[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 10. Zürich, 1743.von David. Den stoltzen Feind erwart, und als ein tapfrer HeldJhn bey dem Bart erwischt, und drauf zu Boden fällt. Hie setzt er sich auf ihn, hält ihn mit solcher Stärcke, Daß man gestehen muß, diß wären Löwenwercke,330. Und ehe sich der Löw kan wieder heben auf, Hat ihm ein Messer schon gekürtzt den Lebenslauf. Der Held der Thiere liegt dem Helde hin zu Füssen, Besinget Davids Sieg, mit seinem Blutvergiessen So ward das Lamm gerett, das der getreue Hirt Zu der erschrocknen Heerd mit Freuden wieder führt. Es ward sein stilles Hertz durch dieses Wundersiegen Nicht frech, noch voller Stoltz, nein, er ließ ihm genügen, Daß er was er bewacht, vom Tode nun befreyt, Und sagte niemand nichts, bis zu bequemer Zeit.340. Er prieß indessen Gott, den Herrscher aller Herren, Der seinen Arm gestärckt, zu seines Namens Ehren, Und bat, daß dessen Gnad ihm gäbe Kraft und Stärck, Nach dieser Zeit zu thun des Allerhöchsten Werck. Hierauf, weil schon der Tag sich schiene zu verliehren, Wollt David seine Heerd in ihre Hürden führen, Trieb sie drauf für sich hin, durch einen tiefen Thal, Und spielte ihnen für mit seiner Harffen Schall: Der Ort zu seiner Ruh war rund herum beschlossen Mit steinigtem Gebirg, woraus mit Anmuth flossen350. Der Bäche Silber-Quell, so durch die Klippen fiel, Und eilte mit Geräusch zu kommen nach dem Ziel. Diß sausendes Getön bracht Anmuth da zu schlafen, Drum hatte David auch mit seinen lieben Schafen, Erkieset dieses Thal, das die Natur bebaut Mit einer Maur, daß er sein Vieh hie sicher schaut. Dann nur ein Eingang war den wilden Thieren offen, Doch, daß für deren Wuth man Sicherheit zu hoffen, Lag da sein Schäferhund, des Treu und Wachsamkeit Jhn nimmer nicht verließ, bey Tag-noch Nachtes-Zeit.360. Wie V. 359. Lag da sein Schäferhund etc.)
[Spaltenumbruch] Der Poet verläßt David in den kleinsten Umständen nicht, er fol- get ihm zu seiner Heerde, hilft ihm nicht allein den Bären, und [Spaltenumbruch] den Löwen überwinden, sondern decket ihn noch mit einem Bette in einer verschlossenen Höhle, welche er von einem treuen Schä- von David. Den ſtoltzen Feind erwart, und als ein tapfrer HeldJhn bey dem Bart erwiſcht, und drauf zu Boden faͤllt. Hie ſetzt er ſich auf ihn, haͤlt ihn mit ſolcher Staͤrcke, Daß man geſtehen muß, diß waͤren Loͤwenwercke,330. Und ehe ſich der Loͤw kan wieder heben auf, Hat ihm ein Meſſer ſchon gekuͤrtzt den Lebenslauf. Der Held der Thiere liegt dem Helde hin zu Fuͤſſen, Beſinget Davids Sieg, mit ſeinem Blutvergieſſen So ward das Lamm gerett, das der getreue Hirt Zu der erſchrocknen Heerd mit Freuden wieder fuͤhrt. Es ward ſein ſtilles Hertz durch dieſes Wunderſiegen Nicht frech, noch voller Stoltz, nein, er ließ ihm genuͤgen, Daß er was er bewacht, vom Tode nun befreyt, Und ſagte niemand nichts, bis zu bequemer Zeit.340. Er prieß indeſſen Gott, den Herrſcher aller Herren, Der ſeinen Arm geſtaͤrckt, zu ſeines Namens Ehren, Und bat, daß deſſen Gnad ihm gaͤbe Kraft und Staͤrck, Nach dieſer Zeit zu thun des Allerhoͤchſten Werck. Hierauf, weil ſchon der Tag ſich ſchiene zu verliehren, Wollt David ſeine Heerd in ihre Huͤrden fuͤhren, Trieb ſie drauf fuͤr ſich hin, durch einen tiefen Thal, Und ſpielte ihnen fuͤr mit ſeiner Harffen Schall: Der Ort zu ſeiner Ruh war rund herum beſchloſſen Mit ſteinigtem Gebirg, woraus mit Anmuth floſſen350. Der Baͤche Silber-Quell, ſo durch die Klippen fiel, Und eilte mit Geraͤuſch zu kommen nach dem Ziel. Diß ſauſendes Getoͤn bracht Anmuth da zu ſchlafen, Drum hatte David auch mit ſeinen lieben Schafen, Erkieſet dieſes Thal, das die Natur bebaut Mit einer Maur, daß er ſein Vieh hie ſicher ſchaut. Dann nur ein Eingang war den wilden Thieren offen, Doch, daß fuͤr deren Wuth man Sicherheit zu hoffen, Lag da ſein Schaͤferhund, des Treu und Wachſamkeit Jhn nimmer nicht verließ, bey Tag-noch Nachtes-Zeit.360. Wie V. 359. Lag da ſein Schaͤferhund ꝛc.)
