes<lb/>
al&#x017F;o, daß das Säugetier höher gipfelt als der Vogel. Trotz¬<lb/>
dem i&#x017F;t unverkennbar, daß die große Ma&#x017F;&#x017F;e der Säugetiere in<lb/>
der Ehefrage &#x017F;ich nicht &#x017F;o &#x017F;charf ent&#x017F;chieden hat wie der Vogel.<lb/>
Stufe Fünf i&#x017F;t keineswegs hier regelmäßig erreicht worden,<lb/>
vielmehr &#x017F;ieh&#x017F;t du die Mehrzahl der vielge&#x017F;taltigen Experimente<lb/>
im Maulwurfs&#x017F;inne bei Vier oder minde&#x017F;tens nur an der<lb/>
Grenze von Vier und Fünf.</p><lb/>
        <p>Die Zeitehe dominiert durchweg noch. Allerdings muß<lb/>
man &#x017F;agen, daß &#x017F;ie &#x017F;tets <choice><sic>anch</sic><corr>auch</corr></choice> eine &#x017F;ichere Schwankung zeigt,<lb/>
beim gering&#x017F;ten Vor&#x017F;chub in Dauerehe überzugehen. Wo der<lb/>
gering&#x017F;te Zwang be&#x017F;teht, daß das&#x017F;elbe Paar in der näch&#x017F;ten<lb/>
Brun&#x017F;tzeit &#x017F;ich zuer&#x017F;t wieder begegnet, be&#x017F;teht auch die größte<lb/>
Wahr&#x017F;cheinlichkeit für Dauerehe. Sperrt man ein Paar in der<lb/>
Gefangen&#x017F;chaft dauernd zu&#x017F;ammen, &#x017F;o i&#x017F;t Dauerehe ganz im<lb/>
Sinne wie bei den Vögeln &#x017F;elb&#x017F;tver&#x017F;tändlich. Die niedlichen,<lb/>
kleinen, amerikani&#x017F;chen Affen rollen &#x017F;ich da ineinander, genau<lb/>
wie die In&#x017F;eparables-Papageien. Aber auch im Freien können<lb/>
die be&#x017F;ten Drängprinzipien zur Wiederwahl: Seltenheit und<lb/>
individuelle Liebhaberei, ihre Rolle unmöglich verleugnen. Auf<lb/>
der Seltenheit mögen die Anzeichen von Dauerehe mit großer<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[180/0194] [Abbildung] Der Menſch, auf den wir zielen, kam nicht aus dem Vogel, ſondern aus dem Säugetier. Es braucht keines Wortes alſo, daß das Säugetier höher gipfelt als der Vogel. Trotz¬ dem iſt unverkennbar, daß die große Maſſe der Säugetiere in der Ehefrage ſich nicht ſo ſcharf entſchieden hat wie der Vogel. Stufe Fünf iſt keineswegs hier regelmäßig erreicht worden, vielmehr ſiehſt du die Mehrzahl der vielgeſtaltigen Experimente im Maulwurfsſinne bei Vier oder mindeſtens nur an der Grenze von Vier und Fünf. Die Zeitehe dominiert durchweg noch. Allerdings muß man ſagen, daß ſie ſtets auch eine ſichere Schwankung zeigt, beim geringſten Vorſchub in Dauerehe überzugehen. Wo der geringſte Zwang beſteht, daß dasſelbe Paar in der nächſten Brunſtzeit ſich zuerſt wieder begegnet, beſteht auch die größte Wahrſcheinlichkeit für Dauerehe. Sperrt man ein Paar in der Gefangenſchaft dauernd zuſammen, ſo iſt Dauerehe ganz im Sinne wie bei den Vögeln ſelbſtverſtändlich. Die niedlichen, kleinen, amerikaniſchen Affen rollen ſich da ineinander, genau wie die Inſeparables-Papageien. Aber auch im Freien können die beſten Drängprinzipien zur Wiederwahl: Seltenheit und individuelle Liebhaberei, ihre Rolle unmöglich verleugnen. Auf der Seltenheit mögen die Anzeichen von Dauerehe mit großer

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben03_1903
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben03_1903/194
Zitationshilfe: Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 3. Leipzig, 1903, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben03_1903/194>, abgerufen am 17.05.2024.