[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 10. Zürich, 1743.Versuch eines Gedichtes Hätt wohl sein Hertz versagt zu haben solche Freud,Die ihm nur ward zu bald verkehrt in bittres Leid.360. Auch ward ihm schwer sein Hertz, er fande ein Betrüben Des Ursach ihm nicht kund; Das Lob so sie verüben Zu seines Nahmens Preiß, ergetzet ihn nicht sehr, Er höret es mit an, als wann er es nicht wär. Der Menschen gröster Theil ist sonst also gesonnen, Daß vom gegebnen Lob gar leichtlich wird gewonnen Das menschliche Gemüth, die Lieb so aus sich kömmt, Nichts liebers als den Ruhm sein selbst zu Ohren nimmt. Fürnemlich ist also gesinnt die stoltze Jugend, Doch Davids seltner Geist und seine hohe Tugend370. Empfand das eitle nicht. Nach Ehren strebt er zwar, Doch nicht daß man sein Lob drum allen offenbar. Um gutes stets zu thun ist sein Gemüth beflissen, Doch daß er was damit verdient, will er nicht wissen. Drum bläset ihn nicht auf des Pöbels Lobgeschrey, Die alle frey gestehn wie er ihr Heiland sey. Sein Nahme wird gehört wo sie sich nur hinkehren, Wie kräfftig dieses ist die Eifersucht zu nähren Des Königs, ließ sich leicht verspüren, wenn man nun Gibt acht wie er sich stellt, und auf sein gantzes Thun.380. Was da nicht fähig war den David zu bewegen, Das kan des Königs Hertz zum Zorn und Eifer regen. Hätt man ihm doch allein gelegt die Ehre zu, So wär nicht so gestört sein und des Davids Ruh. Kaum wird in Gibea der Nahme Saul gehöret, Weil da wohl tausendmahl wird Davids Nahm geehret. Man wirfft ihm Kräntze zu, und aus den Fenstern fällt Ein Blumenregen ab auf diesen jungen Held. Sie klatschen in die Händ wo David kommt geritten, Das Frauenzimmer lobt sein Thun und edle Sitten,390. Die Männer seine That; Er ist ein Wunderbild, Da er Jsraels Furcht so wunderbar gestillt. Hätt Saul dieß vor gewußt, daß die vermuthet' Ehre Sollt David treffen mehr, als ihn, er würd vom Heere Jhn haben weggeschafft nach seinem Bethlehem, Und nicht den Schluß gefast, daß er nach Hof ihn nähm. Nun
Verſuch eines Gedichtes Haͤtt wohl ſein Hertz verſagt zu haben ſolche Freud,Die ihm nur ward zu bald verkehrt in bittres Leid.360. Auch ward ihm ſchwer ſein Hertz, er fande ein Betruͤben Des Urſach ihm nicht kund; Das Lob ſo ſie veruͤben Zu ſeines Nahmens Preiß, ergetzet ihn nicht ſehr, Er hoͤret es mit an, als wann er es nicht waͤr. Der Menſchen groͤſter Theil iſt ſonſt alſo geſonnen, Daß vom gegebnen Lob gar leichtlich wird gewonnen Das menſchliche Gemuͤth, die Lieb ſo aus ſich koͤmmt, Nichts liebers als den Ruhm ſein ſelbſt zu Ohren nimmt. Fuͤrnemlich iſt alſo geſinnt die ſtoltze Jugend, Doch Davids ſeltner Geiſt und ſeine hohe Tugend370. Empfand das eitle nicht. Nach Ehren ſtrebt er zwar, Doch nicht daß man ſein Lob drum allen offenbar. Um gutes ſtets zu thun iſt ſein Gemuͤth befliſſen, Doch daß er was damit verdient, will er nicht wiſſen. Drum blaͤſet ihn nicht auf des Poͤbels Lobgeſchrey, Die