[Spaltenumbruch] Der Poet verlaͤßt David in den kleinſten Umſtaͤnden nicht, er fol- get ihm zu ſeiner Heerde, hilft ihm nicht allein den Baͤren, und [Spaltenumbruch] den Loͤwen uͤberwinden, ſondern decket ihn noch mit einem Bette in einer verſchloſſenen Hoͤhle, welche er von einem treuen Schaͤ- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0031" n="31"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g">von David.</hi> </hi> </fw><lb/> <l>Den ſtoltzen Feind erwart, und als ein tapfrer Held</l><lb/> <l>Jhn bey dem Bart erwiſcht, und drauf zu Boden faͤllt.</l><lb/> <l>Hie ſetzt er ſich auf ihn, haͤlt ihn mit ſolcher Staͤrcke,</l><lb/> <l>Daß man geſtehen muß, diß waͤren Loͤwenwercke,<note place="right">330.</note></l><lb/> <l>Und ehe ſich der Loͤw kan wieder heben auf,</l><lb/> <l>Hat ihm ein Meſſer ſchon gekuͤrtzt den Lebenslauf.</l><lb/> <l>Der Held der Thiere liegt dem Helde hin zu Fuͤſſen,</l><lb/> <l>Beſinget Davids Sieg, mit ſeinem Blutvergieſſen</l><lb/> <l>So ward das Lamm gerett, das der getreue Hirt</l><lb/> <l>Zu der erſchrocknen Heerd mit Freuden wieder fuͤhrt.</l><lb/> <l>Es ward ſein ſtilles Hertz durch dieſes Wunderſiegen</l><lb/> <l>Nicht frech, noch voller Stoltz, nein, er ließ ihm genuͤgen,</l><lb/> <l>Daß er was er bewacht, vom Tode nun befreyt,</l><lb/> <l>Und ſagte niemand nichts, bis zu bequemer Zeit.<note place="right">340.</note></l><lb/> <l>Er prieß indeſſen Gott, den Herrſcher aller Herren,</l><lb/> <l>Der ſeinen Arm geſtaͤrckt, zu ſeines Namens Ehren,</l><lb/> <l>Und bat, daß deſſen Gnad ihm gaͤbe Kraft und Staͤrck,</l><lb/> <l>Nach dieſer Zeit zu thun des Allerhoͤchſten Werck.</l> </lg><lb/> <lg type="poem"> <l>Hierauf, weil ſchon der Tag ſich ſchiene zu verliehren,</l><lb/> <l>Wollt David ſeine Heerd in ihre Huͤrden fuͤhren,</l><lb/> <l>Trieb ſie drauf fuͤr ſich hin, durch einen tiefen Thal,</l><lb/> <l>Und ſpielte ihnen fuͤr mit ſeiner Harffen Schall:</l><lb/> <l>Der Ort zu ſeiner Ruh war rund herum beſchloſſen</l><lb/> <l>Mit ſteinigtem Gebirg, woraus mit Anmuth floſſen<note place="right">350.</note></l><lb/> <l>Der Baͤche Silber-Quell, ſo durch die Klippen fiel,</l><lb/> <l>Und eilte mit Geraͤuſch zu kommen nach dem Ziel.</l><lb/> <l>Diß ſauſendes Getoͤn bracht Anmuth da zu ſchlafen,</l><lb/> <l>Drum hatte David auch mit ſeinen lieben Schafen,</l><lb/> <l>Erkieſet dieſes Thal, das die Natur bebaut</l><lb/> <l>Mit einer Maur, daß er ſein Vieh hie ſicher ſchaut.</l><lb/> <l>Dann nur ein Eingang war den wilden Thieren offen,</l><lb/> <l>Doch, daß fuͤr deren Wuth man Sicherheit zu hoffen,</l><lb/> <l>Lag da ſein Schaͤferhund, des Treu und Wachſamkeit<note xml:id="f03" place="foot" next="#f04">V. 359. Lag da ſein Schaͤferhund ꝛc.)