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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900.

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Liebesgrube. Unfähig den Sand nach Forellenart mit den
Flossen herbeizufächeln, heben sie Kiesel aus, indem sie sich
daran festküssen, und bilden so tiefe Höhlungen im Grund.
In der Grube aber vollziehen sie dann eine viel regelrechtere
Begattung als jene sonst höher stehenden Fische. Das Männ¬
lein saugt sich am Nacken der Jungfrau fest, -- natürlich jetzt
bloß im echten Kuß ohne die bedrohliche Raspelei. Wie ein
geschwenktes Strumpfpaar am Bändel umwickeln sich dann die
aalartigen Leiber und die Samenmilch spritzt auf die Eier im
Moment, da sie aus dem weiblichen Geschlechtsloch fallen.

[Abbildung]

Als deine Ahnen jenseits dieser unheimlichen Panken-
Küsser echte Kiefern erhielten, hörte die Saugerei von selbst
auf. Aber nun wurde es mit den Kiefern versucht. Aus dem
Saugekuß wurde ein stumpfer Biß als Begattungsstütze.

Bei den prachtvollen chinesischen Großflossern, die in
den letzten zwanzig Jahren eine Zier unserer Aquarien trotz
allen altberühmten Goldfischen geworden sind, packen sich die
Liebespartner im Geschlechtsspiel aufs niedlichste mit den
Kiefern bei der Lippe und gaukeln und tollen so lange
herum, bis der Bauch des Weibes nach oben die Eier aus¬
gespritzt und der Mann nach unten den Samen darauf pollu¬
tioniert hat. Obwohl der Liebesbiß gewiß stumpf sein soll,
geht doch manche Lippe dabei in Fetzen, ein Beweis, daß
solche scharfen Messer, wie die Zähne, für leidenschaftliche
Spiele der Art denn doch nicht das rechte Stützmittel
waren.

Interessant bleibt aber, daß in gewissem Sinne das Ver¬
ankern und Verklammern der Sichgattenden gerade durch

Liebesgrube. Unfähig den Sand nach Forellenart mit den
Floſſen herbeizufächeln, heben ſie Kieſel aus, indem ſie ſich
daran feſtküſſen, und bilden ſo tiefe Höhlungen im Grund.
In der Grube aber vollziehen ſie dann eine viel regelrechtere
Begattung als jene ſonſt höher ſtehenden Fiſche. Das Männ¬
lein ſaugt ſich am Nacken der Jungfrau feſt, — natürlich jetzt
bloß im echten Kuß ohne die bedrohliche Raſpelei. Wie ein
geſchwenktes Strumpfpaar am Bändel umwickeln ſich dann die
aalartigen Leiber und die Samenmilch ſpritzt auf die Eier im
Moment, da ſie aus dem weiblichen Geſchlechtsloch fallen.

[Abbildung]

Als deine Ahnen jenſeits dieſer unheimlichen Panken-
Küſſer echte Kiefern erhielten, hörte die Saugerei von ſelbſt
auf. Aber nun wurde es mit den Kiefern verſucht. Aus dem
Saugekuß wurde ein ſtumpfer Biß als Begattungsſtütze.

Bei den prachtvollen chineſiſchen Großfloſſern, die in
den letzten zwanzig Jahren eine Zier unſerer Aquarien trotz
allen altberühmten Goldfiſchen geworden ſind, packen ſich die
Liebespartner im Geſchlechtsſpiel aufs niedlichſte mit den
Kiefern bei der Lippe und gaukeln und tollen ſo lange
herum, bis der Bauch des Weibes nach oben die Eier aus¬
geſpritzt und der Mann nach unten den Samen darauf pollu¬
tioniert hat. Obwohl der Liebesbiß gewiß ſtumpf ſein ſoll,
geht doch manche Lippe dabei in Fetzen, ein Beweis, daß
ſolche ſcharfen Meſſer, wie die Zähne, für leidenſchaftliche
Spiele der Art denn doch nicht das rechte Stützmittel
waren.

Intereſſant bleibt aber, daß in gewiſſem Sinne das Ver¬
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[272/0288] Liebesgrube. Unfähig den Sand nach Forellenart mit den Floſſen herbeizufächeln, heben ſie Kieſel aus, indem ſie ſich daran feſtküſſen, und bilden ſo tiefe Höhlungen im Grund. In der Grube aber vollziehen ſie dann eine viel regelrechtere Begattung als jene ſonſt höher ſtehenden Fiſche. Das Männ¬ lein ſaugt ſich am Nacken der Jungfrau feſt, — natürlich jetzt bloß im echten Kuß ohne die bedrohliche Raſpelei. Wie ein geſchwenktes Strumpfpaar am Bändel umwickeln ſich dann die aalartigen Leiber und die Samenmilch ſpritzt auf die Eier im Moment, da ſie aus dem weiblichen Geſchlechtsloch fallen. [Abbildung] Als deine Ahnen jenſeits dieſer unheimlichen Panken- Küſſer echte Kiefern erhielten, hörte die Saugerei von ſelbſt auf. Aber nun wurde es mit den Kiefern verſucht. Aus dem Saugekuß wurde ein ſtumpfer Biß als Begattungsſtütze. Bei den prachtvollen chineſiſchen Großfloſſern, die in den letzten zwanzig Jahren eine Zier unſerer Aquarien trotz allen altberühmten Goldfiſchen geworden ſind, packen ſich die Liebespartner im Geſchlechtsſpiel aufs niedlichſte mit den Kiefern bei der Lippe und gaukeln und tollen ſo lange herum, bis der Bauch des Weibes nach oben die Eier aus¬ geſpritzt und der Mann nach unten den Samen darauf pollu¬ tioniert hat. Obwohl der Liebesbiß gewiß ſtumpf ſein ſoll, geht doch manche Lippe dabei in Fetzen, ein Beweis, daß ſolche ſcharfen Meſſer, wie die Zähne, für leidenſchaftliche Spiele der Art denn doch nicht das rechte Stützmittel waren. Intereſſant bleibt aber, daß in gewiſſem Sinne das Ver¬ ankern und Verklammern der Sichgattenden gerade durch

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Zitationshilfe: Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben02_1900/288>, abgerufen am 25.11.2024.