wegen) ausnahmsweise dort nicht die gewohnte Prügelei, sondern das Entgegenkommen einer verträglicheren Seele gefunden hat.
Einmal unter vier Augen mit der Zigeunerin, findet Stachelinsky die Sache offenbar gar nicht so ganz übel. Das Weiblein, das selber noch nicht recht zu wissen scheint, was es vor der Eremitenhöhle soll, wird von ihm recht vergnügt um¬ schwänzelt. Vor seinen Augen stürzt sich der Mann durch das offene Loch in die Nesthöhle, fegt das Innere noch ein letztes Mal rein und deutet durch manchelei Bewegungen an, es sei erwünscht, daß Stachelinska höchstselber einfahre. Stellt die Zigeunerin sich jetzt sehr dumm, so erwacht etwas von der alten Rauhbeinigkeit: Stachelinsky drängelt ihr ziemlich grob auf den Leib, kitzelt sie mit den Stacheln und prügelt sie leicht mit dem Schwanz: sie soll und muß ins Nest hinunter.
Hilft auch das nicht, so reißt dem Pflichtbräutigam die Geduld: "Weiber" kann er "mehr" haben, -- die Blöde wird brutal verjagt und eine neue herangeholt.
Schließlich nimmt aber doch wohl die erste oder irgend eine spätere Raison an, schlüpft in das Nest und begreift nun offenbar auch den eigentlichen Sinn des Ganzen. Sie soll da¬ hinein ihre Eier legen .....
Wie bei allen Fischen, ist zu diesem Akt bei dem Weibe offenbar auch hier eine gewisse Höhe und Auslösung geschlecht¬ licher Erregung nötig, die sich in ihm durch die langen Präli¬ minarien des eigentlichen Nestbesuches genügend angesammelt haben mag und nun in regelrechter Weise zum Ziele gelangt. Wahrscheinlich giebt das Männchen selbst noch einen letzten Effekt dazu, indem es dem Weibe in das Nest nachrückt und seinen Leib von der Seite her gegen den anderen reibt. Jeden¬ falls: Stachelinska verliert hastig zwei oder drei Eier. Dann aber bricht sie mit einem wüsten Ruck aus der anderen Seite des Nestes heraus, das so eine zweite Öffnung bekommt, und fort ist sie, heim zu den Genossen, ins freie Zigeunerlager der Stachelfrauen.
wegen) ausnahmsweiſe dort nicht die gewohnte Prügelei, ſondern das Entgegenkommen einer verträglicheren Seele gefunden hat.
Einmal unter vier Augen mit der Zigeunerin, findet Stachelinsky die Sache offenbar gar nicht ſo ganz übel. Das Weiblein, das ſelber noch nicht recht zu wiſſen ſcheint, was es vor der Eremitenhöhle ſoll, wird von ihm recht vergnügt um¬ ſchwänzelt. Vor ſeinen Augen ſtürzt ſich der Mann durch das offene Loch in die Neſthöhle, fegt das Innere noch ein letztes Mal rein und deutet durch manchelei Bewegungen an, es ſei erwünſcht, daß Stachelinska höchſtſelber einfahre. Stellt die Zigeunerin ſich jetzt ſehr dumm, ſo erwacht etwas von der alten Rauhbeinigkeit: Stachelinsky drängelt ihr ziemlich grob auf den Leib, kitzelt ſie mit den Stacheln und prügelt ſie leicht mit dem Schwanz: ſie ſoll und muß ins Neſt hinunter.
Hilft auch das nicht, ſo reißt dem Pflichtbräutigam die Geduld: „Weiber“ kann er „mehr“ haben, — die Blöde wird brutal verjagt und eine neue herangeholt.
Schließlich nimmt aber doch wohl die erſte oder irgend eine ſpätere Raiſon an, ſchlüpft in das Neſt und begreift nun offenbar auch den eigentlichen Sinn des Ganzen. Sie ſoll da¬ hinein ihre Eier legen .....
Wie bei allen Fiſchen, iſt zu dieſem Akt bei dem Weibe offenbar auch hier eine gewiſſe Höhe und Auslöſung geſchlecht¬ licher Erregung nötig, die ſich in ihm durch die langen Präli¬ minarien des eigentlichen Neſtbeſuches genügend angeſammelt haben mag und nun in regelrechter Weiſe zum Ziele gelangt. Wahrſcheinlich giebt das Männchen ſelbſt noch einen letzten Effekt dazu, indem es dem Weibe in das Neſt nachrückt und ſeinen Leib von der Seite her gegen den anderen reibt. Jeden¬ falls: Stachelinska verliert haſtig zwei oder drei Eier. Dann aber bricht ſie mit einem wüſten Ruck aus der anderen Seite des Neſtes heraus, das ſo eine zweite Öffnung bekommt, und fort iſt ſie, heim zu den Genoſſen, ins freie Zigeunerlager der Stachelfrauen.
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wegen) ausnahmsweiſe dort nicht die gewohnte Prügelei, ſondern
das Entgegenkommen einer verträglicheren Seele gefunden hat.
Einmal unter vier Augen mit der Zigeunerin, findet
Stachelinsky die Sache offenbar gar nicht ſo ganz übel. Das
Weiblein, das ſelber noch nicht recht zu wiſſen ſcheint, was es
vor der Eremitenhöhle ſoll, wird von ihm recht vergnügt um¬
ſchwänzelt. Vor ſeinen Augen ſtürzt ſich der Mann durch das
offene Loch in die Neſthöhle, fegt das Innere noch ein letztes
Mal rein und deutet durch manchelei Bewegungen an, es ſei
erwünſcht, daß Stachelinska höchſtſelber einfahre. Stellt die
Zigeunerin ſich jetzt ſehr dumm, ſo erwacht etwas von der
alten Rauhbeinigkeit: Stachelinsky drängelt ihr ziemlich grob
auf den Leib, kitzelt ſie mit den Stacheln und prügelt ſie
leicht mit dem Schwanz: ſie ſoll und muß ins Neſt hinunter.
Hilft auch das nicht, ſo reißt dem Pflichtbräutigam die
Geduld: „Weiber“ kann er „mehr“ haben, — die Blöde wird
brutal verjagt und eine neue herangeholt.
Schließlich nimmt aber doch wohl die erſte oder irgend
eine ſpätere Raiſon an, ſchlüpft in das Neſt und begreift nun
offenbar auch den eigentlichen Sinn des Ganzen. Sie ſoll da¬
hinein ihre Eier legen .....
Wie bei allen Fiſchen, iſt zu dieſem Akt bei dem Weibe
offenbar auch hier eine gewiſſe Höhe und Auslöſung geſchlecht¬
licher Erregung nötig, die ſich in ihm durch die langen Präli¬
minarien des eigentlichen Neſtbeſuches genügend angeſammelt
haben mag und nun in regelrechter Weiſe zum Ziele gelangt.
Wahrſcheinlich giebt das Männchen ſelbſt noch einen letzten
Effekt dazu, indem es dem Weibe in das Neſt nachrückt und
ſeinen Leib von der Seite her gegen den anderen reibt. Jeden¬
falls: Stachelinska verliert haſtig zwei oder drei Eier. Dann
aber bricht ſie mit einem wüſten Ruck aus der anderen Seite
des Neſtes heraus, das ſo eine zweite Öffnung bekommt, und
fort iſt ſie, heim zu den Genoſſen, ins freie Zigeunerlager der
Stachelfrauen.
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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 1. Florenz u. a., 1898, S. 347. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben01_1898/363>, abgerufen am 22.11.2024.
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