Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 7. Zürich, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite

Abentheuer von der Aeneis
es schien, ziemlich gelassen an, und gestuhnd mir,
daß seine Arbeit mit denen ausgestellten Fehlern
würcklich behaftet wäre. Aber da ich ihn fol-
gends zu der angesetzten Strafe des Schulesels
verurtheilete, konnte er sich nicht so leicht darein
ergeben; es reuete ihn der gebrauchten List, wel-
che ihm so übel bekommen sollte; und er that
ein freyes Bekenntniß, daß er diese gereimte Ue-
bersetzung, die ich so scharf beurtheilet hätte, nicht
selbst verfertiget, sondern aus einem gedruckten
Buche, das erst in diesem Jahr zu Regensburg
an das Licht gekommen wäre, von Wort zu
Wort abgeschrieben hätte; er hätte sich nicht
getrauet etwas bessers zu machen. Er zog das
Buch aus der Tasche hervor, und zeigete mir
die Stellen, die er ohne die geringste Verän-
derung abgecopiert hatte. Er hieß mich überdies
das Auge auf den Gnadenbrief werfen, womit
seine Hochedelg. Magnificenz, der Hr. Prof. Gott-
sched, diese neue Uebersetzung begleitet, und angeprie-
sen hatte; desgleichen auf das stattliche Zeugniß,
welches eben derselbe dieser Uebersetzung in dem
XXIX. St. der critischen Beyträge beygeleget hat.
Wir lesen an diesen beyden Orten von Joh. Chri-
stoph Schwartzen, (das ist der Nahme dieses deut-
schen Uebersetzers Virgils, den mein Schüler
Johann Christoph Weiß ausgeplündert hatte,)
unter andern folgende Worte:

"Derselbe scheint
"allerdings zu Uebersetzungen alter Poeten recht
"gebohren zu seyn. - - Jch statte unserm Vater-
"lande zu dieser deutschen Aeneis meinen Glück-
"wunsch ab. - - - - Er hat darinn gewiesen,
"daß

Abentheuer von der Aeneis
es ſchien, ziemlich gelaſſen an, und geſtuhnd mir,
daß ſeine Arbeit mit denen ausgeſtellten Fehlern
wuͤrcklich behaftet waͤre. Aber da ich ihn fol-
gends zu der angeſetzten Strafe des Schuleſels
verurtheilete, konnte er ſich nicht ſo leicht darein
ergeben; es reuete ihn der gebrauchten Liſt, wel-
che ihm ſo uͤbel bekommen ſollte; und er that
ein freyes Bekenntniß, daß er dieſe gereimte Ue-
berſetzung, die ich ſo ſcharf beurtheilet haͤtte, nicht
ſelbſt verfertiget, ſondern aus einem gedruckten
Buche, das erſt in dieſem Jahr zu Regensburg
an das Licht gekommen waͤre, von Wort zu
Wort abgeſchrieben haͤtte; er haͤtte ſich nicht
getrauet etwas beſſers zu machen. Er zog das
Buch aus der Taſche hervor, und zeigete mir
die Stellen, die er ohne die geringſte Veraͤn-
derung abgecopiert hatte. Er hieß mich uͤberdies
das Auge auf den Gnadenbrief werfen, womit
ſeine Hochedelg. Magnificenz, der Hr. Prof. Gott-
ſched, dieſe neue Ueberſetzung begleitet, und angeprie-
ſen hatte; desgleichen auf das ſtattliche Zeugniß,
welches eben derſelbe dieſer Ueberſetzung in dem
XXIX. St. der critiſchen Beytraͤge beygeleget hat.
Wir leſen an dieſen beyden Orten von Joh. Chri-
ſtoph Schwartzen, (das iſt der Nahme dieſes deut-
ſchen Ueberſetzers Virgils, den mein Schuͤler
Johann Chriſtoph Weiß ausgepluͤndert hatte,)
unter andern folgende Worte:

„Derſelbe ſcheint
„allerdings zu Ueberſetzungen alter Poeten recht
„gebohren zu ſeyn. - - Jch ſtatte unſerm Vater-
„lande zu dieſer deutſchen Aeneis meinen Gluͤck-
„wunſch ab. - - - - Er hat darinn gewieſen,
„daß
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0088" n="88"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Abentheuer von der Aeneis</hi></fw><lb/>
es &#x017F;chien, ziemlich gela&#x017F;&#x017F;en an, und ge&#x017F;tuhnd mir,<lb/>
daß &#x017F;eine Arbeit mit denen ausge&#x017F;tellten Fehlern<lb/>
wu&#x0364;rcklich behaftet wa&#x0364;re. Aber da ich ihn fol-<lb/>
gends zu der ange&#x017F;etzten Strafe des Schule&#x017F;els<lb/>
verurtheilete, konnte er &#x017F;ich nicht &#x017F;o leicht darein<lb/>
ergeben; es reuete ihn der gebrauchten Li&#x017F;t, wel-<lb/>
che ihm &#x017F;o u&#x0364;bel bekommen &#x017F;ollte; und er that<lb/>
ein freyes Bekenntniß, daß er die&#x017F;e gereimte Ue-<lb/>
ber&#x017F;etzung, die ich &#x017F;o &#x017F;charf beurtheilet ha&#x0364;tte, nicht<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t verfertiget, &#x017F;ondern aus einem gedruckten<lb/>
Buche, das er&#x017F;t in die&#x017F;em Jahr zu Regensburg<lb/>
an das Licht gekommen wa&#x0364;re, von Wort zu<lb/>
Wort abge&#x017F;chrieben ha&#x0364;tte; er ha&#x0364;tte &#x017F;ich nicht<lb/>
getrauet etwas be&#x017F;&#x017F;ers zu machen. Er zog das<lb/>
Buch aus der Ta&#x017F;che hervor, und zeigete mir<lb/>
die Stellen, die er ohne die gering&#x017F;te Vera&#x0364;n-<lb/>
derung abgecopiert hatte. Er hieß mich u&#x0364;berdies<lb/>
das Auge auf den Gnadenbrief werfen, womit<lb/>
&#x017F;eine Hochedelg. Magnificenz, der Hr. Prof. Gott-<lb/>
&#x017F;ched, die&#x017F;e neue Ueber&#x017F;etzung begleitet, und angeprie-<lb/>
&#x017F;en hatte; desgleichen auf das &#x017F;tattliche Zeugniß,<lb/>
welches eben der&#x017F;elbe die&#x017F;er Ueber&#x017F;etzung in dem<lb/><hi rendition="#aq">XXIX.</hi> St. der criti&#x017F;chen Beytra&#x0364;ge beygeleget hat.<lb/>
Wir le&#x017F;en an die&#x017F;en beyden Orten von Joh. Chri-<lb/>
&#x017F;toph Schwartzen, (das i&#x017F;t der Nahme die&#x017F;es deut-<lb/>
&#x017F;chen Ueber&#x017F;etzers Virgils, den mein Schu&#x0364;ler<lb/>
Johann Chri&#x017F;toph Weiß ausgeplu&#x0364;ndert hatte,)<lb/>
unter andern folgende Worte:</p>
        <cit>
          <quote>&#x201E;Der&#x017F;elbe &#x017F;cheint<lb/>
&#x201E;allerdings zu Ueber&#x017F;etzungen alter Poeten recht<lb/>
&#x201E;gebohren zu &#x017F;eyn. - - Jch &#x017F;tatte un&#x017F;erm Vater-<lb/>
&#x201E;lande zu die&#x017F;er deut&#x017F;chen Aeneis meinen Glu&#x0364;ck-<lb/>
&#x201E;wun&#x017F;ch ab. - - - - Er hat darinn gewie&#x017F;en,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x201E;daß</fw><lb/></quote>
        </cit>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[88/0088] Abentheuer von der Aeneis es ſchien, ziemlich gelaſſen an, und geſtuhnd mir, daß ſeine Arbeit mit denen ausgeſtellten Fehlern wuͤrcklich behaftet waͤre. Aber da ich ihn fol- gends zu der angeſetzten Strafe des Schuleſels verurtheilete, konnte er ſich nicht ſo leicht darein ergeben; es reuete ihn der gebrauchten Liſt, wel- che ihm ſo uͤbel bekommen ſollte; und er that ein freyes Bekenntniß, daß er dieſe gereimte Ue- berſetzung, die ich ſo ſcharf beurtheilet haͤtte, nicht ſelbſt verfertiget, ſondern aus einem gedruckten Buche, das erſt in dieſem Jahr zu Regensburg an das Licht gekommen waͤre, von Wort zu Wort abgeſchrieben haͤtte; er haͤtte ſich nicht getrauet etwas beſſers zu machen. Er zog das Buch aus der Taſche hervor, und zeigete mir die Stellen, die er ohne die geringſte Veraͤn- derung abgecopiert hatte. Er hieß mich uͤberdies das Auge auf den Gnadenbrief werfen, womit ſeine Hochedelg. Magnificenz, der Hr. Prof. Gott- ſched, dieſe neue Ueberſetzung begleitet, und angeprie- ſen hatte; desgleichen auf das ſtattliche Zeugniß, welches eben derſelbe dieſer Ueberſetzung in dem XXIX. St. der critiſchen Beytraͤge beygeleget hat. Wir leſen an dieſen beyden Orten von Joh. Chri- ſtoph Schwartzen, (das iſt der Nahme dieſes deut- ſchen Ueberſetzers Virgils, den mein Schuͤler Johann Chriſtoph Weiß ausgepluͤndert hatte,) unter andern folgende Worte: „Derſelbe ſcheint „allerdings zu Ueberſetzungen alter Poeten recht „gebohren zu ſeyn. - - Jch ſtatte unſerm Vater- „lande zu dieſer deutſchen Aeneis meinen Gluͤck- „wunſch ab. - - - - Er hat darinn gewieſen, „daß

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung07_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung07_1743/88
Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 7. Zürich, 1743, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung07_1743/88>, abgerufen am 22.11.2024.