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Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890.

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II. Die Angriffswaffen.
die ersten Revolver-Faustrohre in Aufnahme, die meisten sind
mit 6 schüssiger Trommel ausgestattet. Welcher Nation die sinnreiche
Erfindung zuzuschreiben ist, kann nicht angegeben werden; die dem
Verfasser vor Augen gekommenen besitzen zwar italienische Formen
in der Schäftung, sind aber durchweg von deutscher Hand, viele in
Nürnberg gefertigt. (Fig. 565.)

Im Verlaufe des dreissigjährigen Krieges verändert sich die
Schaftform des Faustrohres dadurch, dass die Afterkugel verschwindet,
der Handgriff etwas geschwungen gebildet wird und in einer
mässigen, mit Metall beschlagenen Verstärkung endet. Von etwa 1650
an machen sich französische Einflüsse in der Formengebung immer
stärker geltend, ihnen verdankt die gegenwärtige Form ihre Entstehung
und von jener Zeit wird auch der Name Pistole immer häufiger
und schliesslich allgemein. Dass der Name von Pistoja herrühre,
ist ebensowenig begründet als die Herleitung des Wortes Bajonett
von Bajonne.*) Der Spanier bezeichnet mit pistoresa, wahrscheinlich
von piston hergeleitet, jede kurze, handsame Waffe, so auch den
kurzen Dolch, der Italiener mit pistolesa einen kurzen Säbel; es dürfte
sich sonach, wie so häufig in den Bezeichnungen von Waffen, der
Name von einem Vergleiche mit einem anderen ähnlichen Gegen-
stande herleiten.

Im 18. Jahrhundert scheiden sich nach dem Gebrauchszweck drei
Pistolengattungen ab: die Reiterpistole (Fig. 566) für das Feld
mit langem Laufe und kleinem Kaliber, die Jagdpistole mit grossem
Kaliber, zuweilen auch mit Trombonlauf für Schrotladung, weiters die
Scheibenpistole mit kleinem Kaliber, Stechschloss und nicht selten
auch gezogenem Laufe. Die Duellpistole besitzt in der Regel die
Form der Reiterpistole. In dieser Periode erscheinen die Doppel-
pistolen
, die ersten werden in Frankreich erzeugt. Die Vorteile
des Flintenschlosses wurden für die Pistole rasch ausgenutzt und auch
die Hahnsperre sehen wir häufig angewendet. Speziellen Bedürfnissen
dienten die kleinen Pistolen, Terzerole, pistolese genannt, endlich
die sogenannten Taschenpuffer, welche nur mehr als eine Art
Spielzeug anzusehen sind. Das Flintenschloss gestattete bei Pistolen
nicht nur die Anwendung von Wendersystemen mit 3--4 Läufen,
sondern auch das Revolversystem.

Das Faustrohr wurde unmittelbar nach seiner Einführung zur
Lieblingswaffe des adligen Reiters, der ein Paar derselben stets bei
seinen Ritten mit sich führte. Die gewöhnlichen Faustrohre wurden,
wie noch heute, am vorderen Sattelbogen in Hulftern geführt, die
meist mit Samt überzogen waren. Im 17. und 18. Jahrhundert

*) Man muss im allgemeinen die landläufigen Herleitungen der Bezeichnungen
im Waffenwesen mit Vorsicht aufnehmen. Nahezu alle laufen auf Lautähnlichkeiten
hinaus, die im übrigen jeder historischen Grundlage entbehren.

II. Die Angriffswaffen.
die ersten Revolver-Faustrohre in Aufnahme, die meisten sind
mit 6 schüssiger Trommel ausgestattet. Welcher Nation die sinnreiche
Erfindung zuzuschreiben ist, kann nicht angegeben werden; die dem
Verfasser vor Augen gekommenen besitzen zwar italienische Formen
in der Schäftung, sind aber durchweg von deutscher Hand, viele in
Nürnberg gefertigt. (Fig. 565.)

Im Verlaufe des dreiſsigjährigen Krieges verändert sich die
Schaftform des Faustrohres dadurch, daſs die Afterkugel verschwindet,
der Handgriff etwas geschwungen gebildet wird und in einer
mäſsigen, mit Metall beschlagenen Verstärkung endet. Von etwa 1650
an machen sich französische Einflüsse in der Formengebung immer
stärker geltend, ihnen verdankt die gegenwärtige Form ihre Entstehung
und von jener Zeit wird auch der Name Pistole immer häufiger
und schlieſslich allgemein. Daſs der Name von Pistoja herrühre,
ist ebensowenig begründet als die Herleitung des Wortes Bajonett
von Bajonne.*) Der Spanier bezeichnet mit pistoresa, wahrscheinlich
von piston hergeleitet, jede kurze, handsame Waffe, so auch den
kurzen Dolch, der Italiener mit pistolesa einen kurzen Säbel; es dürfte
sich sonach, wie so häufig in den Bezeichnungen von Waffen, der
Name von einem Vergleiche mit einem anderen ähnlichen Gegen-
stande herleiten.