alle frey geſtehn wie er ihr Heiland ſey. Sein Nahme wird gehoͤrt wo ſie ſich nur hinkehren, Wie kraͤfftig dieſes iſt die Eiferſucht zu naͤhren Des Koͤnigs, ließ ſich leicht verſpuͤren, wenn man nun Gibt acht wie er ſich ſtellt, und auf ſein gantzes Thun.380. Was da nicht faͤhig war den David zu bewegen, Das kan des Koͤnigs Hertz zum Zorn und Eifer regen. Haͤtt man ihm doch allein gelegt die Ehre zu, So waͤr nicht ſo geſtoͤrt ſein und des Davids Ruh. Kaum wird in Gibea der Nahme Saul gehoͤret, Weil da wohl tauſendmahl wird Davids Nahm geehret. Man wirfft ihm Kraͤntze zu, und aus den Fenſtern faͤllt Ein Blumenregen ab auf dieſen jungen Held. Sie klatſchen in die Haͤnd wo David kommt geritten, Das Frauenzimmer lobt ſein Thun und edle Sitten,390. Die Maͤnner ſeine That; Er iſt ein Wunderbild, Da er Jſraels Furcht ſo wunderbar geſtillt. Haͤtt Saul dieß vor gewußt, daß die vermuthet’ Ehre Sollt David treffen mehr, als ihn, er wuͤrd vom Heere Jhn haben weggeſchafft nach ſeinem Bethlehem, Und nicht den Schluß gefaſt, daß er nach Hof ihn naͤhm. Nun
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0076" n="76"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Verſuch eines Gedichtes</hi> </fw><lb/> <l>Haͤtt wohl ſein Hertz verſagt zu haben ſolche Freud,</l><lb/> <l>Die ihm nur ward zu bald verkehrt in bittres Leid.<note place="right">360.</note></l><lb/> <l>Auch ward ihm ſchwer ſein Hertz, er fande ein Betruͤben</l><lb/> <l>Des Urſach ihm nicht kund; Das Lob ſo ſie veruͤben</l><lb/> <l>Zu ſeines Nahmens Preiß, ergetzet ihn nicht ſehr,</l><lb/> <l>Er hoͤret es mit an, als wann er es nicht waͤr.</l><lb/> <l>Der Menſchen groͤſter Theil iſt ſonſt alſo geſonnen,</l><lb/> <l>Daß vom gegebnen Lob gar leichtlich wird gewonnen</l><lb/> <l>Das menſchliche Gemuͤth, die Lieb ſo aus ſich koͤmmt,</l><lb/> <l>Nichts liebers als den Ruhm ſein ſelbſt zu Ohren nimmt.</l><lb/> <l>Fuͤrnemlich iſt alſo geſinnt die ſtoltze Jugend,</l><lb/> <l>Doch Davids ſeltner Geiſt und ſeine hohe Tugend<note place="right">370.</note></l><lb/> <l>Empfand das eitle nicht. Nach Ehren ſtrebt er zwar,</l><lb/> <l>Doch nicht daß man ſein Lob drum allen offenbar.</l><lb/> <l>Um gutes ſtets zu thun iſt ſein Gemuͤth befliſſen,</l><lb/> <l>Doch daß er was damit verdient, will er nicht wiſſen.</l><lb/> <l>Drum blaͤſet ihn nicht auf des Poͤbels Lobgeſchrey,</l><lb/> <l>Die alle frey geſtehn wie er ihr Heiland ſey.</l><lb/> <l>Sein Nahme wird gehoͤrt wo ſie ſich nur hinkehren,</l><lb/> <l>Wie kraͤfftig dieſes iſt die Eiferſucht zu naͤhren</l><lb/> <l>Des Koͤnigs, ließ ſich leicht verſpuͤren, wenn man nun</l><lb/> <l>Gibt acht wie er ſich ſtellt, und auf ſein gantzes Thun.<note place="right">380.</note></l><lb/> <l>Was da nicht faͤhig war den David zu bewegen,</l><lb/> <l>Das kan des Koͤnigs Hertz zum Zorn und Eifer regen.</l><lb/> <l>Haͤtt man ihm doch allein gelegt die Ehre zu,</l><lb/> <l>So waͤr nicht ſo geſtoͤrt ſein und des Davids Ruh.