<lb/><cb/> Der Poet verlaͤßt David in den<lb/> kleinſten Umſtaͤnden nicht, er fol-<lb/> get ihm zu ſeiner Heerde, hilft<lb/> ihm nicht allein den Baͤren, und<lb/><cb/> den Loͤwen uͤberwinden, ſondern<lb/> decket ihn noch mit einem Bette<lb/> in einer verſchloſſenen Hoͤhle,<lb/> welche er von einem treuen Schaͤ-</note></l><lb/> <l>Jhn nimmer nicht verließ, bey Tag-noch Nachtes-Zeit.<note place="right">360.</note></l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Wie</fw><lb/><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [31/0031]
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Den ſtoltzen Feind erwart, und als ein tapfrer Held
Jhn bey dem Bart erwiſcht, und drauf zu Boden faͤllt.
Hie ſetzt er ſich auf ihn, haͤlt ihn mit ſolcher Staͤrcke,
Daß man geſtehen muß, diß waͤren Loͤwenwercke,
Und ehe ſich der Loͤw kan wieder heben auf,
Hat ihm ein Meſſer ſchon gekuͤrtzt den Lebenslauf.
Der Held der Thiere liegt dem Helde hin zu Fuͤſſen,
Beſinget Davids Sieg, mit ſeinem Blutvergieſſen
So ward das Lamm gerett, das der getreue Hirt
Zu der erſchrocknen Heerd mit Freuden wieder fuͤhrt.
Es ward ſein ſtilles Hertz durch dieſes Wunderſiegen
Nicht frech, noch voller Stoltz, nein, er ließ ihm genuͤgen,
Daß er was er bewacht, vom Tode nun befreyt,
Und ſagte niemand nichts, bis zu bequemer Zeit.
Er prieß indeſſen Gott, den Herrſcher aller Herren,
Der ſeinen Arm geſtaͤrckt, zu ſeines Namens Ehren,
Und bat, daß deſſen Gnad ihm gaͤbe Kraft und Staͤrck,
Nach dieſer Zeit zu thun des Allerhoͤchſten Werck.
Hierauf, weil ſchon der Tag ſich ſchiene zu verliehren,
Wollt David ſeine Heerd in ihre Huͤrden fuͤhren,
Trieb ſie drauf fuͤr ſich hin, durch einen tiefen Thal,
Und ſpielte ihnen fuͤr mit ſeiner Harffen Schall:
Der Ort zu ſeiner Ruh war rund herum beſchloſſen
Mit ſteinigtem Gebirg, woraus mit Anmuth floſſen
Der Baͤche Silber-Quell, ſo durch die Klippen fiel,
Und eilte mit Geraͤuſch zu kommen nach dem Ziel.
Diß ſauſendes Getoͤn bracht Anmuth da zu ſchlafen,
Drum hatte David auch mit ſeinen lieben Schafen,
Erkieſet dieſes Thal, das die Natur bebaut
Mit einer Maur, daß er ſein Vieh hie ſicher ſchaut.
Dann nur ein Eingang war den wilden Thieren offen,
Doch, daß fuͤr deren Wuth man Sicherheit zu hoffen,
Lag da ſein Schaͤferhund, des Treu und Wachſamkeit
Jhn nimmer nicht verließ, bey Tag-noch Nachtes-Zeit.
Wie
V. 359. Lag da ſein Schaͤferhund ꝛc.)
Der Poet verlaͤßt David in den
kleinſten Umſtaͤnden nicht, er fol-
get ihm zu ſeiner Heerde, hilft
ihm nicht allein den Baͤren, und
den Loͤwen uͤberwinden, ſondern
decket ihn noch mit einem Bette
in einer verſchloſſenen Hoͤhle,
welche er von einem treuen Schaͤ-
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