Im 18. Jahrhundert scheiden sich nach dem Gebrauchszweck drei
Pistolengattungen ab: die Reiterpistole (Fig. 566) für das Feld
mit langem Laufe und kleinem Kaliber, die Jagdpistole mit groſsem
Kaliber, zuweilen auch mit Trombonlauf für Schrotladung, weiters die
Scheibenpistole mit kleinem Kaliber, Stechschloſs und nicht selten
auch gezogenem Laufe. Die Duellpistole besitzt in der Regel die
Form der Reiterpistole. In dieser Periode erscheinen die Doppel-
pistolen
, die ersten werden in Frankreich erzeugt. Die Vorteile
des Flintenschlosses wurden für die Pistole rasch ausgenutzt und auch
die Hahnsperre sehen wir häufig angewendet. Speziellen Bedürfnissen
dienten die kleinen Pistolen, Terzerole, pistolese genannt, endlich
die sogenannten Taschenpuffer, welche nur mehr als eine Art
Spielzeug anzusehen sind. Das Flintenschloſs gestattete bei Pistolen
nicht nur die Anwendung von Wendersystemen mit 3—4 Läufen,
sondern auch das Revolversystem.

Das Faustrohr wurde unmittelbar nach seiner Einführung zur
Lieblingswaffe des adligen Reiters, der ein Paar derselben stets bei
seinen Ritten mit sich führte. Die gewöhnlichen Faustrohre wurden,
wie noch heute, am vorderen Sattelbogen in Hulftern geführt, die
meist mit Samt überzogen waren. Im 17. und 18. Jahrhundert

*) Man muſs im allgemeinen die landläufigen Herleitungen der Bezeichnungen
im Waffenwesen mit Vorsicht aufnehmen. Nahezu alle laufen auf Lautähnlichkeiten
hinaus, die im übrigen jeder historischen Grundlage entbehren.
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[486/0504] II. Die Angriffswaffen. die ersten Revolver-Faustrohre in Aufnahme, die meisten sind mit 6 schüssiger Trommel ausgestattet. Welcher Nation die sinnreiche Erfindung zuzuschreiben ist, kann nicht angegeben werden; die dem Verfasser vor Augen gekommenen besitzen zwar italienische Formen in der Schäftung, sind aber durchweg von deutscher Hand, viele in Nürnberg gefertigt. (Fig. 565.) Im Verlaufe des dreiſsigjährigen Krieges verändert sich die Schaftform des Faustrohres dadurch, daſs die Afterkugel verschwindet, der Handgriff etwas geschwungen gebildet wird und in einer mäſsigen, mit Metall beschlagenen Verstärkung endet. Von etwa 1650 an machen sich französische Einflüsse in der Formengebung immer stärker geltend, ihnen verdankt die gegenwärtige Form ihre Entstehung und von jener Zeit wird auch der Name Pistole immer häufiger und schlieſslich allgemein. Daſs der Name von Pistoja herrühre, ist ebensowenig begründet als die Herleitung des Wortes Bajonett von Bajonne. *) Der Spanier bezeichnet mit pistoresa, wahrscheinlich von piston hergeleitet, jede kurze, handsame Waffe, so auch den kurzen Dolch, der Italiener mit pistolesa einen kurzen Säbel; es dürfte sich sonach, wie so häufig in den Bezeichnungen von Waffen, der Name von einem Vergleiche mit einem anderen ähnlichen Gegen- stande herleiten. Im 18. Jahrhundert scheiden sich nach dem Gebrauchszweck drei Pistolengattungen ab: die Reiterpistole (Fig. 566) für das Feld mit langem Laufe und kleinem Kaliber, die Jagdpistole mit groſsem Kaliber, zuweilen auch mit Trombonlauf für Schrotladung, weiters die Scheibenpistole mit kleinem Kaliber, Stechschloſs und nicht selten auch gezogenem Laufe. Die Duellpistole besitzt in der Regel die Form der Reiterpistole. In dieser Periode erscheinen die Doppel- pistolen, die ersten werden in Frankreich erzeugt. Die Vorteile des Flintenschlosses wurden für die Pistole rasch ausgenutzt und auch die Hahnsperre sehen wir häufig angewendet. Speziellen Bedürfnissen dienten die kleinen Pistolen, Terzerole, pistolese genannt, endlich die sogenannten Taschenpuffer, welche nur mehr als eine Art Spielzeug anzusehen sind. Das Flintenschloſs gestattete bei Pistolen nicht nur die Anwendung von Wendersystemen mit 3—4 Läufen, sondern auch das Revolversystem. Das Faustrohr wurde unmittelbar nach seiner Einführung zur Lieblingswaffe des adligen Reiters, der ein Paar derselben stets bei seinen Ritten mit sich führte. Die gewöhnlichen Faustrohre wurden, wie noch heute, am vorderen Sattelbogen in Hulftern geführt, die meist mit Samt überzogen waren. Im 17. und 18. Jahrhundert *) Man muſs im allgemeinen die landläufigen Herleitungen der Bezeichnungen im Waffenwesen mit Vorsicht aufnehmen. Nahezu alle laufen auf Lautähnlichkeiten hinaus, die im übrigen jeder historischen Grundlage entbehren.

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Zitationshilfe: Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 486. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/504>, abgerufen am 22.11.2024.