</l><lb/> <l>Kaum wird in Gibea der Nahme Saul gehoͤret,</l><lb/> <l>Weil da wohl tauſendmahl wird Davids Nahm geehret.</l><lb/> <l>Man wirfft ihm Kraͤntze zu, und aus den Fenſtern faͤllt</l><lb/> <l>Ein Blumenregen ab auf dieſen jungen Held.</l><lb/> <l>Sie klatſchen in die Haͤnd wo David kommt geritten,</l><lb/> <l>Das Frauenzimmer lobt ſein Thun und edle Sitten,<note place="right">390.</note></l><lb/> <l>Die Maͤnner ſeine That; Er iſt ein Wunderbild,</l><lb/> <l>Da er Jſraels Furcht ſo wunderbar geſtillt.</l><lb/> <l>Haͤtt Saul dieß vor gewußt, daß die vermuthet’ Ehre</l><lb/> <l>Sollt David treffen mehr, als ihn, er wuͤrd vom Heere</l><lb/> <l>Jhn haben weggeſchafft nach ſeinem Bethlehem,</l><lb/> <l>Und nicht den Schluß gefaſt, daß er nach Hof ihn naͤhm.</l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Nun</fw><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [76/0076]
Verſuch eines Gedichtes
Haͤtt wohl ſein Hertz verſagt zu haben ſolche Freud,
Die ihm nur ward zu bald verkehrt in bittres Leid.
Auch ward ihm ſchwer ſein Hertz, er fande ein Betruͤben
Des Urſach ihm nicht kund; Das Lob ſo ſie veruͤben
Zu ſeines Nahmens Preiß, ergetzet ihn nicht ſehr,
Er hoͤret es mit an, als wann er es nicht waͤr.
Der Menſchen groͤſter Theil iſt ſonſt alſo geſonnen,
Daß vom gegebnen Lob gar leichtlich wird gewonnen
Das menſchliche Gemuͤth, die Lieb ſo aus ſich koͤmmt,
Nichts liebers als den Ruhm ſein ſelbſt zu Ohren nimmt.
Fuͤrnemlich iſt alſo geſinnt die ſtoltze Jugend,
Doch Davids ſeltner Geiſt und ſeine hohe Tugend
Empfand das eitle nicht. Nach Ehren ſtrebt er zwar,
Doch nicht daß man ſein Lob drum allen offenbar.
Um gutes ſtets zu thun iſt ſein Gemuͤth befliſſen,
Doch daß er was damit verdient, will er nicht wiſſen.
Drum blaͤſet ihn nicht auf des Poͤbels Lobgeſchrey,
Die alle frey geſtehn wie er ihr Heiland ſey.
Sein Nahme wird gehoͤrt wo ſie ſich nur hinkehren,
Wie kraͤfftig dieſes iſt die Eiferſucht zu naͤhren
Des Koͤnigs, ließ ſich leicht verſpuͤren, wenn man nun
Gibt acht wie er ſich ſtellt, und auf ſein gantzes Thun.
Was da nicht faͤhig war den David zu bewegen,
Das kan des Koͤnigs Hertz zum Zorn und Eifer regen.
Haͤtt man ihm doch allein gelegt die Ehre zu,
So waͤr nicht ſo geſtoͤrt ſein und des Davids Ruh.
Kaum wird in Gibea der Nahme Saul gehoͤret,
Weil da wohl tauſendmahl wird Davids Nahm geehret.
Man wirfft ihm Kraͤntze zu, und aus den Fenſtern faͤllt
Ein Blumenregen ab auf dieſen jungen Held.
Sie klatſchen in die Haͤnd wo David kommt geritten,
Das Frauenzimmer lobt ſein Thun und edle Sitten,
Die Maͤnner ſeine That; Er iſt ein Wunderbild,
Da er Jſraels Furcht ſo wunderbar geſtillt.
Haͤtt Saul dieß vor gewußt, daß die vermuthet’ Ehre
Sollt David treffen mehr, als ihn, er wuͤrd vom Heere
Jhn haben weggeſchafft nach ſeinem Bethlehem,
Und nicht den Schluß gefaſt, daß er nach Hof ihn naͤhm.
Nun
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |