[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 12. Zürich, 1744.Wie weit sich ein Poet Man vergleiche nun mit diesen Sätzen und Er- "Es klingt etwas fremde: allein ich bin dadurch Eine gantz un- dem
Wie weit ſich ein Poet Man vergleiche nun mit dieſen Saͤtzen und Er- „Es klingt etwas fremde: allein ich bin dadurch Eine gantz un- dem
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0012" n="10"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Wie weit ſich ein Poet</hi> </fw><lb/> <p>Man vergleiche nun mit dieſen Saͤtzen und Er-<lb/> klaͤrungen, was J. A. K. ſonderlich Bl. 263. von<lb/> dem <hi rendition="#fr">wahren Wahne</hi> fuͤr neue Entdeckungen ge-<lb/> machet haben will, und ſehe, wie uͤbel es in die-<lb/> ſem Kopf muß aufgeraͤumt ſeyn, und wie zuver-<lb/> ſichtlich dieſer arme Stuͤmper die Sprache der<lb/> groͤſten Erfinder in dem Munde fuͤhret, und ſich<lb/> kaum enthalten kan, uͤberlaut auszuruffen, εὕϱηκα,<lb/> εὕϱηκα! Von dieſem <hi rendition="#fr">wahren Wahne</hi> ſagt er:</p><lb/> <cit> <quote>„Es klingt etwas fremde: allein ich bin dadurch<lb/> „darauf gebracht worden, weil man in dem ge-<lb/> „meinen Leben immer noch das Beywort <hi rendition="#fr">Falſch</hi><lb/> „bey dem Wahne gebraucht, wenn man willens<lb/> „iſt, eine irrige und unrichtige Erkenntniß anzu-<lb/> „deuten. Es koͤnnte vielleicht ſeyn, daß dieß<lb/> „Wort vor Zeiten zu den mittlern Woͤrtern<lb/> „gehoͤret, und eben ſo wohl eine gute als boͤſe<lb/> „Bedeutung gehabt; welche aber hernach verlo-<lb/> „ren gegangen. Der gute Geſchmack wuͤrde zu<lb/> „dieſer Art des Wahnes fuͤglich koͤnnen gerech-<lb/> „net werden. Doch es mag dieſes einer reifern<lb/> „Ueberlegung heimgeſtellet ſeyn.„</quote> </cit><lb/> <p>Eine gantz un-<lb/> erhoͤrte Entdeckung des <hi rendition="#fr">wahren Wahnes!</hi> Denn<lb/> da es einen falſchen und irrigen Wahn giebt, ſo<lb/> kan es ja nicht anders ſeyn, es muß auch einen<lb/><hi rendition="#fr">wahren</hi> Wahn geben. Trefflich wohl geſchloſ-<lb/> ſen! Und das Woͤrtgen <hi rendition="#fr">Wahn</hi> muß vor Zeiten<lb/> eine gute Bedeutung gehabt haben, es wird nem-<lb/> lich entweder eine gruͤndliche Erkenntniß des Wah-<lb/> ren und des Falſchen bedeutet haben, oder man<lb/> mag vor Zeiten ein uͤbereiltes Urtheil ohne Unter-<lb/> ſuchung fuͤr was gutes angeſehen haben. Neben<lb/> <fw place="bottom" type="catch">dem</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [10/0012]
Wie weit ſich ein Poet
Man vergleiche nun mit dieſen Saͤtzen und Er-
klaͤrungen, was J. A. K. ſonderlich Bl. 263. von
dem wahren Wahne fuͤr neue Entdeckungen ge-
machet haben will, und ſehe, wie uͤbel es in die-
ſem Kopf muß aufgeraͤumt ſeyn, und wie zuver-
ſichtlich dieſer arme Stuͤmper die Sprache der
groͤſten Erfinder in dem Munde fuͤhret, und ſich
kaum enthalten kan, uͤberlaut auszuruffen, εὕϱηκα,
εὕϱηκα! Von dieſem wahren Wahne ſagt er:
„Es klingt etwas fremde: allein ich bin dadurch
„darauf gebracht worden, weil man in dem ge-
„meinen Leben immer noch das Beywort Falſch
„bey dem Wahne gebraucht, wenn man willens
„iſt, eine irrige und unrichtige Erkenntniß anzu-
„deuten. Es koͤnnte vielleicht ſeyn, daß dieß
„Wort vor Zeiten zu den mittlern Woͤrtern
„gehoͤret, und eben ſo wohl eine gute als boͤſe
„Bedeutung gehabt; welche aber hernach verlo-
„ren gegangen. Der gute Geſchmack wuͤrde zu
„dieſer Art des Wahnes fuͤglich koͤnnen gerech-
„net werden. Doch es mag dieſes einer reifern
„Ueberlegung heimgeſtellet ſeyn.„
Eine gantz un-
erhoͤrte Entdeckung des wahren Wahnes! Denn
da es einen falſchen und irrigen Wahn giebt, ſo
kan es ja nicht anders ſeyn, es muß auch einen
wahren Wahn geben. Trefflich wohl geſchloſ-
ſen! Und das Woͤrtgen Wahn muß vor Zeiten
eine gute Bedeutung gehabt haben, es wird nem-
lich entweder eine gruͤndliche Erkenntniß des Wah-
ren und des Falſchen bedeutet haben, oder man
mag vor Zeiten ein uͤbereiltes Urtheil ohne Unter-
ſuchung fuͤr was gutes angeſehen haben. Neben
dem
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |