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Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890.

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D. Die Fernwaffen. 7. Das Faustrohr und die Pistole.
wurden diese Hulftern mit grossen Überschlägen (Taschen) versehen,
welche mit Emblemen, Namenszügen etc. geziert und mit Fransen
besetzt wurden. Lange Faustrohre, die in ihrer Grösse eine Über-
gangsform zur Arkebuse und zum Karabiner darstellen, wurden auch
auf der rechten Seite am rückwärtigen Sattelbogen in schweren Hulftern
geführt.

Als Reiterwaffe des Adligen wurde das Faustrohr schon in der
ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts ein beliebter Gegenstand künst-
lerischer Auszierung, und es haben darin die Deutschen durch ihre
ausserordentlich feinen und schönen Elfenbeineinlagen, die Italiener
durch ihre prächtigen Eisenschnitte, sowie durch ihre wunderbaren
Dekorationen in Tausia sich einen Namen zu machen gewusst.

Im 18. Jahrhundert, der Periode des Flintenschlosses, tritt die
Schaftdekoration mehr in den Hintergrund, dafür werden Läufe und
Schlösser, sowie die Beschläge mit Vorliebe verziert, und wir treffen
da auf ausgezeichnete Schnittarbeiten, wie auch auf Gravierungen, die
sich in manchen Fällen als Kunstwerke darstellen. Die Gold- und
Schwarzätzung, die einst einer so grossen Beliebtheit sich erfreute,
wird immer seltener und verschwindet endlich ganz. Die Schäfte
erhalten nur noch selten Metalleinlagen oder sind in seichter Aus-
führung geschnitzt; im übrigen wurden sie in der natürlichen Holz-
farbe belassen oder dunkel gebeizt.

In den orientalischen Ländern wird die Pistole im 16. Jahrhun-
dert nur von den Vornehmsten geführt, allgemeiner kommt sie erst
im 17. Jahrhundert in Aufnahme, kommt aber dann zu so hohem
Werte, dass sie mit dem Handschar der unzertrennliche Begleiter
jedes Mannes wird. Im Oriente ist die Pistole nicht wie in den
westlichen Ländern ein Gegenstand der Pferdeausrüstung, sie wird
nie in Hulftern, sondern stets im Gürtel des Mannes getragen. Die
Rohre sind ungemein dünn und von kleinem Kaliber, die meist euro-
päischen Schlösser klein, die Schäftung ist in den meisten Fällen mit
Metall beschlagen und oft mit edlen Steinen geziert. Nur die älteren
orientalischen Pistolen zeichnen sich durch Kunstwert aus, die neueren
sind zwar reich, ja überladen, in ihrer stilistischen Behandlung lassen
sie jedoch viel zu wünschen übrig.



D. Die Fernwaffen. 7. Das Faustrohr und die Pistole.
wurden diese Hulftern mit groſsen Überschlägen (Taschen) versehen,
welche mit Emblemen, Namenszügen etc. geziert und mit Fransen
besetzt wurden. Lange Faustrohre, die in ihrer Gröſse eine Über-
gangsform zur Arkebuse und zum Karabiner darstellen, wurden auch
auf der rechten Seite am rückwärtigen Sattelbogen in schweren Hulftern
geführt.

Als Reiterwaffe des Adligen wurde das Faustrohr schon in der
ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts ein beliebter Gegenstand künst-
lerischer Auszierung, und es haben darin die Deutschen durch ihre
auſserordentlich feinen und schönen Elfenbeineinlagen, die Italiener
durch ihre prächtigen Eisenschnitte, sowie durch ihre wunderbaren
Dekorationen in Tausia sich einen Namen zu machen gewuſst.

Im 18. Jahrhundert, der Periode des Flintenschlosses, tritt die
Schaftdekoration mehr in den Hintergrund, dafür werden Läufe und
Schlösser, sowie die Beschläge mit Vorliebe verziert, und wir treffen
da auf ausgezeichnete Schnittarbeiten, wie auch auf Gravierungen, die
sich in manchen Fällen als Kunstwerke darstellen. Die Gold- und
Schwarzätzung, die einst einer so groſsen Beliebtheit sich erfreute,
wird immer seltener und verschwindet endlich ganz. Die Schäfte
erhalten nur noch selten Metalleinlagen oder sind in seichter Aus-
führung geschnitzt; im übrigen wurden sie in der natürlichen Holz-
farbe belassen oder dunkel gebeizt.

