Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 8. Zürich, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite

des deutschen Cato.
rechtmäßigen Besitz des Frantzösischen Cato des
Herrn Deschamps gesetzet; wozu er ungefehr drey
gute Groschen aufgewendet hat. Das ist eine
Tragödie, die in ihrem Vaterlande ziemlich unbe-
kannt geblieben war, dergestalt daß ihr Verfasser
sich gemüssiget gesehen, zu ihrem und seinem Lobe
die Feder anzusetzen, welches er in einer Verglei-
chung derselben mit Addisons Engelländischer von
demselben Jnnhalt gantz aufrichtig gethan, und
ihr mit grosser Bescheidenheit den Vorzug vor der
fremden zugesprochen hat. Er hat dabey eine sol-
che Manier gebraucht, daß er vielmehr für den
Vorzug der Frantzösischen Schaubühne vor der
Engelländischen als vor seine Tragödie zu fechten
geschienen. Da Addisons Cato die beste Engel-
ländische Tragödie ist, und seine eigene eine von
den besten Frantzösischen, so bestreitet er in Addi-
sons Tragödie die gantze Engelländische Schau-
bühne, und setzet sie unter die Frantzösische hinun-
ter. Jch muß bekennen, daß er dieses so gut aus-
geführet hat, als er gründlich bewiesen, daß sein
Werck besser als Addisons sey. Man mag den
Englischen Mylord, den er zum Schiedrichter ge-
nommen hat, darum befragen, wenn man ihn ir-
gend antrifft. Deschamps hat die Welt überre-
den wollen, er habe vor Verfertigung seines Cato
den Englischen nicht gesehen, aber man ist so un-
billig gewesen, daß mans ihm nicht hat glauben
wollen, ungeachtet man in seinem Wercke nicht
die geringste Spur von Addison wahrnehmen kan.

Ferner hat Hr. Gottsched sich auch ein Recht
auf Addisons Cato mit etlichen Groschen erwor-

ben.
F 2

des deutſchen Cato.
rechtmaͤßigen Beſitz des Frantzoͤſiſchen Cato des
Herrn Deschamps geſetzet; wozu er ungefehr drey
gute Groſchen aufgewendet hat. Das iſt eine
Tragoͤdie, die in ihrem Vaterlande ziemlich unbe-
kannt geblieben war, dergeſtalt daß ihr Verfaſſer
ſich gemuͤſſiget geſehen, zu ihrem und ſeinem Lobe
die Feder anzuſetzen, welches er in einer Verglei-
chung derſelben mit Addiſons Engellaͤndiſcher von
demſelben Jnnhalt gantz aufrichtig gethan, und
ihr mit groſſer Beſcheidenheit den Vorzug vor der
fremden zugeſprochen hat. Er hat dabey eine ſol-
che Manier gebraucht, daß er vielmehr fuͤr den
Vorzug der Frantzoͤſiſchen Schaubuͤhne vor der
Engellaͤndiſchen als vor ſeine Tragoͤdie zu fechten
geſchienen. Da Addiſons Cato die beſte Engel-
laͤndiſche Tragoͤdie iſt, und ſeine eigene eine von
den beſten Frantzoͤſiſchen, ſo beſtreitet er in Addi-
ſons Tragoͤdie die gantze Engellaͤndiſche Schau-
buͤhne, und ſetzet ſie unter die Frantzoͤſiſche hinun-
ter. Jch muß bekennen, daß er dieſes ſo gut aus-
gefuͤhret hat, als er gruͤndlich bewieſen, daß ſein
Werck beſſer als Addiſons ſey. Man mag den
Engliſchen Mylord, den er zum Schiedrichter ge-
nommen hat, darum befragen, wenn man ihn ir-
gend antrifft. Deschamps hat die Welt uͤberre-
den wollen, er habe vor Verfertigung ſeines Cato
den Engliſchen nicht geſehen, aber man iſt ſo un-
billig geweſen, daß mans ihm nicht hat glauben
wollen, ungeachtet man in ſeinem Wercke nicht
die geringſte Spur von Addiſon wahrnehmen kan.

Ferner hat Hr. Gottſched ſich auch ein Recht
auf Addiſons Cato mit etlichen Groſchen erwor-

ben.
F 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0083" n="83"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">des deut&#x017F;chen Cato.</hi></fw><lb/>
rechtma&#x0364;ßigen Be&#x017F;itz des Frantzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen Cato des<lb/>
Herrn Deschamps ge&#x017F;etzet; wozu er ungefehr drey<lb/>
gute Gro&#x017F;chen aufgewendet hat. Das i&#x017F;t eine<lb/>
Trago&#x0364;die, die in ihrem Vaterlande ziemlich unbe-<lb/>
kannt geblieben war, derge&#x017F;talt daß ihr Verfa&#x017F;&#x017F;er<lb/>
&#x017F;ich gemu&#x0364;&#x017F;&#x017F;iget ge&#x017F;ehen, zu ihrem und &#x017F;einem Lobe<lb/>
die Feder anzu&#x017F;etzen, welches er in einer Verglei-<lb/>
chung der&#x017F;elben mit Addi&#x017F;ons Engella&#x0364;ndi&#x017F;cher von<lb/>
dem&#x017F;elben Jnnhalt gantz aufrichtig gethan, und<lb/>
ihr mit gro&#x017F;&#x017F;er Be&#x017F;cheidenheit den Vorzug vor der<lb/>
fremden zuge&#x017F;prochen hat. Er hat dabey eine &#x017F;ol-<lb/>
che Manier gebraucht, daß er vielmehr fu&#x0364;r den<lb/>
Vorzug der Frantzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen Schaubu&#x0364;hne vor der<lb/>
Engella&#x0364;ndi&#x017F;chen als vor &#x017F;eine Trago&#x0364;die zu fechten<lb/>
ge&#x017F;chienen. Da Addi&#x017F;ons Cato die be&#x017F;te Engel-<lb/>
la&#x0364;ndi&#x017F;che Trago&#x0364;die i&#x017F;t, und &#x017F;eine eigene eine von<lb/>
den be&#x017F;ten Frantzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen, &#x017F;o be&#x017F;treitet er in Addi-<lb/>
&#x017F;ons Trago&#x0364;die die gantze Engella&#x0364;ndi&#x017F;che Schau-<lb/>
bu&#x0364;hne, und &#x017F;etzet &#x017F;ie unter die Frantzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;che hinun-<lb/>
ter. Jch muß bekennen, daß er die&#x017F;es &#x017F;o gut aus-<lb/>
gefu&#x0364;hret hat, als er gru&#x0364;ndlich bewie&#x017F;en, daß &#x017F;ein<lb/>
Werck be&#x017F;&#x017F;er als Addi&#x017F;ons &#x017F;ey. Man mag den<lb/>
Engli&#x017F;chen Mylord, den er zum Schiedrichter ge-<lb/>
nommen hat, darum befragen, wenn man ihn ir-<lb/>
gend antrifft. Deschamps hat die Welt u&#x0364;berre-<lb/>
den wollen, er habe vor Verfertigung &#x017F;eines Cato<lb/>
den Engli&#x017F;chen nicht ge&#x017F;ehen, aber man i&#x017F;t &#x017F;o un-<lb/>
billig gewe&#x017F;en, daß mans ihm nicht hat glauben<lb/>
wollen, ungeachtet man in &#x017F;einem Wercke nicht<lb/>
die gering&#x017F;te Spur von Addi&#x017F;on wahrnehmen kan.</p><lb/>
        <p>Ferner hat Hr. Gott&#x017F;ched &#x017F;ich auch ein Recht<lb/>
auf Addi&#x017F;ons Cato mit etlichen Gro&#x017F;chen erwor-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">F 2</fw><fw place="bottom" type="catch">ben.</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[83/0083] des deutſchen Cato. rechtmaͤßigen Beſitz des Frantzoͤſiſchen Cato des Herrn Deschamps geſetzet; wozu er ungefehr drey gute Groſchen aufgewendet hat. Das iſt eine Tragoͤdie, die in ihrem Vaterlande ziemlich unbe- kannt geblieben war, dergeſtalt daß ihr Verfaſſer ſich gemuͤſſiget geſehen, zu ihrem und ſeinem Lobe die Feder anzuſetzen, welches er in einer Verglei- chung derſelben mit Addiſons Engellaͤndiſcher von demſelben Jnnhalt gantz aufrichtig gethan, und ihr mit groſſer Beſcheidenheit den Vorzug vor der fremden zugeſprochen hat. Er hat dabey eine ſol- che Manier gebraucht, daß er vielmehr fuͤr den Vorzug der Frantzoͤſiſchen Schaubuͤhne vor der Engellaͤndiſchen als vor ſeine Tragoͤdie zu fechten geſchienen. Da Addiſons Cato die beſte Engel- laͤndiſche Tragoͤdie iſt, und ſeine eigene eine von den beſten Frantzoͤſiſchen, ſo beſtreitet er in Addi- ſons Tragoͤdie die gantze Engellaͤndiſche Schau- buͤhne, und ſetzet ſie unter die Frantzoͤſiſche hinun- ter. Jch muß bekennen, daß er dieſes ſo gut aus- gefuͤhret hat, als er gruͤndlich bewieſen, daß ſein Werck beſſer als Addiſons ſey. Man mag den Engliſchen Mylord, den er zum Schiedrichter ge- nommen hat, darum befragen, wenn man ihn ir- gend antrifft. Deschamps hat die Welt uͤberre- den wollen, er habe vor Verfertigung ſeines Cato den Engliſchen nicht geſehen, aber man iſt ſo un- billig geweſen, daß mans ihm nicht hat glauben wollen, ungeachtet man in ſeinem Wercke nicht die geringſte Spur von Addiſon wahrnehmen kan. Ferner hat Hr. Gottſched ſich auch ein Recht auf Addiſons Cato mit etlichen Groſchen erwor- ben. F 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung08_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung08_1743/83
Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 8. Zürich, 1743, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung08_1743/83>, abgerufen am 21.11.2024.