In den orientalischen Ländern wird die Pistole im 16. Jahrhun-
dert nur von den Vornehmsten geführt, allgemeiner kommt sie erst
im 17. Jahrhundert in Aufnahme, kommt aber dann zu so hohem
Werte, daſs sie mit dem Handschar der unzertrennliche Begleiter
jedes Mannes wird. Im Oriente ist die Pistole nicht wie in den
westlichen Ländern ein Gegenstand der Pferdeausrüstung, sie wird
nie in Hulftern, sondern stets im Gürtel des Mannes getragen. Die
Rohre sind ungemein dünn und von kleinem Kaliber, die meist euro-
päischen Schlösser klein, die Schäftung ist in den meisten Fällen mit
Metall beschlagen und oft mit edlen Steinen geziert. Nur die älteren
orientalischen Pistolen zeichnen sich durch Kunstwert aus, die neueren
sind zwar reich, ja überladen, in ihrer stilistischen Behandlung lassen
sie jedoch viel zu wünschen übrig.



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[487/0505] D. Die Fernwaffen. 7. Das Faustrohr und die Pistole. wurden diese Hulftern mit groſsen Überschlägen (Taschen) versehen, welche mit Emblemen, Namenszügen etc. geziert und mit Fransen besetzt wurden. Lange Faustrohre, die in ihrer Gröſse eine Über- gangsform zur Arkebuse und zum Karabiner darstellen, wurden auch auf der rechten Seite am rückwärtigen Sattelbogen in schweren Hulftern geführt. Als Reiterwaffe des Adligen wurde das Faustrohr schon in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts ein beliebter Gegenstand künst- lerischer Auszierung, und es haben darin die Deutschen durch ihre auſserordentlich feinen und schönen Elfenbeineinlagen, die Italiener durch ihre prächtigen Eisenschnitte, sowie durch ihre wunderbaren Dekorationen in Tausia sich einen Namen zu machen gewuſst. Im 18. Jahrhundert, der Periode des Flintenschlosses, tritt die Schaftdekoration mehr in den Hintergrund, dafür werden Läufe und Schlösser, sowie die Beschläge mit Vorliebe verziert, und wir treffen da auf ausgezeichnete Schnittarbeiten, wie auch auf Gravierungen, die sich in manchen Fällen als Kunstwerke darstellen. Die Gold- und Schwarzätzung, die einst einer so groſsen Beliebtheit sich erfreute, wird immer seltener und verschwindet endlich ganz. Die Schäfte erhalten nur noch selten Metalleinlagen oder sind in seichter Aus- führung geschnitzt; im übrigen wurden sie in der natürlichen Holz- farbe belassen oder dunkel gebeizt. In den orientalischen Ländern wird die Pistole im 16. Jahrhun- dert nur von den Vornehmsten geführt, allgemeiner kommt sie erst im 17. Jahrhundert in Aufnahme, kommt aber dann zu so hohem Werte, daſs sie mit dem Handschar der unzertrennliche Begleiter jedes Mannes wird. Im Oriente ist die Pistole nicht wie in den westlichen Ländern ein Gegenstand der Pferdeausrüstung, sie wird nie in Hulftern, sondern stets im Gürtel des Mannes getragen. Die Rohre sind ungemein dünn und von kleinem Kaliber, die meist euro- päischen Schlösser klein, die Schäftung ist in den meisten Fällen mit Metall beschlagen und oft mit edlen Steinen geziert. Nur die älteren orientalischen Pistolen zeichnen sich durch Kunstwert aus, die neueren sind zwar reich, ja überladen, in ihrer stilistischen Behandlung lassen sie jedoch viel zu wünschen übrig.

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Zitationshilfe: Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 487. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/505>, abgerufen am 22.11.2024.